Ein süßes Abenteuer
zunehmend Druck“, sagte Sir Stanford Markham zu Henry Latimer. „Falls wir auffliegen, und falls er glaubt, ich hätte nichts unternommen, um das zu verhindern, wird er mich bedenkenlos opfern. Tun Sie also, was Sie für richtig halten, solange Sie nur Fortescue, Jackson und die Duchess aufhalten. Eigentlich hätten wir gleich zu Beginn das Geheimnis von Fortescues Geburt lüften müssen, aber wegen Sentimentalität unseres Anführers blieb uns dieser Weg versperrt. Wenn allerdings der Duchess etwas zustoßen sollte, dürften Fortescue und Jackson die Verfolgung rasch aufgeben – schon aus Furcht, eines Nachts ermordet in der Themse zu landen.“
„Wissen Sie schon das Neuste? Die Duchess of Medbourne und Sir Neville Fortescue sprechen nicht mehr miteinander. Erst gestern hat sie ihn geschnitten, als er auf meiner Soiree auf sie zuging. Stellen Sie sich vor, was für ein langes Gesicht er da gezogen hat! Dabei taten sie noch vor Kurzem so verliebt.“
Wie gewöhnlich erzählte Emily Cowper ihren Freundinnen brühwarm den neusten Klatsch. An diesem Abend hatte sich jeder, der in der Gesellschaft eine Rolle spielte, bei Almack’s eingefunden, um zu tanzen, zu speisen, zu trinken und zu spielen. Vor allen Dingen aber, um sich an saftigen Klatschgeschichten zu erfreuen.
„Das wundert mich sehr“, bemerkte Lady Leominster in ungewohnt nachdenklichem Ton. „Zumal sie überhaupt nicht traurig wirkt, sondern äußerst zufrieden.“
„Angeblich macht ihr Henry Latimer jetzt schon wieder den Hof.“
„Nein, unmöglich!“, protestierte Lady Leominster. „Also wirklich, ich finde das höchst eigenartig.“
Fest entschlossen, dem Rätsel auf den Grund zu gehen, fing sie Diana wenig später ab. „Was für ein Spiel spielen Sie und Sir Neville Fortescue da eigentlich? Ich möchte wetten, dass Sie uns alle zum Narren halten, aber ich kann mir beim besten Willen nicht denken, wieso.“
Zu Dianas Bestürzung sprach sie in der Lautstärke eines Marktschreiers, sodass die umstehenden Damen und Herren, darunter auch Sir Stanford Markham, zweifellos jedes Wort verstanden.
„Nein, wir halten niemanden zum Narren“, erklärte die junge Frau. „In letzter Zeit gab es mehrere Meinungsverschiedenheiten zwischen uns, daher beschloss ich, unsere Freundschaft zu beenden. Ich fürchte, Sir Neville findet sich nur schwer damit ab, aber daran kann ich nichts ändern.“
Falls sie glaubte, dass Lady Leominster sich damit zufriedengeben würde, irrte sie sich gewaltig.
„Unsinn!“, dröhnte sie. „Sie machen uns etwas vor, das weiß ich genau. Wenn demnächst ans Licht kommt, dass ich doch recht hatte, erwarte ich von Ihnen beiden eine Entschuldigung. Andere Leute können Sie vielleicht täuschen, aber mich nicht.“
Als Diana beobachtete, wie Sir Stanford interessiert die Ohren spitzte, wurde ihr angst und bange. Falls er nun glaubte, dass Ihre Irre Ladyschaft mit ihrem Verdacht richtig lag, was dann? Dann hätten Neville und sie sich völlig umsonst bemüht, den Eindruck zu erwecken, dass sie miteinander auf dem Kriegsfuß standen.
Ganz abgesehen davon fragte sie sich natürlich auch, wie Lady Leominster sie durchschaut hatte.
„Ich kann nur betonen, wie erleichtert ich bin, dass er heute offensichtlich anderen Vergnügungen nachgeht“, bemerkte sie kühl. „Soweit ich gehört habe, verkehrt er neuerdings in Renton Nicholsons anrüchigem Etablissement. Ehrlich gesagt freue ich mich über das Ende unserer Freundschaft – mehr haben wir nämlich nie füreinander empfunden. Und nun können wir dieses leidige Thema vielleicht abschließen.“
Eine Weile lang unterhielten sie sich über andere Dinge. Doch kurz bevor Ihre Ladyschaft ging, raunte sie Diana zu: „Mich können Sie nicht für dumm verkaufen.“
Und Sir Stanford Markham möglicherweise auch nicht. Wäh rend Diana überlegte, welche Folgen das nach sich ziehen könnte, kam besagter Herr höchstpersönlich auf sie zu und begrüßte sie mit einer tiefen Verneigung.
„Zu Ihrem Bruch mit Sir Neville Fortescue kann ich Ihnen nur gratulieren. Dieser naive Dummkopf verdient es nicht, mit Ihnen zu verkehren, die Sie von Ihrem Gatten so hervorragend geschult wurden. Ein außergewöhnlicher Mann, der verstorbene Duke, und alles andere als naiv, wie Sie selbst am allerbesten wissen.“
„Ganz recht“, bestätigte Diana, wobei sie sich trotz ihres inneren Aufruhrs um einen kühlen, gelassenen Ton bemühte. „Allerdings wusste ich nicht, dass Sie ihn
Weitere Kostenlose Bücher