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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Reuter
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unheimlich anstrengend sein.
    Letztens kam ein Mann freudestrahlend aus der Kabine. Er steckte in einer sündhaft teuren Jeans und war von seinem Spiegelbild schwer begeistert. Zufrieden räkelte er sein Hinterteil und sagte zu mir: »Geiler Arsch, das müssen Sie schon zugeben. Ja! Die isses. Die nehm ich!«
    Tja, und Hendriks Karriere geht steil nach oben. Er arbeitet jetzt zusammen mit drei anderen Juristen in einem Gemeinschaftsbüro und verdient richtig Schütte. Mit Jens gab es seiner Andeutung nach einen Eklat. Es ist ihnen wohl nicht gelungen, sich im Guten zu trennen. Mehr weiß ich nicht. Meine Vermutung ist, dass die Kluft zwischen ihnen irgendwann einfach unüberwindbar geworden ist.
    Ich bin sehr gespannt, wie Hendriks Wohnung eingerichtet ist. Hat er wohl sein kitschiges Schlüsselbrett mitgenommen, den Holzdackel mit den goldenen Haken? Und sein hässliches Hirschgeweih? (Das hat er auf unserem letzten Flohmarktbummel erstanden.) Je mehr ich über Hendriks Einrichtung nachdenke, desto neugieriger und ungeduldiger werde ich.
    Endlich am Mexikoplatz zwei angekommen, klingele ich bei Bödicke. Was ich dann sehe, überbietet einfach alles: Es ist eine große Drei-Zimmer-Altbauwohnung, bestimmt 130 Quadratmeter, die Deckenhöhe weit über drei Meter – wunderschöner Stuck. Ich bin überwältigt. Zwei kleinere Räume umgeben rechts und links ein riesengroßes Zimmer, mit dem sie durch wunderschöne Flügeltüren verbunden sind.
    Doch es kommt noch besser: Die beiden kleinen Räume und der Flur sind komplett leer, absolut leer. Kein Schrank, kein Tisch, nicht mal ein Bild hängt an der Wand. Es sieht alles sehr sauber aus. Die Dielen sind frisch abgezogen, kein Kratzer ist zu finden, und die Wände sind weiß gestrichen. Es wirkt fast schon steril. In der Mitte des großen Durchgangszimmers steht ein Zelt, daneben liegt ein Reiserucksack, sonst nichts. Ich wiederhole: sonst nichts . Es verschlägt mir die Sprache. Die komplette Einrichtung der 130 Quadratmeter besteht nur aus einem Zelt und einem Rucksack. So kann doch kein Mensch wohnen!
    Stolz erklärt mir Hendrik, dass alles, was er hier hat, in diesen Rucksack passt. Eine mehr als glaubwürdige Aussage.
    »Und wo sind deine Anzüge?«
    »Im Büro, da habe ich einen Schrank.«
    »Deine Bücher?«
    »Im Büro, da habe ich ein Regal. Jedenfalls die Fachliteratur. Den Rest habe ich aussortiert.«
    »Und wo um Himmels willen isst du? Deine Küche hat ja nicht mal einen Kühlschrank!«
    »Im Büro, da gibt es eine kleine Gemeinschaftsküche mit Herd, Kühlschrank und sogar einem Tisch.«
    Arme Jolanda, jetzt muss sie ihren Winterschlaf wohl oder übel im Büro halten. Mist, da fällt mir ein: Ich habe die Tomate daheim vergessen.
    Aber ich habe mich geirrt, Jolanda ist doch da, munter stiefelt sie durch die leer gefegten Räume. Aber diese Freude soll ihr nicht lange vergönnt sein. Sie muss zu seiner Exfrau, gemeinsames Sorgerecht. Hendrik hat sich bei der Aufteilung ganz klar für den Winter und ihren Schlaf der Gerechten entschieden.
    Ich soll Jolanda überbringen. Oje! Dann sehe ich ja mal meine Vorgängerin, neugierig bin ich schon, was sie so für ein Typ ist. Ich willige ein. Hendrik muss bald für ein halbes Jahr nach Kapstadt, beruflich, ohne Schildkröte.
    »Okay, ich übernehme das.« Warum eigentlich nicht.
    Hendrik drückt sich vor der Übergabe so sehr, weil er von ihrem Neuen wohl mal ein Veilchen verpasst bekommen hat. Und auf so etwas steht er gar nicht.
    Als ich morgens Suse von meiner Nacht mit Hendrik im Zelt erzähle, während Jolanda zum großen Ärger von Schröder auf dem Fußboden über meine Klamotten krabbelt, sagt sie nur: »Dass der ein völlig durchgeknallter Freak ist, müsstest du doch mittlerweile wissen. Und dies meine ich nicht nur wegen seiner Wohn- und anderen Verhältnisse. Nein, mal ganz davon abgesehen. Es muss ja nun nicht jeder Mensch mit Schrankwänden, Raufasertapete und Einbauküchen leben, geschweige denn nur eine Freundin haben. Nein, das meine ich nicht, aber denk mal über …«
    Es klingelt an der Tür. Meine Rettung! Ich werde dem Hermes-Boten die Tür öffnen, das Paket entgegennehmen und gleich damit in mein Zimmer verschwinden. So werde ich mir alle weiteren unliebsamen Wahrheiten ersparen.
    Mit dem Paketboten liege ich falsch, eine Freundin steht vor der Tür. Sie ist gekommen, um mir von ihrem neuen Freund zu erzählen. Schließlich endet unser Kaffeeklatsch in einer Fotosession. Wir machen ein paar

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