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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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duzten sich nicht.
    «Morgen, Doktor.» Zumpe sah kaum von seiner Zeitung auf. Er war 40 Jahre alt und mit drei Worten zu charakterisieren: groß, hager, mürrisch. Fachlich hatte er ‘ne Menge auf dem Kasten, und intelligent war er auch, aber meistens verprellte er die, von denen sein Sprung nach oben abhing, durch seine schroffe Art.
    Brockmüller deutete auf Ossianowskis leeren Sessel. «Wo ist denn unser Liliputaner heute?»
    «Weiß nicht.»
    «Vielleicht ist er irgendwo steckengeblieben…»
    Brockmüller zog sich in seine Kemenate zurück und widmete sich der Morgenzeitung. Die Reihenfolge war jeden Morgen die gleiche: Sport, Crime and Sex, Lokales, Wirtschaft, Feuilleton und Politik.
    Die Sportseiten überschlug er heute. Seite 5: MIT TRÄNENGAS DAS GELD GESCHEFFELT… Schöne Überschrift! Die sogenannte Tränengas-Bande hatte zum achtenmal zugeschlagen, diesmal in Karlsruhe. Rein in die Bank, Gasmasken auf, Tränengasgranaten geworfen und das Geld eingesackt – Klasse! Fast hätte man die Jungs bewundern können, wenn sie nicht beim letzten Überfall in Ulm den Juwelier Puhvogel, Ulrich Puhvogel, erschossen hätten… Puhvogel! Namen gab’s…
    Auf der Wirtschaftsseite brachten sie heute etwas über die Arbeit der Sondergruppe, eine kleine Notiz, daß die Arbeitsplätze aller Mitarbeiter über 63 Jahre daraufhin überprüft werden sollten, ob man die Stellen nach ihrer ‹Berentung› nicht möglicherweise einsparen konnte.
    «Na bitte!» rief Brockmüller nach drüben. «Haben Sie schon von unserer Aktion Heldenklau gelesen?»
    «Ja.»
    Zumpe war wenig ergiebig.
    Dafür war Kuhring recht aufgekratzt, als er gegen acht mit gewaltigem Gepolter in sein Zimmer stürzte. Er riß die Schiebetür auf, die die Verbindung zu Ossianowski und Zumpe herstellte, und dröhnte sofort. «Tag, mein lieber Ulli! Nun nicht so zimperlich, gib deinem Herrn und Meister die Hand!»
    «Tag, mein lieber Karl-Heinz!»
    Brockmüller sah es nicht, wußte aber, daß sie sich jetzt die Hand gaben und mit Leibeskräften zudrückten, bis einer vor Schmerzen nicht mehr konnte. Sie kannten sich schon seit Jahrzehnten, sie hatten schon in der Buddelkiste ihres Blocks zusammen gespielt – Kameraden der Aktenberge.
    Brockmüller wußte, daß es zu seiner Rolle gehörte, nun aufzustehen, hinüberzugehen und Kuhring zu begrüßen. Der war stets verstimmt, wenn er, der Chef, zum Händeschütteln durch die Räume gehen mußte; andererseits aber hocherfreut, wenn sich der Herr Doktor zu ihm bemühte.
    «Guten Morgen, mein lieber Karl-Heinz!» Brockmüller war stolz, wie gut ihm seine Anpassung gelungen war. Seit dem letzten Betriebsfest hatte er sogar die Ehre, Kuhring duzen zu dürfen; etwas, worum ihn die Kollegen dutzendweise beneideten, denn Kuhring war der beste Freund von Donnersmarck, dem Allmächtigen der E UROMAG . Jedenfalls ließ er das häufig durchblicken. Brockmüller bezweifelte es manchmal im stillen, denn bei solchen Beziehungen hätte es doch möglich sein müssen, die Lux loszuwerden.
    «Guten Morgen, mein lieber Bodo!» rief Kuhring. «Du siehst ja so müde aus – du warst doch nicht etwa im Bodorell?»
    «Nee, aber ‘n paarmal wach in der Nacht.»
    «Was tut man nicht alles für Weib und Kind – da kann ich mich als junger Geselle nur mal schnell halb totlachen. Sagt mal, wo habt ihr denn unsern Owi gelassen? Mensch, Ulli, wie oft hab ich dir gesagt, du sollst ihn nicht in den Papierkorb…» Er nahm den Plastikbehälter hoch und guckte hinein: «Da ist er nicht – komisch.»
    «Der kommt in der letzten Zeit öfter zu spät», sagte Brockmüller. «Auf seinem Bus fährt jetzt ein neuer Schaffner, und da gibt’s immer Streit, weil der ihm keinen Kinderfahrschein geben will.»
    «Vielleicht friert er auch immer», meinte Kuhring.
    «Wieso?»
    «Na, sie singen doch immer: Owi ist es kalt geworden.»
    So ging es noch eine ganze Weile; Kuhring war in Topform heute. Er war zwei Jahre älter als Zumpe, 42 also, und Hauptabteilungsleiter. Er hatte nahezu die Größe eines Basketballspielers, das Gewicht eines Schwergewichtchampions und sah aus wie ein moderner Wikinger. So was wie ihn bekam man ansonsten nur auf den Reklameseiten der Illustrierten zu sehen – Sportwagen, Wodka, Zigaretten oder farbige Unterwäsche. Um intellektuell zu wirken, hatte er eine geringe Sehschwäche benutzt, um sich vom Arzt eine vernickelte Professorenbrille verschreiben zu lassen. Kurzum, er machte ganz auf Jungunternehmer. Diejenigen, die er

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