Ein Tropfen Blut
ohne Umwege.
»Willst du mich verarschen?«, fragte Achmed überrascht.
»Nein. Ich brauch fünfundzwanzig Riesen. Jetzt und sofort.«
Achmed schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir Leid. Du stehst schon so dick in der Kreide, dass mir das keine gute Investition zu sein scheint.«
»Dann sieh dir das hier an«, bat Locke und hielt ihm seine Karten entgegen. Der Barbesitzer zögerte einen Moment, aber dann gönnte er dem Blatt einen Blick.
»So viel hab ich nicht hier«, erklärte er achselzuckend. »Zwanzig ist das höchste, was ich dir anbieten kann.«
»Einverstanden?«, fragte Locke in Richtung des Russen.
»Gut. Ich bringe zwanzig«, nickte Ivan und zählte die Summe ab.
Achmed verließ den Raum und kam kurz darauf mit dem Geld zurück. Bevor er Locke die Banknoten übergab, präsentierte er ihm einen neuen Schuldschein. Locke unterschrieb einen Vier-Wochen-Kredit über fünfundzwanzig Riesen.
»So«, seufzte Locke zufrieden und schob das Geld neben das des Russen. »Dann wollen wir mal sehen, ob du das hier toppen kannst.«
Mit einer schnellen Handbewegung breitete er seine Karten auf das blank polierte Holz aus und grinste breit. Ivan verzog keine Miene, trank in aller Ruhe sein Malzbier aus, nahm seine Karten wieder hoch. Und dann legte er der Reihe nach die Herz-Vier, die Herz-Fünf, die Herz-Sechs, die Herz-Sieben und die Herz-Acht auf den Tisch.
5
»Meine Güte, kannst du das nicht zu Hause erledigen? Ich schneide mir die Fußnägel ja auch nicht im Büro.« Berthold Hofmann, siebenunddreißigjähriger Kriminalkommissar im Bochumer KK 11, gönnte Katharina Thalbach, seiner knapp vier Jahre jüngeren Kollegin, einen amüsierten Blick. Die Blonde auf der anderen Seite des Tisches feilte schon seit über zehn Minuten hingebungsvoll an ihren Fingernägeln. Auf Hofmanns Bemerkung hin zeigte ihre Stirn die steile Falte, die jedem Eingeweihten höchste Gefahr signalisierte.
»Spätestens dann hättest du auch endgültig Hausverbot«, fauchte sie genervt zurück, steckte die Nagelfeile aber trotzdem zurück in das schmale Lederetui. Dann klemmte sie sich eine Zigarette zwischen die Lippen und ließ ihr schickes Zippo-Feuerzeug aufblitzen.
Hofmann grinste noch breiter und vergrub sich wieder in den Vorbericht über das anstehende Duell gegen England. »Sieh mal«, meinte er, als würde es Katharina interessieren. »Hier steht was über einen deiner speziellen Freunde. Der Name Heidtmann sagt dir doch noch was, oder?«
Thalbach verschluckte eine Ladung Zigarettenrauch und hustete. »Diesen blasierten Heini werde ich so schnell nicht vergessen. Ist da seine Todesanzeige?«
»Nee«, gab Hofmann kopfschüttelnd zurück. »Ganz Fußballdeutschland hofft, dass der heute gegen die Tommys den Laden zusammenhält.«
»Fußball«, seufzte die Blonde angewidert. »Spielen die heute etwa schon wieder? Die waren doch erst vor ein paar Tagen dran.«
Hofmann schlug die Sportseiten zusammen und angelte sich seine Pfeife. Seit Katharina die Aktienkurse diverser Tabakkonzerne durch ihren für eine ehemals militante Nichtraucherin unglaublichen Zigarettenkonsum in Schwindel erregende Höhen zu puschen versuchte, konnte sie ihm seine geliebte Pfeifen-Schmaucherei schlecht verbieten.
»Mädchen, Europameisterschaft! Die nächsten zwei Wochen wird es kaum einen Abend geben, an dem die Glotze nichts darüber bringt.«
»Im Prinzip wär mir das ja völlig schnurz«, erklärte Katharina. »Wenn nicht mein getreuer Lebensgefährte wie festgenagelt vor dem Bildschirm hängen würde. Dreimal darfst du raten, wer dann wieder mit Arne durch den Sandkasten kreuzen und Burgen bauen darf.«
»Aber das tust du doch gern«, stichelte Hofmann.
»Und meine Fingernägel?«, beschwerte sich Katharina energisch. »Ich hab langsam das Gefühl, als ob ich im Straßenbau malochen würde, so rau ist die Haut meiner Hände schon.«
»Du wirst es überleben«, entschied der Stoppelhaarige und presste seinen Stopfer in die Ausbuchtung der Pfeife, bis sie richtig brannte. Dann lehnte er sich weit zurück und starrte geistesabwesend aus dem Fenster.
Wenn er seinen Hals extrem lang machte, konnte er sogar einige Baumwipfel erkennen.
Im KK 11 war tote Hose, und das schon seit gut zwei Wochen. In ihren Schubladen dämmerten keine ungelösten Fälle vor sich hin und Flenner, der Oberhäuptling, war noch drei Wochen in Urlaub und konnte somit auch keinen Unfrieden stiften.
Endlich mal Zeit, Überstunden abzubauen und den viel zu
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