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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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morgendlichen Sonnenlicht offen. Jack blinzelte und spähte vom Fuß der Treppe hinauf ins Innere, das im Dunkeln lag. Er war unendlich müde, fühlte sich taub und erschöpft, und doch kam es ihm vor wie eine Heimkehr, denn ein anderes Zuhause hatte er nicht.
    Einer seiner Vorfahren gehörte zu den Gründern des Clubs, und die Mitgliedschaft war sozusagen Familientradition. Jack hatte sich dort trotz des hohen Altersschnitts immer wohlgefühlt. Auf dem Anwesen der Stricklands hingegen nicht, denn es war furchteinflößend groß und luxuriös. Seit Blakelys Tod mochte er schon gar nicht mehr dorthin, weil er dem trauernden Vater nicht unter die Augen treten konnte. Musste er den Neffen nicht als Schurken betrachten, weil er seinem Cousin nicht geholfen hatte?
    Jack gab sich einen Ruck und stieg die Stufen empor.
    Los, geh hinein. Finde heraus, was der Brief zu bedeuten hat. Und dann kehr zurück auf dein Schiff …
    Mit Füßen, die sich zentnerschwer anfühlten, trat Jack durch die Tür.
    In der Eingangshalle sah er sich einer Gruppe von Menschen gegenüber. Er zögerte und umklammerte den Griff seines Koffers, während er die Leute unbehaglich musterte. Fremde besaßen seiner Erfahrung nach die verstörende Tendenz, ihn anzusprechen, ihm Fragen zu stellen, ihn zu zwingen, in den verworrenen Winkeln seines Verstands nach sinnvollen Antworten zu suchen. Sogar die einfache Frage: Wie geht es Ihnen?, wurde zu einer unüberwindlichen Hürde. Er verfügte weder über ausreichende Lust noch genügend Scharfsinn, um zu lügen, und die Wahrheit wollte niemand hören.
    Neben der Tür stapelte sich Gepäck. Jemand kam gerade an. Oder reiste ab.
    Was für ein Zufall. Genau wie ich. Ankommen und so bald wie möglich wieder abreisen.
    Jack schärfte seinen Blick und erkannte in dem groß gewachsenen, breitschultrigen Mann mit dunklem Haar und blauen Augen Aidan, und der Blonde mit der spöttischen Stimme war kein anderer als Colin. Die Frauen neben den beiden hatte er jedoch noch nie gesehen. Die eine war dunkel-, die andere rothaarig, beide ziemlich hübsch, wie er beinahe beiläufig registrierte.
    Dann allerdings stutzte er. Frauen im Brown’s Gentlemen Club? Begleiterinnen seiner Freunde, denn das waren sie zweifellos. Immerhin ruhte Colins Hand ziemlich weit unten auf der Hüfte der rothaarigen Lady. Und die Dunkelhaarige blickte verliebt zu Aidan auf. Was zum Teufel ging hier vor?
    Da war man gerade mal ein paar Monate weg – nun ja, Jahre –, und die Welt geriet aus den Fugen. Und dann entdeckte er plötzlich zwischen den beiden Paaren auch noch ein kleines Mädchen, das ungeduldig auf seinen in Stiefeln steckenden Füßen wippte und den Kopf so weit zurücklegte, dass ihr kleiner Dreispitz von den dunklen Locken zu rutschen drohte. Ein bildhübsches Kind mit großen blauen Augen, das als Pirat verkleidet war und ein Holzschwert in den Händen hielt.
    Ihr Anblick traf Jack mitten ins Herz. Wie der Hieb eines echten Schwertes. Mein Gott, das Kind sah aus wie sie.
    Obwohl Jack nicht auf sich aufmerksam gemacht hatte, bemerkten ihn die vier Erwachsenen endlich. Die dunkelhaarige Frau trat vor und sagte irgendetwas über das Kind, das allerdings von dem tosenden Aufruhr in seinem Kopf überlagert wurde .
    Er hob eine Hand, und alle verstummten. » Ich weiß, wer sie ist. « Er stellte seinen Koffer ab, durchquerte die Halle und ließ sich vor dem kleinen Mädchen auf ein Knie nieder. » Du siehst genauso aus wie deine Mutter « , sagte er sanft.
    Sie schob sich ihre alberne Miniaugenklappe vom Gesicht und blickte ihn aus erstaunlich blauen Augen an. Dann streckte sie die Hände aus und streichelte sein hageres Gesicht mit ihren pummeligen Babyfingern. » Und du bist Käpt’n Jack. «
    In diesem Augenblick kam es dem einsamen Mann vor, als würde sein Herz wieder zu schlagen anfangen und zu seinem alten Rhythmus zurückfinden.
    Ihre Händchen waren klebrig und rochen nach Zitronenkuchen, doch um nichts in der Welt wäre Jack zurückgewichen, ließ sich geduldig von ihr inspizieren. » Und wer bist du? « , fragte er.
    Eine zweite rosige Hand legte sich weich auf sein kantiges Gesicht. » Ich bin Käpt’n Melody. «
    Melody. Natürlich. Kein anderer Name würde besser passen. » Hallo, Melody. Ich bin dein Vater. «
    Das Kind legte den Kopf schief und schaute ihn für einen langen Moment an. » Ich mag Schiffe « , sagte die Kleine schließlich. » Hast du ein Schiff? «
    Er nickte wieder. » Ich habe viele Schiffe. «
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