Eine Art von Zorn
probiert das Funkgerät.
Es ist intakt. Er ruft Brünner an und erzählt, was geschehen ist. Als der Kontrolleur sich wieder meldet, um mitzuteilen, daß Polizei und Ambulanz unterwegs seien, hat Dietz einen Plan gefaßt.
Er hat die Nummer des Mercedes nicht erkennen können, aber da das Auto von der Villa her gekommen ist, nimmt Dietz an, daß man dort die Fahrerin kennt und weiß, wo sie zu finden ist. Er schlägt vor, zur Villa hinaufzugehen und zu fragen.
»Warte lieber auf die Polizei, Hans«, rät ihm Brünner.
»Nein.« Die Schrammen schmerzen Dietz, und er ist wütend. Er will den Namen dieser Verrückten wissen.
Allein geht er zur Villa hinauf.
Hier begann Partout mit sehr viel Phantasie zu beschreiben, was Dietz dachte, als er die Auffahrt hinaufging. Sie dichteten ihm auch eine böse Vorahnung an, die ihn zögern ließ.
Dem Bericht des Lokalreporters zufolge war Dietz wieder umgekehrt, als er auf halbem Wege auf dem vereisten Boden ausgeglitten war. Es schien ihm doch besser, auf die Polizei zu warten.
Zwei Verkehrspolizisten in einem Patrouillenwagen waren dann zur Villa gefahren.
Eine Fotografie zeigte ein zweistöckiges Haus mit zwei Türmen, ein Kitschschlößchen aus den zwanziger Jahren. Als die Polizisten davor standen, war alles in tiefstes Dunkel gehüllt. Die Türen der Garage waren offen und gaben den Blick auf einen Raum für zwei Fahrzeuge frei. Der eine Platz war leer, und im Schnee vor der Garage waren frische Reifenspuren. Auf dem andern Platz stand ein alter Citroën 2 CV. Die Polizisten verließen die Garage und gingen auf die Haustür zu, die auch offen war.
Sie läuteten mehrmals, aber niemand kam. Da sie nicht befugt waren, einzutreten, ging einer von ihnen ums Haus herum, in der Hoffnung, jemanden zu finden. Wenig später kam er mit einem älteren Mann zurück. Es war der Diener, Ernesto Bazzoli, der mit seiner Frau etwa 50 Meter von der Villa entfernt in einem kleinen Häuschen neben dem Gemüsegarten wohnte.
Der alte Mann war aus dem Schlaf gerissen worden, zitterte, schimpfte und war aufgeregt. Die Polizisten konnten ihn zuerst nicht befragen, weil er sie mit Fragen überschüttete. Warum waren die Scheinwerfer nicht in Betrieb? Herr Arbil hatte doch befohlen, daß sie die ganze Nacht brennen mußten. Wo war der Wagen von Herrn Arbil? Warum stand die Haustür offen? Sie sollte zweimal versperrt sein, mit einer Sicherheitskette davor, so wie immer. Wo war Frau Arbil? Was war geschehen?
Während er diese Fragen stellte, hatte er sie aus der Kälte in die Villa geführt, und ein Blick zeigte, daß Fahrerflucht der harmloseste Tatbestand war.
Wohnzimmer, Eßzimmer und Küche boten dasselbe Bild: jede Schublade, jeder Schrank, jede Kommode war offen, und der Inhalt lag über den Fußboden verstreut. In der Bibliothek waren sämtliche Bücher aus den Gestellen gerissen worden.
Das Bild im oberen Stockwerk unterschied sich nur in einer Hinsicht: In einem der Schlafzimmer lag auf dem Fußboden der halbnackte Körper eines Mannes, den Bazzoli als Herrn Arbil identifizierte. Auf ihn waren drei Schüsse abgegeben worden, zwei in den Bauch und einer in den Hinterkopf.
An dieser Stelle wechselte Partout die Zeitform, und ein Polizeiberichterstatter fuhr in sachlicherem Stil fort:
Der eine Verkehrspolizist verständigte die Hauptwache. Die Detektive, die bald darauf am Tatort erschienen, schauten sich rasch um, befragten kurz Dietz und das Dienerehepaar und kamen zum Schluß, der zu diesem Zeitpunkt der einzig mögliche war:
Im Verlaufe des heftigen Streites zwischen Arbil und seiner Frau hatte einer von beiden das Haus nach Geld, Juwelen, Liebesbriefen oder einer Waffe durchsucht. Dann hatte die Frau ihren Gatten getötet und war in seinem Wagen geflohen.
Um 03.05 Uhr erläßt der nachtdiensthabende Kriminalbeamte einen Fahndungsbefehl. Zusammen mit der Beschreibung von Frau Lucia Arbil wurde auch die Zulassungsnummer des Wagens durchgegeben, und Koblenz, der nächste Grenzposten, wurde speziell avertiert.
Vier Stunden später wurde der Mercedes auf einem Parkplatz des Flughafens Kloten gefunden. Die Passagierlisten aller abfliegenden Flugzeuge wurden sofort genau geprüft, doch der Name von Frau Arbil fand sich nirgends. Aber ein Schalterbeamter der Swissair erinnerte sich, einer Frau, auf die die Beschreibung paßte, eine Flugkarte verkauft zu haben, und zwar für den Geschäftsflugkurs um 6 Uhr früh nach Brüssel. Sie hatte einen französischen Paß auf den Namen Lucia
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