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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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ihn wenigstens minutenlang von seinen Todesahnungen ab.
    Er verließ die Stadtautobahn am Hohenzollerndamm und hielt auf den Fehrbelliner Platz zu. Die Sondergruppe für Systemplanung, in die er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war, residierte zwar nicht direkt im Hauptgebäude der E UROMAG , aber gleich in der Nähe in der Mansfelder Straße in einer aus Raumnot angemieteten Villa. Die hatte man, abrißreif wie sie war, billig erworben, und sparte so – wenn man an die Anmietung repräsentativer Büroräume zwischen Zoo und Mehringplatz dachte – einen Haufen Geld.
    Brockmüller haßte diesen alten Schuppen. Das war weiß Gott was anderes als die Chefetage eines Konzernhochhauses, von der er Zeit seines Studiums geträumt hatte. Jeden Tag derselbe Film, jeden Tag dasselbe Gähnen.
    Heute wirst du… Wenn bloß dieser blöde Film mal reißen wollte!
    Kuhring hatte, als sie hier vor knapp zwei Jahren eingezogen waren, einen Haufen alter Obstbäume fallen lassen, so daß sie nun die Fläche hinter dem Haus als Parkplatz benutzen konnten. Da solche Parkgelegenheiten in dieser Gegend hier verdammt rar waren, hatten sie sich vom firmeneigenen Schlosser eine Kette anbringen lassen und sich für 15 Mark ein Sicherheitsschloß gekauft. Insgesamt war Platz für sieben Wagen, bei ihnen waren aber nur drei Kollegen motorisiert, so daß Kuhring die restlichen vier Schlüssel an Personen vergeben konnte, die ihm in irgendeiner Hinsicht von Nutzen waren.
    Heute war die Kette bereits heruntergelassen, was anzeigte, daß Zumpe schon oben im Büro saß. Wahrscheinlich hatte er wieder mal Krach mit seiner Frau gehabt. Das ließ einen gemütlichen Vormittag erwarten.
    Brockmüller stellte seinen Opel zentimetergenau auf den Platz, den Kuhring ihm zugewiesen hatte. Jeder hatte seine festgelegte Parkzone, und ein Abstellen des Wagens an einem anderen Ort wurde fast so schwerwiegend bewertet wie ein Kameradendiebstahl.
    Es war zwei Minuten nach halb acht.
    «Ein bißchen spät heute», sagte Fräulein Lux.
    «Kuhring ist ja auch noch nicht da», brummte Brockmüller.
    Sie betraten ihre Büroräume durch die Herrentoilette. Das hatte sich nicht anders machen lassen, da man beim hastigen Umbau den früheren Zugang zum Garten als Damentoilette gebraucht hatte. Es stank nach dem orangefarbenen Desinfektionsmittel, das ihre Reinemachefrau am Abend reichlich verstreut hatte. Fräulein Lux hielt sich die Nase zu und vermied einen schnellen Blick auf die Stelle, wo sich die vier männlichen Kollegen tagtäglich mehrmals…
    Brockmüller unterließ eine unpassende Bemerkung.
    Obwohl ihr Domizil recht kärglich war, hing in der Eingangshalle, in die sie jetzt hinaufstiegen, eine schwarze Tafel, auf der fein säuberlich weiße Plastikbuchstaben steckten.
     
    EUROMAG
    E UROPÄISCHE M ASCHINENBAU -A KTIENGESELLSCHAFT Sondergruppe für Systemplanung
     
    Kuhring, Dipl.-Kfm. Hauptabteilungsleiter       Zi.       1
    Dr. Brockmüller, wiss. Mitarbeiter       Zi.       2
    Zumpe, Oberingenieur       Zi.       3
    Ossianowski, Kfm.       Zi.       3
    Frl. Lux, Sekretariat       Zi.       5
     
    Genau der hierarchischen Stufenleiter entsprechend. Raum 4 war das große Sitzungszimmer. Es lag ebenso wie das Schreibzimmer von Fräulein Lux im Parterre, während die drei anderen Arbeitsräume im ersten Stock zu finden waren. In den restlichen Räumen, die es noch gab, einschließlich Boden und Keller, lagerten Akten der E UROMAG -Zentrale. Aus diesem Grunde kamen auch öfter Kollegen vom Fehrbelliner Platz herüber, für die man extra eine Flasche Korn im Kühlschrank stehen hatte.
    «Viel Spaß noch», sagte Brockmüller und stieg die Treppe zu seiner Zelle hinauf. Sie ging vom Flur ab, war aber mit dem Zimmer verbunden, in dem Ossianowski und Zumpe saßen.
    Noch achteinhalb Stunden, dachte Brockmüller. Mein Gott, was hätte man in dieser Zeit alles anfangen können! Statt dessen hatte er nun hier zu hocken und kluge Sätze über die organisatorische Umgestaltung einiger Vertriebsbüros zu Papier zu bringen… Wenn das Kind erst da war, gab’s überhaupt kein Entrinnen mehr. Arbeite, Brockmüller, oder stirb!
    Es ist ja dein letzter Morgen.
    Wieder diese Stimme – als hätte er Kopfhörer auf. Jetzt war es eher tröstlich als beängstigend.
    Er stieß die Tür zum Nebenzimmer auf und begrüßte Zumpe. «Einen schönen guten Morgen, Herr Oberingenieur.»
    Das war leicht ironisch. Sie

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