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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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soll. Besser,
so denkt er, ich halte die Fäden selbst in der Hand. Als ich ihm den Tod seines
Sohnes mitteile, verdächtigt er sofort seine Komplizen. Ich dringe darauf, die
Dealer aufs Korn zu nehmen, und er ist damit einverstanden. Er glaubt, daß mich
die pure Abenteuerlust zu dem Unternehmen treibt. Nach dem alten Grundsatz:
Immer mutig voran! Wahrscheinlich wollte er es so einrichten, daß ich im Antinéa nichts finden und aufgeben würde. Ich aber finde mehr, als ich suche, weil
er meinen Besuch nicht ankündigen konnte. Die starken Beruhigungs- und
Schlafmittel haben ihn außer Gefecht gesetzt. Der Arzt nämlich befürchtet, daß
sein alter Freund seiner Tochter Joëlle etwas antut. Im Antinéa dann
schnappen sich die Araber, die nach den Fehlschlägen der letzten Wochen ein
wenig nervös geworden sind, Paul Dumonteil, Andréjol und mich... Übrigens, was
ist eigentlich mit Andréjol?“
    „Nicht hübsch anzusehen, der Ärmste“, antwortete
Faroux und verzog das Gesicht. „Wir haben das Häuschen gefunden, das auf einer
ehemaligen Kiesgrube steht...“
    „Und in dieser Kiesgrube“, fragte ich weiter,
„wieviele Leichen ungefähr — von Andréjol mal abgesehen — haben Sie gefunden,
von ungelöschtem Kalk zerfressen?“
    „Alles in allem etwa fünfzig.“
    Es herrschte Schweigen im Krankenzimmer.
    „Um wieder auf Flauvigny zurückzukommen“, fuhr
ich nach einer Gedenkminute fort, „als ich ihm erzähle, daß sein Sohn auf
Befehl aus dem Antinéa umgebracht worden ist, bestärke ich ihn in seiner
Meinung und gebe ihm den nötigen Anstoß, zur Tat zu schreiten. Gleichzeitig
veranlaßt er, Riton zum Schweigen zu bringen. Dessen Schuld bestand darin, mit
mir Kontakt aufgenommen zu haben.“
    „Was wußte Riton?“
    „Eine ganze Menge, nach eigener Aussage. Vor
allem aber wußte er, daß Flauvigny der Boß war. Und — darüber können wir
allerdings nur spekulieren, aber ich bin mir sicher, daß es die Wahrheit trifft
— als er behauptete, Rolands Mörder zu kennen, da meinte er nicht den, der den
Befehl ausgeführt, sondern den, der ihn gegeben hatte: Flauvigny. Riton glaubte
bestimmt, daß Roland ebenfalls schlimme Dinge über seinen Vater herausgekriegt
hatte. Daher sein bitteres Ende.“
    „Mit anderen Worten: Er hat den Alten ganz
richtig eingeschätzt.“
    „Ja. Aber sagen Sie, Faroux, warum haben Sie
sich eigentlich in der Normandie herumgetrieben?“
    „Nach Joëlles Selbstmordversuch habe ich
Flauvigny beschatten lassen. Inzwischen war es Inspektor Grégoire, von Natur
aus mißtrauisch, gelungen, die Identität des Butlers zu lüften. Grégoire gefiel
dessen Gesicht irgendwie nicht. Zu Recht: Albert hatte während der Besatzung
Verbindungen zur Gestapo in der Rue Lauriston... Nach der Beerdigung seines
Sohnes hat Flauvigny Vorbereitungen für seine Abreise getroffen. Wir sind dem
Alten gefolgt. In Montmartre hatte er zwei bekannte Gangster angeheuert, und ab
ging’s in die Normandie! In Lindreville angekommen, spüre ich, daß irgend etwas
im Busch ist. Ich alarmiere die Gendarmerie und halte mich bereit. Nach
Mitternacht verläßt Flauvigny sein Haus am Dorfrand. Wir verlieren seine Spur,
finden sie aber wieder. .
    „Mit meiner Hilfe“, mischte sich Covet ein. „Ich
hab von weitem mitgekriegt, daß Sie überfallen wurden, und bin zur Gendarmerie
von Coutances gesaust.“
    „Ergebnis: Vier Verwundete, darunter Albert“,
bilanzierte Faroux, wobei er seine Finger zur Hilfe nahm, „sowie sieben Tote,
darunter Flauvigny. Keine Schußwunde, aber das Herz...“
    „Verflixt und zugenäht!“ schimpfte ich. „Wenn
ihn sein Herz schon früher im Stich gelassen hätte... Sagen Sie mal, wird sein
gesamtes Vermögen beschlagnahmt? Schließlich hat er eine Tochter... jedenfalls
nach den Buchstaben des Gesetzes!“
    Meine Besucher blickten verlegen zur Seite oder
an die Decke. Hélène zog einen Umschlag aus der Tasche, stand auf und kam an
mein Bett.
    „Sie war keine Heilige“, sagte sie. „Aber... In
derselben Nacht, in der Sie beinahe in dem Haus ihrer Kindheit das Leben
verloren hätten...“
    Ich sank in meine Kissen zurück und starrte an
die Decke.
    „Sie hatte mir versprochen, nicht ins Wasser zu
gehen“, sagte ich.
    „Ist sie auch nicht. Sie... Hier, ihr Brief an
Sie.“
    Ich las.
     
    ... Ich mußte ständig an meinen Dachboden
denken... Wasser schwemmt auf, macht Körper und Gesicht häßlich? Ein Strick
auch, wahrscheinlich. Doch was soll ich tun ? Verzeihen Sie mir, daß

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