Ein Universum aus Nichts
flachen Universums, sondern hätte, sagen wir, nur 10 Prozent des für ein flaches Universum zu dieser Zeit angemessenen Wertes betragen, dann würde die Dichte des Universums heute um einen Faktor von mindestens einer Billion von der eines flachen Universums abweichen. Dieser Betrag ist weit größer als der Faktor von lediglich 100, von dem bekannt war, dass er die Dichte sichtbarer Materie im Universum von jener Dichte trennt, die heute ein flaches Universum hervorbrächte.
Dieses Problem war sogar in den 1970er Jahren durchaus bekannt – es wurde als Problem des ebenen Raums oder Flachheitsproblem bekannt. Die Geometrie des Universums lässt sich ähnlich betrachten wie ein Bleistift, der auf einem Tisch senkrecht auf der Spitze steht. Das kleinste Ungleichgewicht in beliebiger Richtung wird ihn rasch umfallen lassen. So verhält es sich auch beim flachen Universum. Die geringste Abweichung von der flachen Geometrie nimmt schnell zu. Wie also könnte das Universum heute beinahe flach sein, wenn es nicht genau flach wäre?
Die Antwort ist einfach: Es muss heute im Wesentlichen flach sein!
Doch ganz so einfach ist die Antwort dann doch nicht, weil sie die Frage nach sich zieht, wie die Ausgangsbedingungen zusammengewirkt haben, um ein flaches Universum hervorzubringen.
Auf diese zweite, schwierigere Frage gibt es zwei Antworten. Die erste geht auf das Jahr 1981 zurück, als der junge theoretische Physiker Alan Guth, damals Postdoktorand und Forscher an der Stanford University, über das Flachheitsproblem nachdachte und dabei auch zwei weitere Probleme einbezog, die mit der Standardvorstellung eines aus dem Urknall entstandenen Universums zu tun haben: das sogenannte Horizontproblem und das Monopolproblem. Hier muss uns nur das erste interessieren, da das Monopolproblem das Flachheits- und das Horizontproblem lediglich zuspitzt.
Das Horizontproblem hat mit der Tatsache zu tun, dass die Kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung extrem gleichförmig ist. Die schon genannten Temperaturabweichungen stehen für Dichtevariationen in Materie und Strahlung aus einer Zeit, in der das Universum erst einige 100000 Jahre alt war – bezogen auf die ansonsten gleichförmige Dichte und Temperatur des Hintergrunds machen sie weniger als ein Zehntausendstel aus. Während ich also auf die kleinen Abweichungen eingestellt war, stellte sich eine tiefer gehende, dringendere Frage: Wie kommt es, dass das Universum überhaupt so gleichförmig geworden ist?
Denn wenn ich statt des schon gezeigten Bildes der Hintergrundstrahlung, in dem Temperaturunterschiede von etwas mehr als eins zu 100000 in verschiedenen Schattierungen dargestellt sind, eine Temperaturkarte des Mikrowellen-Himmels mit linearer Skala nähme, auf der Farbabstufungen Temperaturabweichungen von, sagen wir, ± 0,03 Kelvin über der der mittleren Temperatur des Hintergrunds von ca. 2,72 Kelvin anzeigen würden (was einem Verhältnis von eins zu 100 über dem Mittelwert entspricht), sähe die Karte so aus:
Vergleichen wir dieses Bild, das keinerlei erkennbare Struktur enthält, mit einer ähnlichen Projektion der Erdoberfläche, deren Schattierungsvarianten Abweichungen vom mittleren Radius von etwa eins zu 500 wiedergeben (die Auflösung ist also nur geringfügig größer):
Demnach ist das Universum in großen Maßstäben unglaublich gleichförmig !
Wie ist das möglich? Nun, man könnte einfach annehmen, dass das Universum in einem frühen Stadium heiß, dicht und im thermischen Gleichgewicht war. Das heißt, alle heißen Zonen hätten sich abgekühlt, und die kalten Zonen hätten sich erwärmt, bis die Ursuppe überall die gleiche Temperatur angenommen hätte.
Als aber das Universum wenige 100000 Jahre alt war, konnte das Licht auch nur wenige 100000 Lichtjahre zurückgelegt haben, und das gibt nur einen kleinen Prozentsatz dessen wieder, was heute das gesamte beobachtbare Universum ausmacht. 31 Nun kann Einstein zufolge keine Information schneller unterwegs sein als das Licht. Folglich gibt es im Standardmodell des Urknalls einfach keine Möglichkeit, dass ein Teil dessen, was heute das beobachtbare Universum ausmacht, damals durch die Existenz und Temperatur anderer Bereiche beeinflusst worden sein kann, deren Winkelmaß größer war als etwa ein Grad. Also konnte das Gas in diesen Größenordnungen keinesfalls rechtzeitig eine Temperaturangleichung erreicht haben, aus der eine so umfassend gleichförmige Temperatur hervorging!
Als Teilchenphysiker dachte
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