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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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ist ein Hotelzimmer, dachte er. Ein Zimmer in einer schmierigen, verwanzten, billigen Absteige. Keine Vorhänge, kein Bad. Er kannte solche Zimmer; vor Jahren, am Anfang seiner Karriere, hae er in ähnlichen Löchern gehaust. Damals, als er unbekannt gewesen war und kein Geld gehabt hae. Er hae sich angewöhnt, die dunklen Tage aus seiner Erinnerung zu verdrängen, so gut er konnte.
    Geld. Er tastete nach seinen Kleidern und entdeckte, daß er nicht mehr das Krankenhausnachthemd trug, sondern seinen maßgeschneiderten Seidenanzug wieder hae, wenn auch in zerkniertem Zustand. Und in der Innentasche des Jackes war das Banknotenbündel, das Geld, das er in Las Vegas hae ausgeben wollen.
    Wenigstens hae er das.
Hastig sah er sich nach einem Telefon um. Nein, natürlich nicht. Immerhin, im Foyer mußte es eins geben. Doch wen sollte er anrufen? Heather? Al Bliss, seinen Agenten? Mory Mann, den Produzenten seiner Fernsehschau? Seinen Anwalt, Bill Wolfer? Oder sie alle, einen nach dem anderen? Das wäre vielleicht am besten.
    Unsicher erhob er sich vom Be und stand schwankend, fluchte aus Gründen, die er nicht verstand. Irgendein tierhaer Instinkt mobilisierte seinen Körper zum Kampf, aber er konnte den Gegner nicht ausmachen, und das machte ihm Angst. Zum erstenmal seit er sich erinnern konnte, fühlte er etwas wie Panik.
    Ob viel Zeit vergangen ist? überlegte er. Er vermochte es nicht zu sagen; er hae kein Gefühl dafür. Auf der Straße unter dem schmutzigen Glas des Fensters brauste der Verkehr, und unter dem fahlen Graugelb des dunstigen Stadthimmels kurvten Hubschrauber und Lutaxis. Er blickte auf seine Armbanduhr; halb elf. Aber was besagte das? Fünf oder zehn Jahre konnten vergangen sein, ohne daß er davon wußte. Die Uhr konnte ihm nicht helfen.
    Aber am Telefon würde er es erfahren. Er ging hinaus in den dämmrigen, staubigen Korridor, fand die Treppe und ging sie Schri für Schri hinunter, eine Hand am hölzernen Geländer, bis er endlich in der deprimierenden leeren Hotelhalle mit ihren staubigen und verblichenen alten Polstersesseln stand.
    Glücklicherweise hae er Wechselgeld bei sich. Er steckte einen Dollar in den Schlitz und wählte Al Bliss‘ Nummer.
Al war selbst am Apparat. »Bliss Film- und Theateragentur«, sagte seine vertraute Stimme.
»Paß auf«, sagte Jason. »Ich weiß nicht, wo ich hier bin. In Christi Namen, komm und hol mich ab; hol mich hier raus; bring mich anderswohin. Hast du verstanden, Al?«
Stille in der Leitung. Und dann sagte Al Bliss in reserviertem Ton: »Mit wem spreche ich?«
Ärgerlich bellte er seine Antwort.
»Ich kenne Sie nicht, Mr. Jason Taverner«, sagte Al Bliss, wieder in diesem neutralen, reservierten Tonfall. »Sind Sie sicher, daß Sie die richtige Nummer gewählt haben? Wen wollten Sie sprechen?«
»Dich, Al. Al Bliss, meinen Agenten. Was ist im Krankenhaus passiert? Wie bin ich dort hinaus- und hier hereingekommen? Weißt du es nicht?« Seine Panik begann nachzulassen, als er sich Selbstbeherrschung aufzwang und weniger erregt hinzufügte: »Kannst du mir sagen, wo Heather sich auält?«
»Miß Hart?« sagte Al und gluckste erheitert, aber antwortete nicht.
»Du«, sagte Jason wütend, »bist als mein Agent erledigt. Punktum! Egal, was es mit dieser Situation auf sich hat, bei mir bist du untendurch.«
Al Bliss gluckste wieder, offensichtlich sehr erheitert, und dann klickte es, und die Leitung war tot. Bliss hae aufgelegt.
Ich bring den Schweinehund um, sagte sich Jason. Ich werde diesen feen kleinen Bastard in der Lu zerreißen. Was bezweckte er damit? Ich verstehe es nicht. Was hat er plötzlich gegen mich? Was in drei Teufels Namen habe ich ihm getan? Seit neunzehn Jahren war er mein Freund und Agent. Und nie hat es etwas zwischen uns gegeben.
Ich werde es mit Bill Wolfer versuchen, beschloß er. Bill ist immer in seinem Büro oder von dort aus erreichbar. Er wird mir sagen können, was das alles zu bedeuten hat. Nachdem er sich so neuen Mut gemacht hae, steckte er ein zweites Dollarstück in den Aufnahmeschlitz des Telefons und wählte die neue Nummer.
»Wolfer und Blane, Rechtsanwälte«, meldete sich eine weibliche Stimme.
»Verbinden Sie mich mit Bill Wolfer«, sagte Jason. »Hier spricht Jason Taverner. Sie wissen, wer ich bin.«
»Mr. Wolfer ist heute beim Gericht«, sagte die Stimme. »Möchten Sie mit Mr. Blane sprechen, oder soll ich veranlassen, daß Mr. Wolfer zurückru, wenn er im Laufe des Nachmiags zurückkommt?«
»Wissen Sie, wer ich bin?«

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