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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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Guth über Prozesse nach, die sich im frühen Universum ereignet haben konnten und vielleicht für ein Verständnis dieses Problems relevant waren, als ihm eine absolut brillante Einsicht kam. Falls das Universum, als es sich abkühlte, einer Art von Phasenübergang unterworfen war – das geschieht beispielsweise, wenn Wasser zu Eis gefriert oder ein Eisenstab beim Abkühlen magnetisch wird –, dann konnte nicht nur das Horizontproblem gelöst werden, sondern auch das Flachheitsproblem (und damit auch das Monopolproblem).
    Wer gern so richtig kaltes Bier trinkt, hat es vielleicht schon einmal erlebt: Man nimmt eine kalte Flasche aus dem Eisfach, und wenn man sie öffnet und den Druck entweichen lässt, friert das Bier plötzlich ein – dabei kann sogar die Flasche zu Bruch gehen. Das liegt daran, dass bei hohem Druck der bevorzugte niedrigste Energiezustand des Bieres in flüssiger Form gegeben ist; sobald aber der Druck entwichen ist, wird der feste Zustand zum bevorzugten niedrigsten Energiezustand des Bieres. Während des Phasenübergangs kann Energie frei werden, weil der niedrigste Energiezustand in der einen Phase weniger Energie enthalten kann als der niedrigste Energiezustand in der anderen Phase. Wird diese Energie freigesetzt, spricht man von »latenter Wärme«.
    Als das Universum sich mit der Expansion des Urknalls ausdehnte und dabei abkühlte, war die Konfiguration von Materie und Strahlung, wie Guth erkannte, möglicherweise für einige Zeit in einem metastabilen Zustand »hängen geblieben«, ehe sie schließlich mit der weiteren Abkühlung des Universums plötzlich einen Phasenübergang zum energetisch bevorzugten Grundzustand von Materie und Strahlung durchlief. Die vor dem vollständigen Phasenübergang in der Konfiguration des »falschen Vakuums« im Universum gespeicherte Energie – seine »latente Wärme«, wenn man so will – konnte die Expansion des Universums in der Zeit vor dem Übergang dramatisch beeinflussen.
    Die Energie des falschen Vakuums würde sich genau wie eine kosmologische Konstante verhalten, weil sie wie eine den leeren Raum durchdringende Energie wirkt. Das führt dazu, dass die Expansion des Universums zu dieser Zeit immer stärker beschleunigt wird. Schließlich beginnt das, was zu unserem beobachtbaren Universum werden wird, sich schneller auszudehnen als das Licht. Die Allgemeine Relativität lässt das zu, obwohl es gegen Einsteins Spezielle Relativität zu verstoßen scheint, wonach nichts schneller als mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sein kann. Doch hier muss man wie ein Rechtsanwalt vorgehen und alles ein wenig genauer auseinanderlegen. Der Speziellen Relativität zufolge kann nichts schneller als mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum reisen. Der Raum selbst kann dagegen machen, was immer er will, zumindest in der Allgemeinen Relativität. Und während der Raum sich ausdehnt, kann er ferne Objekte, die sich in dem sie umgebenden Raum in Ruhe befinden, mit überlichtschneller Geschwindigkeit voneinander entfernen.
    Wie sich zeigt, kann das Universum sich in dieser inflationären Periode um einen Faktor von mehr als 10 28 ausdehnen. Auch wenn das ein unglaublicher Betrag ist, könnte es sich erstaunlicherweise während der Inflation des sehr frühen Universums im Bruchteil einer Sekunde ereignet haben. In diesem Fall wäre einst alles innerhalb unseres gesamten beobachtbaren Universums vor dem Einsetzen der Inflation in einer viel kleineren Region enthalten gewesen, als wir im Rückblick gesehen hätten, wenn keine Inflation stattgefunden hätte. Entscheidend ist, diese wäre so klein gewesen, dass die Zeit für einen Temperaturausgleich über die gesamte Region hinweg ausgereicht hätte, womit sie überall genau die gleiche Temperatur angenommen hätte.
    Mit der Inflation ließ sich noch eine weitere, relativ allgemeine Vorhersage treffen. Pumpt man einen Ballon immer größer auf, wird die Krümmung seiner Oberfläche zunehmend kleiner. Ähnliches geschieht auch bei einem Universum, das sich exponentiell ausdehnt, was während der – von einer konstanten und großen Energie des falschen Vakuums angetriebenen – Inflation geschehen kann. Wenn die Inflation aufhört (was das Horizontproblem löst), wird die Krümmung des Universums (falls sie am Anfang ungleich null ist) tatsächlich auf einen so absurd kleinen Wert getrieben, dass das Universum selbst heute letztlich flach erscheint, wenn man es genau misst.
    Inflation ist die einzige derzeit brauchbare

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