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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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Marinus erstaunt. «Aber meine custodes waren Augenzeugen. Sie haben ihn bei der Flucht vom Tatort festgenommen, und daß er später aus ihrem Gewahrsam geflohen ist, kann den Verdacht gegen ihn doch nur erhärten.»
    Gelasius sah den superista nachdenklich an und wandte sich dann an Fidelma.
    «Ist das wahr? Ihr bezweifelt Ronan Ragallachs Schuld?»
    «Nur ein schlechter Richter fällt ein Urteil, ehe er alle Beweise gesammelt hat.»
    «Was für Beweise braucht Ihr denn noch?»
    «Die bisher vorliegenden Indizien geben nicht viel her. Bei näherer Betrachtung erweisen sie sich als von so untergeordneter Bedeutung, daß ein gewissenhafter Brehon-Richter sie nicht einmal in Erwägung ziehen würde.»
    Gelasius wandte sich an Bruder Eadulf. «Seid Ihr der gleichen Meinung wie die Schwester?»
    Eadulf streifte Fidelma mit einem raschen, schuldbewußten Seitenblick. «Ich glaube, daß Bruder Ronan Ragallach schuldig ist, auch wenn es den Indizien in der Tat noch an Beweiskraft mangelt. Aber die Hinweise auf seine Täterschaft verdichten sich. Inzwischen gibt es eine Zeugin, die ausgesagt hat, daß Ronan Ragallach in den Tagen vor dem Mord Wighard und sein Gefolge auskundschaftete.»
    Nur mit Mühe hielt Fidelma einen verärgerten Seufzer zurück. Sie hatte Eafas Aussage noch eine Weile für sich behalten wollen.
    Bischof Gelasius wirkte niedergeschlagen. Ohne auf Eadulfs Erwähnung einer weiteren Zeugin einzugehen, sagte er: «Was ich jetzt von Euch hören muß, ist leider genau das, was ich am meisten gefürchtet habe: Ihr seid in Eurem Urteil gespalten. Wir haben einen Iren, der in Rom einen sächsischen Bischof getötet hat. Der sächsische Richter hält ihn für verdächtig, die irische Richterin verneint seine Schuld. Das Schreckgespenst eines Krieges zwischen Sachsen und Iren ist damit noch immer nicht gebannt.»
    Fidelma schüttelte den Kopf. «Ganz so, wie Ihr es darstellt, ist es nicht, Gelasius. Bruder Eadulf und ich stimmen darin überein, daß unsere Ermittlungen noch längst nicht abgeschlossen sind, da es in diesem Zusammenhang noch viel zu bedenken gibt. Daß wir heute zu keinem einmütigen Schluß gekommen sind, heißt nicht, daß das so bleiben muß.»
    «Aber Ihr habt doch inzwischen sicherlich mit Ausnahme des Täters alle beteiligten Personen befragt …»
    Eadulf räusperte sich. «Ich glaube, im Augenblick sollten wir Bruder Ronan Ragallach doch lieber als Verdächtigen bezeichnen …»
    Marinus stieß ein wütendes Zischen aus. «Spitzfindigkeiten! Wir haben keine Zeit für solche Wortklaubereien. Wenn Ihr alle befragt habt, müßt Ihr doch zu einem Urteil gelangt sein.»
    Fidelma preßte die Lippen zusammen.
    Gelasius, dem ihre Verärgerung nicht entgangen war, erhob besänftigend die Hand. «Wollt Ihr uns damit sagen, daß Ihr einfach noch mehr Zeit braucht, Schwester?»
    «Genau», antwortete Fidelma mit fester Stimme.
    «Dann sollt Ihr diese Zeit auch bekommen», erwiderte Gelasius. «Das wichtigste ist doch, daß uns bei der Aufklärung dieses Falls kein Fehler unterläuft, damit später niemand das Urteil anzweifeln kann.»
    «Damit bin ich voll und ganz einverstanden», stimmte ihm Fidelma zu. «Etwas anderes käme für mich nicht in Frage. Wir suchen die Wahrheit, nicht irgendeinen Sündenbock.»
    Würdevoll erhob sich Bischof Gelasius von seinem Stuhl. «Denkt bitte nur daran», sagte er in bedächtigem Ton, «daß der Heilige Vater ein besonderes Interesse an der Sache hat. Er steht bereits unter einigem Druck, weil er nicht weiß, was er dem Gesandten der sächsischen Könige über Wighards Tod mitteilen soll.»
    Fidelma zog eine Augenbraue hoch. «Sprecht Ihr von Puttoc?»
    «Von Abt Puttoc», wies Gelasius sie mild zurecht und fügte hinzu: «Da er der persönliche Gesandte Oswius von Northumbrien ist, der als Führer aller sächsischen Königreiche gilt, muß ich Eure Frage beiahen.»
    «Und Abt Puttoc hat zweifellos seine eigenen Gründe, eine rasche Entscheidung herbeizuführen», meinte Fidelma spöttisch lächelnd. «Womöglich hat er sich sogar selbst als Wighards Nachfolger vorgeschlagen.»
    Gelasius wirkte überrascht, dann verzog sich sein Gesicht zu einem traurigen Lächeln. «Natürlich, Ihr habt mit dem Abt gesprochen. Ja, ich glaube, er hat angedeutet, er selbst sei der richtige Mann für das Amt des Erzbischofs von Canterbury. Seine Heiligkeit hat jedoch andere Vorstellungen. Abt Puttoc besitzt zuviel Ehrgeiz, was letztlich gegen ihn spricht. Noch vor zwei Tagen hat er

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