Ein unmoralischer Handel
Gedanken fassen. »Im Geist habe ich dich schon seit Wochen Gabriel genannt.«
»Gut - dann bin ich also er.« Er lag ausgestreckt auf dem Sofa, zu dem er sie getragen hatte, während seine Hand mit ihrem Haar spielte. »Ich bin nicht mehr der Spielkamerad deiner Kindheit. Ich bin dein Liebhaber und ich werde dein Ehemann sein.« Seine Hand schloss sich um ihren Nacken, streichelte und liebkoste sie. »Wie mein Name nicht wirklich von Bedeutung ist, so ändert es auch überhaupt nichts, wie du heißt. Du bist die Frau, die ich begehre, und du begehrst mich. Du bist mein - warst immer mein und wirst es immer sein.«
Seine tiefe Überzeugung traf Alathea mitten ins Herz; sie bewegte sich …
»Nein - lieg still. Dir ist nicht kalt.«
Ihre Haut glühte noch. Sein Körper neben ihrem strahlte ebenfalls Hitze ab. Nein, ihr war wirklich nicht kalt - ihre Knochen waren wie Mus, sie brachte die Kraft nicht auf, die Kontrolle wiederzuerlangen und die Richtung zu ändern. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie das eigentlich wollte.
Vor langer Zeit, sie erinnerte sich, hatten sie in einer Sommernacht nebeneinander auf dem Rücken gelegen und zu den Sternen hinaufgeschaut. Sie hatten einander nicht berührt, denn die Spannung zwischen ihnen war so groß gewesen, dass sie beinah schon Funken schlug. Diese Spannung war vollkommen verschwunden. Was sie jetzt umgab, war ein tiefer, anhaltender Friede. Eine Befriedigung, die tiefer reichte, als sie es sich je hätte vorstellen können, hüllte sie ein. Auch ihm schien es zu genügen, mit ihr umarmt diese Ruhe zu teilen.
Sie konnte sein Herz an ihrem Ohr schlagen hören, langsam und stetig.
»Warum bist du hier?«
Er stellte die Frage leichthin in den Raum. Verwundert antwortete sie: »Weil du mich hergeführt hast.«
»Und du bist mitgekommen. Jetzt liegst du vollkommen nackt und bloß in meinen Armen - du hast mich bereitwillig aufgenommen, hast dich mir bereitwillig hingegeben, einfach nur, weil ich dich begehrt habe.«
Sie fühlte sich ihm jetzt wesentlich mehr ausgeliefert als zuvor. Wie konnte er von der Verwirrung und Unsicherheit wissen, die sie umtrieben. Doch wie es schien, wusste er sehr wohl davon.
»Du bist sehr gut im Geben. Und was du zu geben hast, das will ich haben.« Seine Hand strich zärtlich über ihr Haar. »Du bist eine sinnliche Frau, ein Vollblut im Bett, und es ist mir mit Sicherheit vollkommen gleichgültig, wie alt du bist. Du bist lange nicht im Training gewesen und doch raubst du mir schier den Verstand.«
Sie schloss die Augen. »Tu das nicht.«
»Was nicht? Die Wahrheit aussprechen? Warum nicht, wenn wir beide sie kennen?« Seine Hand rutschte tiefer, strich über ihren Rücken, dann nahm er sie in die Arme. »Du liebst es zu geben, und der einzige Mann, dem du dich jemals hingeben wirst, bin ich.«
Sie wollte das nicht hören, weil sie es nicht verneinen konnte - und weil ihm das bei weitem zu viel Macht über sie verlieh. »Wir müssen gehen.«
»Noch nicht.« Er hielt sie sanft zurück und liebkoste ihr Ohr. Dann berührten seine Lippen ihre Haut und verweilten dort. »Nur noch einmal …«
16
A m nächsten Morgen saß Alathea in der Laube, die versteckt in einer Ecke im Garten hinter dem Haus stand, als sie Gabriel über den Rasen herankommen sah. Das strahlende Sonnenlicht setzte rote und goldene Reflexe in seinem Haar und erinnerte sie, wie es sich in ihren Händen angefühlt hatte.
Mit wegen der Helligkeit zusammengekniffenen Augen sah sie ihn ein paar freundliche Worte mit Mary und Alice wechseln, die gerade das Beet um den Springbrunnen jäteten. Sie hatte sich unter dem Vorwand, sich nicht wohl zu fühlen, vor der Gartenarbeit gedrückt. Und das war die Wahrheit, denn sie hatte über Nacht kaum ein Auge zugemacht.
Wenn es noch eines eindeutigen Beweises bedurft hatte, dass Gabriel ihre Gefühle richtig verstanden hatte, dann hatte die zweite Hälfte ihres Zusammentreffens im Salon von Lady Richmond diesen geliefert. Sogar jetzt, Stunden danach, trieb ihr allein der Gedanke an all die Vorschläge, die er ihr ins Ohr geflüstert hatte, und was sie bereitwillig getan und ihn hatte tun lassen, die Röte ins Gesicht. Er hatte es sich gewünscht, und sie hatte es gern gegeben. Letzte Nacht hatte er sie in die letzten Geheimnisse der Hingabe eingeweiht.
Es wäre Heuchelei gewesen zu behaupten, sie hätte es nicht genossen. Die Wonne, die sie empfunden hatte, als sie sich ihm hingab - wie auch immer, wo auch immer -, hatte ihr
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