Ein unmoralischer Handel
schon kalten Toast in der anderen, und starrte verträumt vor sich hin.
Sie sah strahlend aus. Und ein klein wenig erregt. Als ob …
Verblüfft schaute er wieder auf Gabriel. Sein Bruder wirkte viel zu gesättigt, um ordentlich zuzulangen.
Die Furcht erregende Schlussfolgerung, die ihm durch den Kopf schoss, wurde immer gewichtiger, gewann stetig an Substanz.
Gabriel hatte den Luftzug von der Tür gespürt und sah auf. Er erwiderte Lucifers schockierten Blick mit offener Unbekümmertheit, zog fragend eine Augenbraue hoch und wies auf Alathea.
»Komm, heiße deine künftige Schwägerin willkommen.«
Lucifer setzte ein Lächeln auf und trat über die Schwelle. »Meinen Glückwunsch.« Alathea sah immer noch ein bisschen schwindelig aus, wie er bemerkte; aber er kannte ja seinen Bruder. »Willkommen in der Familie.« Er beugte sich vor und gab ihr einen brüderlichen Kuss. Als er sich wieder aufrichtete, konnte er es sich nicht verkneifen zu murmeln: »Seid ihr sicher, dass ihr beide nicht völlig den Verstand verloren habt?«
Es war Alathea, die ihn tadelnd mit einem finsteren Blick bedachte: »Wir haben den Verstand nie verloren, wenn ich mich recht entsinne.«
Lucifer ließ das Thema fahren - zusammen mit der Hoffnung, je zu verstehen, was sich da abspielte. Er machte all die richtigen Geräusche, sagte all die richtigen Worte, während er immer noch darum kämpfte, den Sachverhalt zu begreifen. Alathea und Gabriel? Er wusste, er war nicht der Einzige, der das niemals gedacht hätte. Was sich noch zeigen würde.
»Die Hochzeit«, informierte ihn Gabriel, »wird so früh stattfinden, wie wir sie arrangieren können, auf jeden Fall aber, bevor wir oder die Morwellans oder der ganze ton die Stadt verlassen.«
»Hm«, erwiderte Lucifer.
»Du wirst doch dabei sein, oder?«
Unter Alatheas bohrendem Blick brachte Lucifer ein Lächeln zustande. »Selbstverständlich.«
Er würde dabei sein, um zuzuschauen, wie sein Bruder, sein letzter noch freier Gefährte, sich in die Fesseln der Ehe begab. Danach würde er abreisen.
Er würde einfach verschwinden.
London - ja, der ton im weitesten Sinne - war ein bei weitem zu gefährliches Pflaster für das letzte unverheiratete Mitglied der Cynster-Riege.
Die Saison neigte sich ihrem Ende zu, und wie immer gab es bombastische Hochzeiten im Übermaß. Doch dieses Jahr ragte eine besonders hervor, war eindeutig »die Hochzeit der Saison«. Die Geschichte, wie Lady Alathea Morwellan ihre Zukunftsaussichten begraben hatte, um ihre Familie auf dem Land zu unterstützen, nur um dann elf Jahre später zurückzukehren und das bei weitem distanzierteste Mitglied der Cynster-Riege zu zähmen, beflügelte die romantische Fantasie der gesamten feinen Gesellschaft.
St. Georges am Hanover Square war zum Bersten voll, als Lady Alathea ihr Ja-Wort gab. Vor der Kirche standen die Neugierigen ebenso dicht gedrängt. Wer nicht zu den Feierlichkeiten geladen war, hatte einfach einen Grund erfunden, um »zufällig« vorbeizuschauen. Jeder reckte den Hals, um einen Blick auf die Braut zu erhaschen, die königlich in Weiß und Gold erstrahlte und drei außergewöhnliche Blumen an ihrem langen Schleier trug. Als sie am Arm ihres stolzen Ehemanns, flankiert von einer Eskorte imposanter Cynster-Männer und einem Schwarm bildschöner Cynster-Gattinnen, oben an der Kirchentreppe erschien, ging ein Raunen durch die Menge.
Es war genau die Art von märchenhafter Romanze, die der ton, und mit ihm ganz London, so liebte.
Um drei Uhr, lange nachdem die Menge sich zerstreut hatte, um all das Gesehene noch zu goutieren, sich jedes Details zu entsinnen und in der Erinnerung noch auszuschmücken, war Gabriel immer noch dankbar, dass sie es geschafft hatten, sich durch die jubelnde Menge zu kämpfen und in der Mount Street Zuflucht zu suchen, um dort das Hochzeitsfrühstück einzunehmen.
Er stand an einem Fenster des großen Salons in Morwellan House und lugte durch die zarten Vorhänge, um die Straße auszukundschaften. Eine kleine Menschenmenge wartete auf ihre Abreise, doch damit würden sie schon zurechtkommen.
»Beinah freie Bahn?«
Gabriel drehte sich um, als Demon neben ihn trat. Sein Cousin sah schrecklich selbstzufrieden aus; Gabriel ging durch den Kopf, dass Demon wohl noch zu frisch verheiratet war, um jenen Ausdruck tiefer Zufriedenheit zu vermitteln, den Devil und Vane jetzt normalerweise zur Schau trugen. Richard war schwerer zu verstehen, doch das Strahlen in seinen Augen, wenn sein
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