Eindeutig Liebe - Roman
bei gemeinsamen Freunden zum Abendessen eingeladen waren.« Und wenn Sie der Langweiligkeit die Krone aufsetzen wollen, können Sie auf die alte »Wir-haben-uns-auf-der-Arbeit-kennengelernt«-Geschichte zurückgreifen.
Gähn.
In mir steckt eine kleine Julia, die hofft, dass sie irgendwann unvermittelt – zum Beispiel durch eine Lücke im Bücherregal in der Bibliothek – in die Augen ihres Romeos sieht oder ihn auf der anderen Seite eines Aquariums entdeckt. Himmel, selbst wenn er im Supermarkt hinter dem Regal mit den Würzsoßen steht, mir soll es recht sein!
Obwohl ich erst zwanzig bin, bejammere ich den Tag, an dem die gute altmodische Romantik starb. Ich bin mir jedoch nicht sicher, wann das gewesen ist. Einige sagen, wir haben sie verloren, als wir um die Gleichberechtigung kämpften; und wenn das stimmt, ist sie wohl nur ein kleiner Preis für das, was wir erreicht haben.
Aber mussten wir es wirklich so weit treiben?
Denn tatsächlich ist es doch so: Wenn man von einem Mann Blumen an den Arbeitsplatz geschickt bekommt, dann kichern sämtliche Kolleginnen und tun so, als müssten sie brechen, aber sobald sie abends zu Hause sind, bricht jede von ihnen einen Streit vom Zaun, weil der Göttergatte ihr nie Blumen schenkt.
Wir fahren in meinen Bahnhof ein, und ich löse mich aus meinen Gedanken, die sich inzwischen schon ganz weit unten in der Abwärtsspirale befinden. Und da ich nun einmal so ein wankelmütiges junges Ding bin, habe ich den gut aussehenden Fremden schon vergessen, als ich meinen Tee austrinke und den zusammengeknüllten Becher auf dem Bahnsteig in den Mülleimer werfe.
Die Begegnung im Zug war bloß ein flüchtiger Moment, ein bisschen Zucker auf meinen Cornflakes. Ich habe Besseres zu tun, ich muss mich auf meine Karriere konzentrieren. Keine Zeit für Ablenkungen, sage ich mir. Außerdem liegt zu Hause zu viel im Argen. Zu viel, was bewältigt werden muss. Ich sollte mich wirklich nicht nach fremden Männern umsehen.
Mein Herz beginnt zu flattern, als ich die Gehsteige von Balham entlanghaste. Die Straßen sind überfüllt mit Menschen – Mütter mit Kinderwagen, Jungen in sackartigen Jeans und den letzten städtischen Angestellten, die zur Bahnstation eilen, um den Zug ins Zentrum zu erwischen. Ich komme an Zeitungsgeschäften, Maklerbüros und Billigläden vorbei – den üblichen Verdächtigen eben –, dazwischen hin und wieder ein kleiner Coffee-to-go-Shop.
Ich bin gern hier.
Zigarettenrauch hängt in der sanften Frühlingsluft und vermischt sich mit dem Duft, der von den frischen Schinkenbrötchen aufsteigt, die auf den Tellern eines frühstückenden Pärchens liegen.
Mit meinem neuen Job bin ich wirklich zufrieden. Zwei Jahre lang habe ich geschuftet und eine Absage nach der anderen weggesteckt, bis ich schließlich die Stelle bei einem Zeitschriftenverlag erhielt. Berufserfahrung habe ich natürlich noch nicht vorzuweisen, deshalb musste ich ziemlich kreativ sein, um potenzielle Arbeitgeber auf mich aufmerksam zu machen. Ein Universitätsstudium kommt für mich nicht infrage, deshalb habe ich mir Dinge wie Internetjournalismus oder Videotechnik selbst beigebracht und dabei immer versucht, mit dem Finger am Puls der Zeit zu bleiben, was Social Media angeht. Gut, ich schreibe nicht gerade für den Guardian oder die Ti m e s, aber The Cube ist ein guter Anfang, und bisher habe ich jede einzelne Sekunde genossen.
The Cube ist eine Mediengruppe, die eine Reihe ungewöhnlicher Zeitschriften herausbringt, die von sehr speziellen Käuferkreisen gelesen werden. Einige davon sind cool, andere nicht so sehr. Das bedeutet, dass ich über eine Menge merkwürdiger Themen schreibe, von dem Neusten aus der Welt des Angelns (weniger spannend) bis zu dem Testen schneller Autos (viel spannender). Einige unserer Zeitschriften sind ziemlich klein und unbekannt, andere werden von Tausenden gelesen. Der Job ist einfach perfekt für mich, weil ich das Schreiben liebe, und ich kann mein Glück noch immer nicht fassen.
Wie bei einem merkwürdigen Tanz winde ich mich durch die Leiber rings um mich herum – ducke mich, tauche, weiche aus. Schulkinder wimmeln umher, und Rentner schlurfen in Ladeneingänge, ihre Zeitungen unter dem Arm.
Irgendetwas in meinem Innern lebt erst in der Energie Londons richtig auf. Obwohl der Lebensstil mich manchmal rasend macht, möchte ich an keinem anderen Ort der Welt sein.
Es ist jeden Tag das Gleiche: Ich komme nach Hause, die Füße tun mir weh, die Augen sind
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