Eine begehrenswerte Lady
ungewöhnliche, aber letztlich glückliche Ankunft in England im Februar. Er hatte vorher gewusst, dass seine Reise ein vergebliches Unterfangen war, aber er hatte alle Ratschläge ignoriert und war im vorigen Herbst von Amerika nach Frankreich gereist, entschlossen, herauszufinden, ob irgendjemand aus der Familie seiner Mutter die Unruhen und den Umsturz überlebt hatte, die das Land seiner Vorfahren erschüttert hatten. Trotz sorgfältiger und gründlicher Suche hatte er keine Spuren der Familie seiner Mutter gefunden, und es war nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass er nicht selbst in Frankreich gestorben war.
Ein schiefes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Guter Gott , dem Bon Dieu sei Dank für Emilys Schmugglerbande.
Am Tisch in einer ruhigen Ecke des Ram’s Head sitzend grübelte Luc über Marie Antoinettes Los, bis seine Aufmerksamkeit von zwei Herren angezogen wurde, die an einem Tisch in der Nähe Karten spielten. Unter halb gesenkten Lidern verfolgte Luc, wie Jeffery Townsend den jungen Harlan, Lord Broadfoots jüngsten Sohn, ins Verderben lockte. In der kurzen Zeitspanne, die er das Paar jetzt schon beobachtete, hatte Jeffery seiner Schätzung nach von Harlan über viertausend Pfund gewonnen. Luc, der mit der Familie Broadfoot über seinen Halbbruder Viscount Joslyn bekannt war, wusste, dass Harlan sich solche Verluste keinesfalls leisten konnte. Eine adelige Familie konnte von sechstausend Pfund ein Jahr lang standesgemäß leben. Und obwohl Lord Broadfoot dafür bekannt war, über gut gefüllte Taschen zu verfügen, war es unwahrscheinlich, dass er es gleichmütig aufnehmen würde, wenn sein jüngster Sohn in einer einzigen Nacht ein kleines Vermögen beim Spiel verlor.
Überzeugt, dass Jeffery betrog, und dankbar für die Ablenkung von seinen trüben Überlegungen, achtete Luc genauer auf die Karten, musste den anderen aber erst noch auf frischer Tat ertappen. Seine azurblauen Augen wurden schmal, als Jeffery eine weitere Runde gewann. Luc entschied, dass er Jeffery Townsend wirklich nicht leiden konnte – selbst wenn er der Friedensrichter der Gegend und er mit ihm über Heirat verwandt war.
Als Jeffery eine weitere Flasche von zweifellos geschmuggeltem französischem Brandy bestellte und seinem Begleiter ein neues Spiel vorschlug, starrte Luc den Cousin seiner Schwägerin an und schüttelte den Kopf. Wie Emily, eine so herzliche und reizende junge Frau, wie man sie sich nur wünschen konnte, mit einem so widerlichen Wiesel wie Jeffery verwandt sein konnte, versetzte ihn in Erstaunen. Oh, sicher, es gab eine gewisse oberflächliche äußerliche Ähnlichkeit, beide waren groß und blond, aber während Emily so rein und aufrecht war wie der feinste englische Stahl, war Jeffery …
Lucs Lippen pressten sich zu einer schmalen Linie zusammen, als die beiden von dem Tisch aufstanden und zusammen – in Harlans Fall allerdings auf unsicheren Beinen – zu einem der privaten Spielzimmer gingen. Der Junge war betrunken, und Luc war nicht entgangen, dass Jeffery großzügig für Nachschub mit Brandy gesorgt hatte, seit er die beiden zu beobachten begonnen hatte.
Es war gewiss nicht seine Aufgabe, über einen unerfahrenen jungen Mann zu wachen, räumte Luc ein, aber er konnte ebenso wenig dabeisitzen und zusehen, zulassen, wie Harlan in einem dieser Privatsalons von jemandem wie Jeffery Townsend ausgenommen wurde. Harlan konnte froh sein, wenn ihm danach noch die Stiefel an den Füßen gehörten, um darin nach Hause zu stolpern. Mit einem Seufzer erhob Luc sich von seinem Stuhl.
Aus vielen Gründen war Luc gewöhnlich nicht in der Nähe des Ram’s Head anzutreffen, und ehe er mehr als zwei Schritte machen konnte, trat ihm einer dieser Gründe in den Weg. Innerlich stöhnte er. Sich mit Will Nolles, dem Besitzer und Wirt des Ram’s Head , ein Wortgefecht zu liefern, war für ihn etwa so reizvoll, wie nackt mit einer Giftschlange zu tanzen.
Nolles war nicht sonderlich groß und schlank, trug einen eng sitzenden dunkelgrünen Rock, ein breites weißes Halstuch, das zu einer Schleife gebunden war, und eine gestreifte Hose, sodass klar zu erkennen war, dass er eine Schwäche fürs Dandytum hatte. Seine blassgrünen Augen glitzerten im diesigen Kerzenschein im Schankraum, während er sich Luc in den Weg stellte.
»Ich habe erst meinen Ohren nicht trauen wollen«, murmelte Nolles, »als eine der Schankmägde zu mir kam, um mir zu sagen, dass Sie heute Abend hier seien.« Seine Augen blinzelten
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