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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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verbreitet werden von jenen, die das Wort fortwährend umdefinieren wollen, damit keine wissenschaftliche Definition anwendbar ist. Ich habe jedoch den Verdacht, dass der leere Raum zu den Zeiten von Platon und Thomas von Aquin, als sie überlegten, warum es statt nichts überhaupt etwas gibt, wahrscheinlich eine gute Annäherung an das war, worüber sie nachdachten.
    Wie in Kapitel 6 gesehen, hat Alan Guth präzise dargelegt, wie wir aus dieser Art von Nichts etwas erhalten können – die ultimative Gratismahlzeit. Leerer Raum kann mit einer Energie ungleich null einhergehen, selbst wenn keinerlei Materie oder Strahlung vorhanden sind. Wie uns die Allgemeine Relativität lehrt, wird Raum sich exponentiell ausdehnen, sodass selbst die winzigste Region der Frühzeit rasch eine Größe annehmen kann, die mehr als ausreicht, um unser gesamtes heute sichtbares Universum zu enthalten.
    Wie ich im gleichen Kapitel dargestellt habe, wird während einer solchen Expansion die Region, die schließlich unser Universum umfassen wird, immer flacher werden, selbst wenn die im leeren Raum enthaltene Energie mit dem Wachsen des Universums zunimmt. Dieses Phänomen ergibt sich, ohne dass dazu irgendein Hokuspokus oder eine wundersame Intervention erforderlich wäre. Das ist möglich, weil der mit der Energie im leeren Raum zusammenhängende gravitative »Druck« letztlich negativ ist. Dieser »negative Druck« impliziert, dass die Expansion während der Ausdehnung des Universums sogar Energie in den Raum entlädt und nicht umgekehrt.
    Diesem Modell zufolge wird die im leeren Raum gespeicherte Energie mit dem Ende der Inflation in die Energie von realen Teilchen und in Strahlung umgewandelt, was tatsächlich den beobachtbaren Anfang unserer gegenwärtigen Expansion aus dem Big Bang heraus hervorbringt. Ich spreche von beobachtbarem Anfang, weil die Inflation jede Erinnerung an den Zustand des Universums vor seinem Anfang effektiv auslöscht. Alle komplexen Phänomene und Inhomogenitäten in ursprünglich großen Maßstäben 43 werden geglättet und/oder so weit jenseits unseres heutigen Horizonts getrieben, dass wir immer ein fast gleichförmiges Universum beobachten werden, wenn eine ausreichende inflationäre Expansion stattgefunden hat.
    Fast gleichförmig sage ich, weil die Quantenmechanik, wie ebenfalls in Kapitel 6 geschildert, immer einige Restfluktuationen geringer Dichte zurücklässt, die während der Inflation einfrieren. Daraus ergibt sich die zweite erstaunliche Implikation der Inflation: Aufgrund der Regeln der Quantenmechanik werden diese Fluktuationen geringer Dichte später für all die Strukturen verantwortlich sein, die wir heute im Universum beobachten. Wir und alles, was wir sehen, gehen also aus Quantenfluktuationen innerhalb eines Nichts in der Nähe des Anfangs der Zeit hervor, nämlich während der inflationären Expansion.
    Nachdem sich aller Staub gelegt hat, wird die typische Konfiguration von Materie und Strahlung der eines im Wesentlichen flachen Universums entsprechen – eines Universums, in dem die durchschnittliche Newton’sche Gravitationsenergie aller Objekte gleich null zu sein scheint. Das wird immer der Fall sein, solange man den Betrag der Inflation nicht äußerst genau fein abstimmen kann.
    Demnach kann unser beobachtbares Universum als mikroskopisch kleine Raumregion beginnen, die im Wesentlichen leer ist, und dennoch zu enormer Größe anwachsen sowie am Ende Unmengen an Materie und Strahlung enthalten. Und all das, ohne einen Tropfen Energie zu kosten, während Materie und Strahlung ausreichen, alles zu erklären, was wir heute sehen!
    Ein Punkt aus diesem kurzen Abriss der in Kapitel 6 erörterten inflationären Dynamik ist es wert, besonders hervorgehoben zu werden: Aus dem leeren Raum kann genau deshalb etwas hervorgehen, weil die Energieverhältnisse des leeren Raums in Anwesenheit von Gravitation nicht das sind, was uns der gesunde Menschenverstand nahegelegt hätte, ehe wir die zugrunde liegenden Naturgesetze entdeckt haben.
    Doch es hat auch nie jemand gesagt, das Universum sei durch das gelenkt, was wir in unseren armseligen und kurzsichtigen Ecken von Raum und Zeit vielleicht ursprünglich für vernünftig gehalten haben mögen. Gewiss erscheint es vernünftig, sich a priori vorzustellen, dass Materie nicht spontan aus leerem Raum hervorgehen kann, weshalb Etwas in diesem Sinn auch nicht aus dem Nichts entstehen kann. Wenn wir jedoch die Dynamik der Gravitation und der

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