Ein Versprechen aus Afrika
Soldaten haben sie fortgeschafft, bevor Sie kamen.«
»Wie viele waren es?«
»Ziemlich viele, mehr als hundert.«
»Wohin hat man sie gebracht?«
»Die Straße nach Ebensee hinunter. Sicher wurden sie ins Lager geführt.«
Reeves und McNally eilten zu dem berüchtigten Vernichtungslager Ebensee. Der Kommandant, ein ehemaliger SS-Offizier, wurde aus dem Gefängnis geholt. Er war jetzt gefügig und geradezu unterwürfig.
»Ja, mir wurden hundertvierzig Gefangene aus Redl-Zipf überstellt. Ich hatte den Befehl, sie in die Gaskammer zu schicken, aber das hab ich nicht getan, das schwöre ich!«
»Woher kam der Befehl?«
»Von Himmler persönlich.«
Reeves und McNally wechselten einen Blick. Wenn der Gestapo-Chef den Befehl erteilt hatte, dann war die Operation, wie schon vermutet, auf höchster Ebene, das heißt vom Führer persönlich, geplant worden. »Was ist aus den Männern geworden?«
»Beim Eintreffen der Alliierten hat man sie zusammen mit den anderen freigelassen. Ich glaube nicht, dass Sie die leicht wiederfinden werden.«
»Warum nicht?«
»Ich habe ihre Akten gesehen. Es waren alles Verbrecher. Die haben sich bestimmt schnell verdrückt.«
Der ehemalige SS-Offizier sollte Recht behalten. Alle Häftlinge aus dem KZ Ebensee, die in der Zwischenzeit nicht gestorben waren, wurden aufgespürt, mit Ausnahme der hundertvierzig Männer aus Redl-Zipf. Die hatten es vorgezogen unterzutauchen. Damit begann für Reeves und McNally eine echte Detektivarbeit, doch zu guter Letzt wurde ihre Hartnäckigkeit belohnt. Wie verschiedene Zeugen berichtet hatten, war die ganze Operation von einem tschechischen Gefangenen, Oskar Skala, geleitet worden. Diesen spürten sie schließlich in der Tschechoslowakei auf, genauer gesagt in Pilsen, wo er einen Biergroßhandel gegründet hatte.
Der Mann wirkte entsetzt, als sie auf einmal vor ihm standen, doch der Engländer und der Amerikaner beruhigten ihn gleich.
»Egal, was Sie getan haben, für uns sind Sie kein Schuldiger, sondern ein Opfer. Wir verlangen von Ihnen nur, dass Sie uns nichts verbergen.«
Der Tscheche entspannte sich etwas.
»Stimmt, man hat mir keine andere Wahl gelassen. Bei Kriegsbeginn saß ich wegen Falschmünzerei im Gefängnis. Von dort wurde ich in ein Konzentrationslager verlegt. Bernhard Krüger kam zu mir und sagte, wenn ich ihm nicht helfe, käme ich in die Gaskammer. Da hab ich Ja gesagt.«
»Wer ist Bernhard Krüger?«
»Der Verantwortliche. Übrigens trug die ganze Operation seinen Namen. Das Codewort lautete >Operation Bernhard<. Später wurde ich sein Stellvertreter und wusste über alles Bescheid.«
Während Major McNally und Hauptmann Reeves ungläubig zuhörten, erzählte Oskar Skala von der Operation Bernhard.
Schon bei Kriegsausbruch hatte Himmler auf Hitlers Anweisung hin einen Plan ausgearbeitet, um England mit Falschgeld zu ruinieren. Trotzdem lief die Aktion erst 1942 unter der Leitung von Bernhard Krüger, einem Vertrauten des Gestapo-Chefs, wirklich an.
Gleich zu Anfang stieß Krüger auf ein unerwartetes Hindernis. Die Beamten der Reichsbank, an die er sich ganz selbstverständlich wandte, weigerten sich, Falschgeld zu drucken. Selbst in Kriegszeiten verstieß es gegen ihre Berufsehre, den Feind auf diese Weise zu bekämpfen. Sie stellten echte Geldscheine her, keine falschen. Himmlers Stellvertreter mochte drohen und zetern, wie er wollte, sie gaben nicht nach. Zu so einer Reaktion gehörte 1942 im Dritten Reich immerhin eine gehörige Portion Mut. Am erstaunlichsten aber war, dass Bernhard Krüger einlenkte! Er hakte nicht weiter nach, sondern dachte sich etwas anderes aus. Ihm kam die Idee, unter den gewöhnlichen Kriminellen Fälscher anzuwerben und sie in einem Lager zu internieren. Nachdem er so ein Team zusammengestellt hatte, brachte er es in einer Baracke des Konzentrationslagers Sachsenhausen bei Berlin unter. In deutschen Druckereien wurden die nötigen Maschinen und das Papier requiriert.
Bald druckte man massenhaft Geldscheine, die in drei Kategorien unterteilt wurden: 1) Die fast perfekten waren für Deutschlands Ankäufe in neutralen Ländern bestimmt oder sollten nach England geschickt werden; 2) mit den Banknoten guter Qualität bezahlte man Informanten in den besetzten Gebieten; 3) die weniger guten sollten nach einem extravaganten, von Himmler entwickelten Plan aus Flugzeugen über England abgeworfen werden. Die Leute sollten sich darauf stürzen und sie benutzen, bis im ganzen Land ein Klima der
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