Ein Universum aus Nichts
lässt implizit an einen Sinn denken, und wenn wir uns bemühen, das Sonnensystem in wissenschaftlichen Begriffen zu verstehen, schreiben wir ihm normalerweise keinen Sinn zu.
Worauf diese Frage wirklich abzielt, fasse ich also so zusammen: »Wie kommt es, dass es statt nichts überhaupt etwas gibt?« Tatsächlich können wir bei der Untersuchung der Natur allein für Fragen nach dem »Wie« definitive Antworten liefern, doch weil sich die modifizierte Frage weit seltsamer anhört, möge man mir verzeihen, wenn ich gelegentlich in den Fehler verfalle, die anscheinend gängigere Formulierung zu erörtern, obwohl ich eigentlich auf die spezifischere Frage nach dem »Wie« antworten möchte.
Selbst hier, aus der Sicht des aktuellen Verständnisses , ist diese spezielle Frage nach dem »Wie« durch eine ganze Menge Fragen ersetzt worden, die in der Praxis mehr Resultate erwarten lassen. Dazu gehört die Frage, was jene Eigenschaften des Universums hervorgebracht haben könnte, die es heute besonders zutreffend charakterisieren, oder die vielleicht wichtigere Frage, wie wir das herausfinden können.
Hier möchte ich mich erneut mit etwas herumschlagen, was ich lieber als erledigt ansehen würde. Fragen in diesen Rahmen zu stellen, macht es möglich, neues Wissen und Verständnis hervorzubringen. Darin unterscheiden sie sich von rein theologischen Fragen, die in der Regel die Antwort vorab unterstellen. Tatsächlich habe ich mehrere Theologen aufgefordert, anhand von Beweisen das Postulat zu widerlegen, wonach die Theologie zumindest in den letzten 500 Jahren – seit den ersten Anfängen der Naturwissenschaften – nichts zum Wissen beigetragen hat. Bis heute hat noch keiner ein Gegenbeispiel vorgelegt. Das Beste, das ich je erhielt, war die Frage: »Was meinen Sie mit Wissen?« Aus epistemologischer Sicht mag das ein heikles Thema sein, aber ich bleibe dabei: Wenn es eine bessere Alternative gäbe, so wäre sie von irgendeinem vorgelegt worden. Hätte ich Biologen, Psychologen oder Historiker mit dieser Aufforderung konfrontiert – keiner von ihnen wäre so perplex gewesen.
Die Antworten auf diese Erfolg versprechenden Fragen enthalten theoretische Vorhersagen, die mit Experimenten abgeglichen werden können. Damit lässt sich unser praktisches Wissen vom Universum unmittelbarer voranbringen. Unter anderem deshalb habe ich mich in diesem Buch bisher auf solche fruchtbaren Fragen konzentriert. Dennoch ist die Frage »Etwas aus Nichts?« weiterhin sehr aktuell, weshalb wir uns wohl mit ihr auseinandersetzen müssen.
Ob man dem Universum nun irgendeine eigene Rationalität beimisst oder nicht – Newtons Arbeit verkleinerte die möglichen Bereiche für Gottes Handeln auf dramatische Weise. Newtons Gesetze schränkten nicht nur die Handlungsfreiheit einer Gottheit erheblich ein – sie machten auch vielfältige Voraussetzungen für übernatürliche Eingriffe überflüssig. Wie Newton erkannte, erfordert die Bewegung der Planeten um die Sonne nicht, dass sie auf ihrem Weg ständig angestoßen werden. Vielmehr ist es dazu notwendig, dass sie von einer in Richtung Sonne wirkenden Kraft angezogen werden (was der Intuition stark zuwiderläuft), weshalb keine Engel mehr erforderlich waren, die die Erde auf ihrem Weg geleiteten, wie man zuvor oft vorgebracht hatte. Dass diese spezielle Verwendung der Engel überflüssig wurde, hat sich zwar kaum auf die Bereitschaft der Menschen ausgewirkt, an sie zu glauben. 41 Doch fairerweise muss man sagen, der wissenschaftliche Fortschritt hat seit Newton dafür gesorgt, dass der Hand Gottes eher noch mehr Beschränkungen auferlegt wurden, sich in ihrem wortlos verstandenen Handwerk zu manifestieren.
Wir können die Evolution des Universums bis zurück zu den ersten Momenten des Big Bang beschreiben, ohne dazu irgendetwas Besonderes zu benötigen, was über die bekannten physikalischen Gesetze hinausgeht, und wir haben auch die wahrscheinliche zukünftige Geschichte des Universums dargestellt. Sicherlich gibt uns das Universum bislang noch ungelöste Rätsel auf, doch ich gehe davon aus, dass die Leser dieses Buches nicht dem Modell vom »Gott der Lücken« anhängen. Bei diesem Modell wird Gott immer dann ins Spiel gebracht, wenn unsere Beobachtungen etwas ergeben, was rätselhaft oder nicht umfassend verstanden erscheint. Selbst Theologen räumen ein, dass ein solcher Rückgriff nicht nur die Großartigkeit ihres höchsten Wesens herabsetzt – er setzt dieses Wesen auch der Gefahr
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