Ein Vampir unterm Weihnachtsbaum (German Edition)
zwei Tagen war Weihnachten – und um diese Jahreszeit versuchte Teddy, Port Henry so gut es ging zu meiden. Darum war er ja auch hier herausgefahren und hatte das Cottage gemietet. In Port Henry wussten alle, dass er keine Familienangehörigen mehr hatte, mit denen er die Feiertage verbringen konnte, und luden ihn darum zu sich ein. Wäre er in der Stadt geblieben, dann hätte er eine dieser Mitleidseinladungen annehmen müssen. Der Gedanke, Weihnachten als Fremdkörper in einer Familie zuzubringen, die ihn nur aus Barmherzigkeit bei sich aufnahm, deprimierte ihn.
Er schüttelte den Kopf und wollte sich gerade wieder auf den Rückweg machen, als er unter den Bäumen an der gegenüberliegenden Seite der Auffahrt eine Person entdeckte. Sie trug einen hellroten Skianzug und starrte ihn völlig bewegungslos aus dem Schatten der Bäume an. Sie war so dick vermummt, dass sich schwer beurteilen ließ, ob es sich um eine Frau, einen schlanken Mann oder einen Jugendlichen handelte. Doch dass beunruhigte Teddy nicht so sehr wie die absolute Starre dieser Person. Er spürte ein nervöses Kribbeln im Nacken. Dann schlug die Person die Kapuze zurück und Teddy erkannte, dass er es mit einer hübschen, jungen Blondine zu tun hatte. Sie lächelte ihn fröhlich an.
»Hallo, Sie müssen mein Nachbar sein«, begrüßte sie ihn freundlich und kam auf ihn zu.
»Sieht ganz so aus«, entgegnete Teddy und musste unwillkürlich lächeln. Er ging ihr entgegen und erklärte mit einem Nicken nach der Auffahrt hin: »Ich habe das Willan-Cottage über die Feiertage gemietet.«
»Und ich bin im Haus nebenan«, entgegnete sie und wies mit dem Daumen hinter sich. »Es gehört meinem Cousin Decker.«
Teddy spähte über ihre Schulter und konnte jenseits der kahlen Bäume ein großes Ferienhaus erkennen. Mit einem ironischen Lächeln sagte er: »Wir haben uns wohl einen ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, um hier herauszukommen.«
Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. »Ein bisschen Schnee hat noch niemandem geschadet. Es wird ja außerdem bald geräumt werden.«
»Da wär ich mir nicht so sicher«, entgegnete Teddy. »Einige Bäume sind umgekippt, und einer hat die Stromleitung gekappt. Es dürfte ein Weilchen dauern, das wieder in Ordnung zu bringen.«
»Mist«, hauchte die Blondine, während sich ihre sorglose Miene verfinsterte. »Jemand wollte vorbeikommen und mir … Proviant bringen.«
»Dann sitzen wir im selben Boot«, erklärte Teddy. »Ich hatte eigentlich vor, gestern noch etwas einzukaufen, aber dann habe ich so viel Zeit in einem Geschäft für Anglerbedarf in Vaughan und in einigen Antiquitätenläden verbracht, dass ich zu spät hier ankam und die Besorgungen auf heute verschoben habe. Keine gute Idee, wie sich herausgestellt hat«, gestand er kopfschüttelnd und meinte noch: »Aber ich komme schon klar. Ich hab einen Kamin und eine Menge Feuerholz. Frieren muss ich zumindest nicht.«
Die Frau spähte nach der Straße und rang sich dann ein Lächeln ab, obwohl Teddy ihr die Beunruhigung ansehen konnte. »Ich habe etwas zu essen. Sie sind eingeladen.«
»Ich dachte, Sie warten auf eine Proviantlieferung?«, fragte er verwundert.
Sie wandte kurz den Blick ab, lächelte dann aber gleich wieder strahlend und erklärte: »Ich habe getrocknetes Essen und Dosen, aber jemand sollte heute noch frisches Obst und Gemüse und solche Sachen vorbeibringen. Und Kraftstoff für den Generator.«
»Sie haben einen Generator?«, fragte Teddy und horchte auf.
Sie nickte und verzog dann das Gesicht. »Leider läuft er momentan nicht. Ich wurde schon vorgewarnt, dass der Tank fast leer wäre, aber ich hab mich darauf verlassen, dass heute Nachschub käme. Als letzte Nacht der Strom ausfiel, muss sich der Generator automatisch eingeschaltet haben, und vor einigen Minuten ist er dann stehengeblieben. Darum bin auch hergekommen. Ich wollte nach dem Boten Ausschau halten.« Mit einem Blick auf die Straße fügte sie hinzu: »Aber die Lieferung wird wohl in nächster Zeit nicht kommen.«
»Nein«, pflichtete ihr Teddy bei und überlegte, wie lange es wohl ohne den Generator in ihrem Haus warm bliebe. Bestimmt nicht sehr lange. Er war gerade im Begriff ihr anzubieten, doch zu ihm zu kommen, als sie sich nach ihm umwandte und verschmitzt lächelnd erklärte: »Ich habe also Essen, aber keine Heizung – und Sie haben zwar Feuerholz, aber kein Essen. Sollen wir teilen?«
Irgendwie wirkte ihr Lächeln angespannt, aber Teddy schob es darauf, dass die
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