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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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zusammenfuhr.
    Sie wich zurück und wäre fast die Treppe hinuntergefallen. Erst war nichts zu sehen im undurchdringlichen Dunkel — als wäre die Tür von Geisterhand geöffnet worden. Doch dann bewegte sich etwas, und Helen meinte, eine schemenhafte Gestalt auszumachen. Ein Mann stand vor ihnen, groß, schlank und sehr, sehr einschüchternd. In der Hand hielt er eine Kerze, deren spärliches Licht kaum die Finsternis durchdrang. An seiner Seite stand ein vierbeiniges struppiges Ungetüm, vermutlich ein Hund, doch so groß, wie sie noch keinen je gesehen hatte.
    „Was wollen Sie?", fragte er. Seine Stimme war heiser, vielleicht vor Anstrengung, vielleicht, weil er so lange mit niemandem mehr gesprochen hatte. Seine Aussprache klang kultiviert, sein Ton jedoch alles andere als einladend.
    Helen rang nach Worten. Er war keineswegs so, wie sie erwartet hatte. Und dieses Untier an seiner Seite, was war das nur?
    In diesem Augenblick fuhr abermals ein Blitz vom Himmel herab. Mann und Tier wurden in grelles Licht getaucht, als stünden sie auf einer Bühne. Es war tatsächlich ein Hund, groß wie ein Kalb, mit grauem Zottelfell und dunkelbraunen Augen. Schlimmer jedoch war der Mann. Strähniges schwarzes Haar hing ihm wirr und zerzaust bis auf die Schultern. Zu abgetragenen Breeches, den typischen Reithosen, und Gamaschen trug er einen derben Jagdrock, der allenfalls noch für den Lumpensammler taugte. Dunkle Bartstoppeln überzogen Kinn und Wangen in einem Gesicht, dessen linke Seite von schrecklichen roten Narben überzogen war. Ein hellbraunes Auge blitzte im Schein des Wetterleuchtens auf und ließ ihn wirken wie den Teufel in Menschengestalt.
    Das Schlimmste jedoch: Wo das linke Auge hätte sein sollen, war nur eine tief eingesunkene Höhle.
    Abigail schrie.
    Schreien. Immer mussten sie schreien!
    Sir Alistair Munroe starrte die Frau und die Kinder an, die sich vor seine Tür verirrt hatten. Plötzlich begann es sintflutartig zu schütten, und die Kinder drängten sich an die Röcke ihrer Mutter. Kinder, vor allem kleine Kinder, fingen fast immer an zu schreien und rannten weg, wenn sie ihn sahen. Manchmal auch erwachsene Frauen. Gerade letztes Jahr erst war in Edinburgh eine junge Dame recht melodramatisch in Ohnmacht gesunken, als sie auf der Straße in sein Gesicht gesehen hatte.
    Am liebsten hätte Alistair dem dummen Luder eine Backpfeife verpasst.
    Stattdessen war er wie eine räudige Ratte davongehuscht und hatte die versehrte Hälfte seines Gesichtes so gut wie möglich hinter gesenktem Dreispitz und hochgeschlagenem Rockkragen verborgen. Er war solche Reaktionen gewohnt. Deshalb mied er Menschen. Und jetzt stand auf einmal dieses Gör vor der Tür und schrie wie am Spieß.
    „Hör auf damit!", herrschte er es an. Im Nu war Ruhe.
    Zwei Kinder waren es, ein Junge und ein Mädchen. Der Junge war ein kleiner, dürrer Hänfling mit hellbraunen Locken. Schwer zu sagen, wie alt er war. Irgendwas zwischen drei und acht. Alistair konnte das schlecht beurteilen, da er Kindern nach Möglichkeit aus dem Weg ging und kaum welche kannte. Das blonde Mädchen war auf jeden Fall älter als der Junge. Blass starrte es ihn aus riesigen blauen Augen an, die viel zu groß waren für sein schmales Gesicht. Vielleicht war die Kleine nicht ganz richtig im Kopf, irgendeine Erbkrankheit — derlei Anomalien des Leibes gingen oft mit Defiziten des Geistes einher.
    Die Augen der Mutter, so stellte er fest, als er sie schließlich widerstrebend ansah, hatten genau dieselbe Farbe. Sie war schön. Natürlich, wie sollte es anders sein? Während eines Unwetters tauchte eine strahlende Schönheit vor seiner Tür auf. Ihre Augen waren von dem Blau frisch erblühter Glockenblumen, ihr Haar schimmerte golden, und dazu hatte sie einen herrlichen Busen, der wohl auf keinen Mann, auch nicht auf einen so unansehnlichen Einsiedler wie ihn, seine erregende Wirkung verfehlen dürfte. Das war nun mal das Wesen der Natur, so sehr man sich auch gegen sie sträuben mochte. Es war die übliche Reaktion des Mannes auf ein Weib von unverkennbarer Fruchtbarkeit.
    „Was wollen Sie?", fragte er noch einmal.
    Vielleicht war ja die ganze Familie mit einer Form erblichen Schwachsinns geschlagen, denn noch immer starrten alle drei ihn nur stumm an. Der Blick der Frau ruhte wie gebannt auf seiner leeren Augenhöhle. Verständlich. Er trug mal wieder keine Augenklappe. Wozu auch? Hier sah ihn ja keiner, und das verdammte Ding war einfach nur lästig. Sein

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