Ein unmoralischer Handel
die intensivste, süßeste Freude ihres Lebens beschert. Sie hatte Erfüllung darin gefunden, ihn zu befriedigen. Es gab kein anderes Wort, keines, das auch nur annähernd das Ausmaß und die Tiefe ihrer Empfindungen traf. Er hatte sie als eine Frau bezeichnet, die gern gab. Sie musste wohl annehmen, dass er damit Recht hatte. Was sie allerdings nicht annahm, nicht annehmen konnte, waren seine übrigen Schlussfolgerungen.
Dass sie ihn faszinierte, war nicht vorgetäuscht. Von allen Männern würde wohl er die Ironie am meisten zu schätzen wissen, dass sie - eine Frau, die er praktisch aus dem Sandkasten kannte - ihn körperlich dermaßen bezauberte. Doch trotz allem, was er gesagt hatte, spielte das Alter eine Rolle, wenn auch nicht in der Art und Weise, wie es für den ton von Bedeutung war. Weil sie schon älter war und ihm gegenüber selbstsicherer auftrat als jede andere Dame, die er je verführt hatte, war sie eine größere Herausforderung für ihn, stellte seine Talente stärker auf die Probe. Und auch das wusste er zu schätzen.
Seine Faszination war real. Und dennoch - Faszination führte nicht zwangsläufig zu einer Ehe.
Als er die Mädchen verließ, um lässig und selbstbewusst zu ihr herüberzustolzieren, fühlte Alathea, wie sie eine ruhige Selbstsicherheit überkam. Er war ein Meister in der Kunst der Sinneslust; er wusste seine Talente einzusetzen, um sie dorthin zu treiben, wo er sie haben wollte, um ihr den Verstand zu rauben. Doch sie kannte ihn zu gut - viel zu gut -, um die Geschichte zu glauben, dass diese Art Faszination hinter seinem Entschluss stand, sie zu heiraten. Sie schätzte ihn zu hoch, mochte ihn zu gern, um sich sanftmütig seinen Plänen zu fügen.
Er erreichte die Laube, stieg die Treppen hinauf und musste den Kopf senken, um dem überhängenden Flieder auszuweichen, der das kleine Häuschen überwucherte. Dann trat er in den kühlen Schatten. Als er sich aufrichtete, schaute er sie an. »Was?«, fragte er ganz ruhig.
Alathea bedeutete ihm, sich neben sie auf das Sofa zu setzen. Sie hatte ein Billett in die Brook Street gesandt, in dem sie ihn bat vorbeizukommen. Sie wartete, bis er Platz genommen hatte. Das aus Weidenzweigen geflochtene Sofa war schmal, sie saßen Schulter an Schulter nebeneinander. Er lehnte sich zurück und legte einen Arm auf der Sofalehne ab, um ein wenig mehr Platz zu schaffen. Sie holte tief und entschlossen Luft und kam schnurstracks zur Sache: »Es gibt absolut keinen Grund, weshalb wir heiraten sollten. Nein!« Sie schnitt ihm das Wort ab, als er etwas einwenden wollte. »Hör mich an.«
Er war sichtlich angespannt, seine Miene wurde hart, doch sagte er kein Wort.
Alathea schaute auf den Rasen hinaus, wo ihre Stiefgeschwister unbekümmert plauderten. »Nur du und ich wissen von der Gräfin. Nur wir wissen, dass wir intim miteinander waren. Ich bin neunundzwanzig. Wie ich jedermann gern in Erinnerung rufe, habe ich jeglichen Gedanken an eine Heirat abgeschworen. Seit elf Jahren. Man akzeptiert mich als alte Jungfer - deiner jüngsten Aufmerksamkeiten zum Trotz besteht keinerlei Aussicht, dass ich heiraten werde. Solange unsere Liaison nicht allgemein bekannt wird - was nicht der Fall sein wird, weil wir beide zu klug sind und viel zu gut wissen, was wir unseren Familien und uns selbst schuldig sind -, solange besteht keinen Grund für uns zu heiraten.«
»Ist das alles?«
»Nein.« Sie drehte den Kopf, sodass sie ihm direkt in die Augen schauen konnte. »Ungeachtet deiner Meinung, was das Richtige wäre, werde ich dich nicht heiraten. Es gibt keinen Grund, weshalb du ein solches Opfer bringen müsstest.«
Er musterte sie. »Warum«, fragte er leichthin, »glaubst du eigentlich, dass ich dich heiraten will?«
Ihre Lippen kräuselten sich. Sie deutete auf ihre Stiefgeschwister, die nicht die geringste Ahnung von den düsteren Wolken hatten, die da am Horizont der Familie heraufzogen. »Du willst mich wegen genau der Eigenschaften heiraten, auf die ich als Gräfin gesetzt hatte. Ich habe dich um deine Hilfe gebeten. Ich wusste, dass du mir helfen würdest, wenn ich dir erklärte, in welcher Gefahr meine Familie schwebt. Ich habe es dir schon öfter gesagt - du hast einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt.« Er war ihr Ritter auf dem weißen Schlachtross; sein Beschützerinstinkt war eine seiner größten Stärken und eine seiner charakteristischsten Eigenschaften.
Er folgte ihrem Blick zu den Mädchen hinüber. »Du denkst, ich möchte dich
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