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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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Prioritäten setzen, Lucia. Sie können mir den Bericht auch jetzt gleich geben, wenn Ihnen das lieber ist.«
    Lucia verschränkte die Arme. »Prioritäten setzen.«
    Cole nickte, lächelte fast.
    »Vielen Dank, Sir. Ich weiß Ihren Ratschlag zu schätzen.«
     
    Walter rief ihr hinterher, als sie an seinem Schreibtisch vorbeiging. Sie beachtete ihn nicht, wollte weitergehen, aber Harry blockierte den Weg. Er kniete auf einem Bein, in der Hand ein Bündel Papierhandtücher, vor sich eine Pfütze und ein zerbrochener Kaffeebecher. Lucia begriff, dass der verschüttete Kaffee der Anlass für den Applaus gewesen war. Der hämische Aufschrei war sicher von Walter gekommen.
    »Gib her«, sagte sie und beugte sich zu Harry hinab.
    »Verdammter Mist«, murmelte er, und Lucia nahm ihm die Papiertücher ab. An seiner Hand leuchtete seitlich ein roter Streifen. Er hob sie zum Mund und sog daran.
    »Was ist passiert?«
    »Er ist mir runtergefallen. Verdammter Mist.« Er besah sich die verbrühte Stelle.
    »Wenn du mit Harry da unten fertig bist, erwarte ich dich an meinem Schreibtisch, Lulu.«
    Lucia drehte sich nicht um. »Du solltest die Hand irgendwie verbinden«, sagte sie.
    »Ach, das geht schon.« Harry stand auf und steckte die verbrühte Hand in die Hosentasche. An der anderen Hand baumelte der Rest des kaputten Bechers. »Den bring ich besser mal weg.«
    Lucia stand auf. Sie warf die Papierhandtücher in den Mülleimer neben Walters Schreibtisch und wollte Harry folgen.
    »Nicht doch, Lulu. Zeigst du mir heute die kalte Schulter?«
    Sie hätte weitergehen sollen. Sie hätte Walter in seiner Selbstgefälligkeit einfach links liegenlassen sollen. Doch obwohl sie ihm den Rücken zuwandte, spürte sie sein anzügliches Grinsen und meinte vor sich zu sehen, wie er sich in seinem Drehstuhl zurücklehnte. Die anderen ließen sich mit Sicherheit nichts entgehen – in der Hoffnung, ihr fiele eine schlagfertige Antwort ein, aber auch bereit zu lachen, wenn sie schwiege.
    Sie drehte sich um. »Was hast du für ein Problem, Walter? Was willst du mir sagen?«
    »Wir haben ein Problem, Lulu, wir beide. Du und ich. Und zwar meine Freundin«, sagte er. »Ich glaube, sie weiß Bescheid.«
    »Deine Freundin?«, fragte Lucia. »Ist die nicht neulich geplatzt?«
    Schallendes Gelächter. Köpfe wurden über Trennwände gesteckt, Telefonhörer aufgelegt oder mit der Handfläche zugehalten. Walters Anzüglichkeiten wirkten ansteckend. Es hatte das gesamte Department verseucht.
    »Ich meine es ernst, Lulu. Wir müssen Schluss machen. Ein für alle Mal.«
    »Du brichst mir das Herz, Walter. Wirklich, du brichst mir das Herz.«
    »Aber weißt du was?« Er sah kurz in die Gesichter um sich herum und dann zu dem Büro, aus dem Lucia gerade gekommen war. »Cole ist um sechs hier raus. Wir zwei Hübschen könnten in sein Büro schleichen, nur du und ich, das Licht runterdimmen und uns auf seiner Couch noch mal so richtig verabschieden.«
    Lucia betrachtete Walters gebleckte Zähne, die fleckigen Hängebacken und die schwabbeligen Oberschenkel, die kaum in die Anzughose passten, und sie konnte nur mit dem Kopf schütteln. Und dann, obwohl sie es sich eigentlich verkneifen wollte, sprach sie die einzige Entgegnung aus, die ihr einfiel.
    »Du bist ein Arschloch, Walter. Ein echtes Arschloch.«
     
    Sie kam nach Hause, öffnete die Tür und wünschte sich, sie hätte einen Hund.
    Vielleicht könnte sie sich einen anschaffen, überlegte sie. Keinen zu großen, aber auch kein Schoßhündchen. Einen Cockerspaniel oder einen Beagle. Sie würde ihn Howard nennen, ihn von ihrem Teller fressen und neben sich auf dem Bett schlafen lassen. Sie würde ihm beibringen, dicke Männer namens Walter und Chief Inspectors mit üblem Mundgeruch anzufallen, aber zuerst Walters, dann Chief Inspectors.
    Es war heiß in der Wohnung. Die Luft wirkte verbraucht, als hätten Hunderte von Lungen sie angewärmt, allen Sauerstoff aus ihr herausgesogen und dann ausgeatmet und in diesem Schuhkarton eingeschlossen, der ihr immer noch nicht wie ein Zuhause erschien.
    Sie hängte ihre Tasche neben die Tür, dann hörte sie den Anrufbeantworter ab, wusch sich die Hände und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Sie aß einen Apfel, den sie im Kühlschrank fand, versuchte, die Druckstellen zu ignorieren, und schauderte bei jedem mehligen Bissen. Sie nahm zwei Scheiben Brot aus dem Kühlschrank und steckte sie in den Toaster, aber während sie gedankenlos an die Wand starrte, verbrannten

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