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Ein verwegener Gentleman

Ein verwegener Gentleman

Titel: Ein verwegener Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY BRENDAN
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perlmuttfarbenen Locken. Dann zerknüllte sie den teuren Stoff ihrer Röcke.
    Edwina, die sich wenige Schritte hinter ihr befand, fauchte sie wütend an und gestikulierte wild mit den Händen, doch dann blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen. Elizabeth war, ohne sie zu beachten, vor der Salontür stehen geblieben. Sie schloss die Augen, holte tief Luft und griff nach der Türklinke …
    Bevor der Mut sie wieder verließ, schritt sie schwungvoll ins Zimmer und hielt verblüfft inne, als sie niemanden sah. Offenbar hatte Stratton seine Angelegenheiten für zu wichtig gehalten, um auf sie zu warten. Aufatmend legte sie den Kopf zurück, schloss die Augen und seufzte erleichtert. Sie ging zum Kamin und streckte ihre eiskalten Hände über die züngelnden Flammen, als die Erkenntnis sie traf, dass es Feigheit war, die sie über die Gnadenfrist dankbar sein ließ. Sie wirbelte herum und erstarrte.
    Er stand vor der Wand direkt neben der Tür und hatte offenbar das Gemälde betrachtet, das dort hing, doch nun sah er sie an.
    Sie starrte ihm, wie es ihr schien, eine halbe Ewigkeit lang ins Gesicht, während ihr Herz heftig klopfte und ihr zusammenhanglose Gedanken durch den Kopf jagten. Er war es. Zwar waren die Zeichen der Jugend aus seinen Zügen verschwunden, doch es handelte sich um denselben Mann, der vor zehn Jahren mitten in einer Gruppe wilder Lebemänner Hof gehalten und ihr gelegentlich einen spöttischen Blick zugeworfen hatte. Sein Teint war dunkel wie der eines Zigeuners, sein langes schwarzes Haar lockte sich leicht, und seine Kleidung war von modischer Eleganz. Seine kräftige, breitschultrige Gestalt kam in den rehbraunen Hosen und dem hellbraunen Frack hervorragend zur Geltung. Eine Bernsteinnadel zierte sein kompliziert geschlungenes dunkelbraunes Krawattentuch. Der Halbedelstein besaß eine ähnliche Farbe wie seine Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umkränzt wurden.
    Er kam ihr größer vor, als sie ihn in Erinnerung hatte. Sie schätzte, dass sie, wenn sie neben ihm stand, ihm kaum bis an das Kinn reichen würde. Dieser Gedanke riss sie aus ihrer Lähmung.
    Hitze stieg ihr in die Wangen. Doch trotz ihrer Verlegenheit fiel ihr auf, dass er sie ebenfalls genau musterte. Sein sardonischer Blick schweifte über ihr zerzaustes Haar und das zerknitterte Kleid. In einer unwillkürlichen Regung bewegte sie die Finger, um den Schaden zu mildern, den sie sich selbst zugefügt hatte. Doch dann verschränkte sie rasch die Hände hinter dem Rücken und reckte hochmütig das Kinn.
    „Hatten Sie einen Unfall?“
    Sie wusste nicht, weshalb sie bei dem Klang seines rauen Baritons zusammenzuckte. In diesem Augenblick hasste sie ihn einfach nur für den Spott in seiner Stimme und in seinen Augen. Sie befeuchtete ihre Lippen. „Einen Unfall?“, wiederholte sie.
    „Sie sehen ein wenig … mitgenommen aus“, bemerkte er und kam einen Schritt auf sie zu.
    Elizabeth trat einen Schritt zurück. „Oh, das.“ Sie lächelte ihn frostig an. „Ich hatte mich ein wenig ausgeruht und ging davon aus, Sie würden es vorziehen, wenn ich mich nicht lange damit aufhalte, mich Ihnen zu Ehren herauszuputzen. Meine Großmutter informierte mich, dass Sie so bald als möglich aufzubrechen wünschen, und ich bin unverzüglich gekommen, um Ihnen deutlich zu machen, wie gut mir das passt.“
    Eine leichte Neigung seines Kopfes ließ sie erkennen, dass er die Beleidigung verstanden hatte, ebenso sein trockener Ton, als er erwiderte: „Ich bin Ihnen sehr verbunden.“
    „Gut.“
    Da ist sie also, dachte Ross im Stillen. Der einzige Ort, an dem er die blonde Schönheit nicht zu finden erwartet hatte, war in Edwinas Haus … Er hatte sich ihre Enkelin als pummelige, uninteressante junge Frau vorgestellt. Nur aus einem Gefühl der Ritterlichkeit heraus war er geblieben, um sie wenigstens kennenzulernen. Wie sehr er sich doch geirrt hatte. Doch in einem Punkt hatte er sich nicht vertan. Er kannte sie. Eine so exquisite Erscheinung war selten, unvergesslich. Seltsamerweise wurde ihre Anziehungskraft durch ihr unordentliches Aussehen überhaupt nicht beeinträchtigt. Wenn er sich doch nur erinnern könnte, wo und wann sie sich begegnet waren. „Ich fürchte, Edwina hat mich ein wenig in Unkenntnis gelassen … ich weiß nicht, wie Sie heißen … Miss Sampson …?“, fragte er.
    „Lady Elizabeth Rowe“, stellte Elizabeth sich mit zittriger Stimme, doch voller Stolz vor. Dann wurden ihre schlimmsten Befürchtungen wahr. Sie

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