Ein Totenhemd fur einen Erzbischof
Glaubensbrüder.»
Eadulf beugte sich vor. «Ihr habt diesen Bruder gesehen?»
«Oh, ja. Er hat mich angesprochen und mir einige Fragen über Wighards Gefolge gestellt. Er wollte ganz genau wissen, wer Wighard während seines Besuches in Rom begleitete. Aber dann kam Äbtissin Wulfrun, und ich mußte ihr folgen. Wie ich gehört habe, soll der Mönch, nach dem die custodes suchen, groß und mondgesichtig sein.»
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Nachdenklich lehnte Fidelma sich zurück.
«Wie lange seid Ihr schon im Kloster Sheppey?» fragte sie plötzlich.
Verwirrt über den unvermittelten Themenwechsel sah das Mädchen sie an. «Fünf Jahre vielleicht.»
«Und wie lange kennt Ihr Äbtissin Wulfrun?»
«Ein wenig länger …»
«Das heißt, Ihr kanntet Wulfrun schon, ehe Ihr nach Sheppey gekommen seid?»
«Ja», räumte das Mädchen ein.
«Wo habt Ihr sie kennengelernt? In einem anderen Kloster?»
«Nein. Wulfrun half mir, als ich in Not geraten war.»
«In Not?»
Das Mädchen nickte nur.
«Wo war das?» drang Fidelma in sie.
«In Swithhelms Königreich.»
«Ach?» fragte Eadulf verblüfft. «Ihr stammt aus dem Königreich der Ostsachsen?»
Das Mädchen schüttelte den Kopf. «Nein. Ursprünglich stamme ich aus Kent. Als Kind kam ich dann in Swithhelms Königreich und kehrte erst nach Kent zurück, als Äbtissin Wulfrun mich einlud, in ihr Kloster in Sheppey einzutreten.»
«Und seitdem habt Ihr Euch Äbtissin Wulfrun verpflichtet gefühlt?» schloß Eadulf.
Eafa zuckte die Achseln, als wollte sie ihn auffordern, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Fidelma verspürte Mitleid mit dem Mädchen.
«Entschuldigt, Eafa, daß wir Euch all diese Fragen stellen, aber wir sind fast fertig. Nur eines noch: Ihr wißt, daß Ihr nach dem Gesetz der Kirche ein freier Mensch seid?»
Eafa runzelte die Stirn. «Gehorsam ist doch sicherlich die wichtigste Ordensregel?» fragte sie nicht ohne Trotz zurück. «Ich bin nur eine einfache Nonne und muß den Anordnungen meiner Mutter Oberin in jeder Hinsicht Folge leisten.»
Aus Angst, das Mädchen unnötig aufzuregen, wollte Fidelma nicht deutlicher werden.
«Solange Ihr wißt, daß Ihr Euch von keinem Mann bedrängen lassen müßt, ganz egal, welchen Rang er innehat.»
Errötend hob Eafa den Kopf und sah Fidelma an. Offenbar war ihr klar, was Fidelma damit sagen wollte.
«Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, Schwester. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und von früher Kindheit an durch eine harte Schule gegangen.»
Fidelma lächelte traurig. «Mir war nur wichtig, daß Ihr das wißt.»
«Wie auch immer.» Eafa reckte störrisch das Kinn. «Ich habe keine Ahnung, was diese Fragen mit dem Mord an Wighard zu tun haben sollen.»
Offenbar wollte sie nicht über Puttoc und seine Aufdringlichkeiten sprechen. Fidelma hoffte, daß Eafa klargeworden war, wo sie im Notfall Hilfe und Unterstützung finden würde.
«Wir haben Eure Zeit lange genug in Anspruch genommen, Schwester Eafa. Das war alles … fürs erste jedenfalls.»
Das Mädchen stand auf und eilte hinaus. An der Tür stieß sie fast mit dem hageren, bleichen Bischof Gelasius zusammen. Schwester Eafa machte eine ehrerbietige Kniebeuge, während Eadulf und Fidelma sich von ihren Plätzen erhoben, um den nomenclator des päpstlichen Palasts willkommen zu heißen.
Zerstreut lächelte Gelasius Schwester Eafa zu, die sich erhob und davonhuschte. Dann betrat er mit großen Schritten das Zimmer. Furius Licinius stand stramm, als dem Bischof auch superista Marinus in das officium folgte.
«Ich dachte, wir schauen einmal vorbei und erkundigen uns, ob Ihr schon zu irgendeinem Ergebnis gekommen seid», erklärte Gelasius.
«Wenn Ihr damit meint, ob wir den Fall gelöst haben», erwiderte Fidelma, «müssen wir leider verneinen.»
Mit enttäuschter Miene ließ sich der Bischof auf dem freien Stuhl nieder.
«Ich muß Euch sagen, daß der Heilige Vater die Sache so rasch wie möglich zu bereinigen wünscht.»
«Da geht es ihm nicht anders als mir», entgegnete Fidelma.
Erstaunt sah Gelasius auf und fragte sich, ob er ihre Antwort als Unverschämtheit werten sollte. Dann erinnerte er sich, wie freimütig die irischen Frauen sein konnten, und beschränkte sich auf ein tiefes Seufzen.
«Wie weit seid Ihr mit Eurer Untersuchung vorangeschritten?»
«Das ist schwer zu sagen», antwortete Fidelma achselzuckend.
«Soll das heißen, daß Euch an der Schuld Bruder Ronans Zweifel gekommen sind?» fragte
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