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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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mir mitzuteilen, dass er unterwegs zu uns war. Hauptsächlich wollte er abchecken, ob es noch immer okay war, wenn er einen Freund mitbrachte. Ich wusste, dass er meinetwegen fragte, deshalb sagte ich ihm, dass das kein Problem wäre. Als ich aufgelegt hatte, starrte Mom mich an.
    » Was ist?«, fragte ich.
    Sie sah mich von oben bis unten an. » Ich … ich habe dich einfach noch nie in … Jeans gesehen.«
    Ich blickte an meinem Outfit bestehend aus einer engen dunkelblauen Jeans und einem weißen Trägertop hinunter. Ganz bestimmt nicht das, woran sie gewöhnt war. Ich zuckte mit den Achseln. » Ich bemühe mich nur um etwas Neues.« In Wahrheit bemühte ich mich einfach, Punkt.
    » Du siehst vollkommen anders aus«, fuhr Mom fort.
    » Ich bin immer noch ich. Einfach nur ich, Mom.«
    Daraufhin umarmte sie mich und ging mit Lyndal Squash spielen.
    Ich lungerte in meinem Zimmer herum, sah mir meine College-Informationen an und versuchte zu entscheiden, was ich machen wollte – falls ich wirklich nach Harvard gehen sollte. Ich wusste es nicht.
    Als ich das vertraute Geräusch von Ryans Hupe vernahm, erhob ich mich vom Bett und ging auf den Balkon hinaus. Ryan öffnete gerade den Kofferraum und winkte mir zu. Ich winkte zurück, dann ging ich hinunter, um ihn zu begrüßen.
    Ryan würde nie wieder ein beschissener Bruder für mich sein. Tatsächlich waren wir uns inzwischen ziemlich nah. Lucas und ich telefonierten zwar nicht gerade jeden zweiten Tag miteinander, aber auch an dieser Front hatte sich alles verbessert.
    Als ich hinunterging, sah ich an der Haustür einen Typen, der mit dem Rücken zu mir stand. Offenbar Ryans Freund.
    » Hey«, sagte ich.
    Er wirbelte herum. Ich verlor den Halt, schlitterte die letzten Stufen hinunter und kam ungraziös auf dem Hintern auf, wobei meine Rippen aufkreischten.
    » Hey, alles okay?« Er rannte auf mich zu und ging neben mir in die Hocke.
    Ich schloss die Augen, mein Herz hämmerte. Ich hatte zu große Angst, um noch mal hinzuschauen.
    Diese Stimme.
    Wie konnte das sein? Es konnte nicht sein. Bestimmt spielte mir meine Fantasie einen Streich. Ich sah schon Gespenster.
    » Hast du dich verletzt?«, fragte er, wieder mit dieser Stimme, die so vertraut und gleichzeitig so fremd war.
    Ich spürte Tränen hinter meinen Augen brennen und presste den Kiefer zusammen, unsicher, ob mein Gefühl von Angst oder von Hoffnung geprägt war.
    Langsam schlug ich die Augen auf und hob den Kopf.
    Dunkles Haar. Volle, unverkennbare Lippen. Tiefblaue, schöne Augen.
    » Ethan?«, flüsterte ich.
    Er lächelte und wirkte erleichtert. » Ja, ich bin der Freund deines Bruders.« Doch dann geriet sein Lächeln ins Stocken. Er musterte mich eingehend und blinzelte. » Ich kenne dich.« Seine Stimme war zu einem Flüstern geworden.
    Er streckte die Hand aus und die meine flog ihm entgegen, sie passte so gut in seine, wie ich es in Erinnerung hatte. Genau wie ich jede Nacht geträumt und gedacht hatte, ich würde das nie wieder fühlen. Er half mir auf, sein Griff war fest, warm und lebendig.
    Ich taumelte und bemühte mich, meine Beine zum Funktionieren zu bringen.
    Ethan.
    Ich konnte die Träne nicht aufhalten, die mir über die Wange rollte. » Du bist es«, flüsterte ich.
    » Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, fragte er, seine Hand lag stützend auf meiner Schulter. Ich konnte jeden einzelnen Fingerballen spüren.
    » Nein.« Ich zitterte am ganzen Körper. » Aber vielleicht eines Tages«, sagte ich, während ich seine Berührung aufsaugte und in seine freundlichen Augen blickte. Er war anders. Sein Haar war kurz und ordentlich. Er sah kräftiger aus. Das brachte mich zum Lächeln. Gesünder.
    Wir starrten uns gegenseitig in die Augen, als würden wir von einem unsichtbaren Magneten zueinandergezogen, den wir nicht unter Kontrolle hatten. Er lachte halb, verwirrt. » Warum ist mir danach, zu lachen, zu weinen oder dich zu umarmen? Irgendwas«, sagte er mit gerunzelter Stirn. » Wer bist du?«
    Ich lächelte und erinnerte mich an eine Unterhaltung, die ich einmal mit meinem Ethan geführt hatte. » Das ist eine komplizierte Frage.« Ich drückte seine Hand. » Aber ich werde es dir erzählen. Wenn du es wirklich wissen willst. Ein andermal.«
    » Warum bin ich mir so sicher, dass ich dich kenne?«, fragte er benommen.
    Den Kloß in meinem Hals ignorierend, sagte ich Worte, die Ethan einst zu mir gesagt hatte. Die Worte, wegen denen ich mich – wie mir jetzt klar wurde – in ihn verliebt

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