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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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hätte mich als Totalversager herausgestellt.«
    » Ich glaube, das wäre nicht schwer.« Ich grinste zurück.
    Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. » Wie auch immer – wir sind hier, um über dich zu reden, Sabine.«
    Jetzt war es an der Zeit, meine Chance zu ergreifen, solange ich sie noch hatte. Ich durfte mich nicht wieder ködern lassen. Ethan hatte bewiesen, dass er trickreich war, und trotz seiner Hilfe mit Davis konnte ich ihm nicht vertrauen. Mit Unschuldsmiene beugte ich mich vor. » Ethan, ich … ich brauche einen Moment. Ich muss auf die Toilette, okay.«
    Misstrauisch sah er mich an, aber was sollte er schon sagen? Er nickte. » Ich vertraue dir.«
    Wenn Worte wehtun konnten … diese taten es.
    Ich schlängelte mich zwischen den Gruppen von Leuten hindurch. Als ich mir sicher war, dass Ethan mich nicht mehr sehen konnte, schlüpfte ich rasch durch die Eingangstür und rannte in Richtung des Mini-Markts, an dem wir ein paar Blocks weiter hinten vorbeigekommen waren. Als ich hineinstolperte, standen der alte Mann und die alte Frau hinter der Ladentheke auf. » Alles in Ordnung, Mädchen?«, fragte der Mann und blickte hinter mich, ob mir irgendjemand folgte.
    Ich schnappte ein paarmal nach Luft. Mein Herz hämmerte. Rennen war nach meinen letzten medizinischen Abenteuern wohl keine so gute Idee gewesen. » Ja. Bestens. Nur in Eile. Sie haben nicht zufällig einen Schlüsseldienst?«
    Der Mann lächelte und deutete auf ein Schild über seinem Kopf: Schlüsselanfertigung 8,99 Dollar. » Hast du den Schlüssel dabei?«
    Ich ließ meine Hand in Ethans Jackentasche gleiten und zog den Schlüsselbund heraus. Ich entfernte den, den Ethan benutzt hatte, um das Fenster zu öffnen, und reichte ihn dem Mann.
    » Nur den einen?«, fragte er.
    Die Wahrheit war, dass ich gern alle gehabt hätte. Soweit ich wusste, gehörte einer zur Eingangstür. Aber ich hatte nur die zehn Dollar, die meine Eltern mir dagelassen hatten, und ich konnte nicht riskieren, so lange hierzubleiben. Also nickte ich. Der Schlüssel fürs Fenster bedeutete wenigstens, dass ich hinauskam.
    Als ich zum Tisch zurückkam, sah Ethan erleichtert aus, mich zu sehen. Ich schüttelte seine Jacke ab und setzte mich. » Die Damentoilette ist hier sehr viel interessanter als in der Klinik«, sagte ich im Plauderton.
    Ethan lächelte und sah zu, wie ich an meinem Drink nippte. » Schön langsam, noch einen kriegst du nicht.«
    Ich verdrehte die Augen, lehnte mich zurück und bemühte mich, nicht so auszusehen, als wäre ich außer Atem. Ich war fast den ganzen Rückweg gerannt.
    » Glaubst du, es ist eine Parallelwelt? Oder ein anderer Ort, so was wie ein anderer Planet oder so?«, fragte er und kam damit zur Sache.
    » Ich weiß es nicht. Es ist genauso wie hier, nur anders. Ich bin anders. Die Welt an sich ist dieselbe, aber … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.«
    » Würde es dieses Lokal hier geben?«, fragte er und sah sich in der Bar um.
    » Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber selbst wenn es dieses Lokal gäbe, wäre es anders. Vielleicht wäre der Besitzer ein anderer. Manchmal ist es so, als hätten die Welten den gleichen Grundriss, als wären sie skizziert oder so, aber weil die Menschen alle verschieden sind, wurde alles unterschiedlich interpretiert. Du weißt schon, Gebäude, Häuser, Schulen … Es ist, als wäre alles ähnlich, aber nicht ganz das Gleiche.« Ich versuchte, nicht so nervös zu wirken, wie ich war. Ich hatte so lange über all das nachgedacht, aber ich hatte noch nie versucht, es jemandem zu erklären.
    » Und du bist von unterschiedlichen Menschen umgeben?«
    Ich nickte. » Hin und wieder sehe ich jemanden in beiden Welten. Das bezeichne ich dann als Störung. Aber ich habe nie jemanden getroffen wie mich – jemand der weiß, dass er in zwei Welten lebt.«
    Er ließ es auf sich wirken. » Es kann also sein, dass wir alle zwei Leben leben und nur keine Erinnerung an die Tage zwischen Mitternacht haben. Vielleicht haben einige von uns mehrere Leben und wissen es nur nicht – wie eine Form der Reinkarnation, nur dass wir all unsere Leben gleichzeitig leben, bis sie zu Ende sind.«
    » Wie eine Katze, die neun Leben hat, meinst du?«
    » Sag du es mir.«
    Ich drehte meinen Strohhalm. » Möglich ist es. Ich habe mich das auch schon gefragt. Meine beiden Leben finden in Massachusetts statt, aber die Welt ist groß, deshalb könnten die Leute überall Doppelgänger haben.«
    Er lächelte und beugte sich vor.

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