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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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weiteren Quell für schlechte Laune bei ihm.
    „Wirst du mich betrügen?“, wollte er plötzlich wissen.
    „Nein“, sagte sie, mit einem Mal so unendlich müde. Seine Verachtung und die Ablehnung, die er ihr entgegenbrachte, waren in ihrer Ehe fast schon zur Normalität geworden. Das Einzige, was ihm wichtig war – oder zumindest schien es ihr manchmal so –, war ihre Treue.
    „Gut. Nach dem, wozu du mich gemacht hast, ist mir die Treue zu halten das Mindeste, was du tun kannst.“
    „Wozu habe ich dich denn gemacht?“ Sie mochte kein Musterexemplar einer Ehefrau sein, aber sie hatte sich stets untadelig verhalten. Sie umsorgte ihn, überzog nie das ihr zur Verfügung gestellte Nadelgeld und ermutigte Männer wie Howard in keiner Weise.
    Seine Stimme klang bitter. „Stell keine dummen Fragen.“
    Sie drehte sich wieder zum Fenster um. Der Gehsteig war unter einem Meer aus schwarzen Regenschirmen verschwunden.
    Selbst im Inneren der Kutsche spürte sie die einsetzende Kälte. Der Sommer würde in diesem Jahr früh enden.
    Kurz darauf beendete Christian sein letztes Trimester in Harrow und ging zum Studium der Naturwissenschaften nach Cambridge. Im Sommer nach seinem zweiten Jahr am Trinity College nahm er an einer Ausgrabung in Deutschland teil. Auf seiner Rückreise nach Algernon House machte er in London Halt, um eine neue Lieferung Meeresfossilien in der naturhistorischen Abteilung des British Museum zu begutachten, Fossilien, die der Öffentlichkeit noch einige Monate vorenthalten bleiben würden.
    Die Diskussion, die über die neuen Exponate entbrannte, war äußerst anregend. So anregend, dass Christian eine Einladung zum Abendessen mit dem Kurator und einigen seiner Kollegen annahm, statt seine Heimreise fortzusetzen. Im Anschluss daran entschloss er sich, eine Stunde in seinem Club zu verbringen, statt sich direkt in sein Stadthaus zu begeben, das ein paar wenige Bedienstete jederzeit in benutzbarem Zustand hielten. Die gute Gesellschaft war zum Ende der Saison aus London abgereist, er konnte davon ausgehen, weitestgehend ungestört zu sein.
    Der Club war tatsächlich ziemlich leer. Mit einem Glas Brandy machte er es sich bequem und versuchte, die Times zu lesen.
    Am Tag war es leichter. Seine Studien, sein Anwesen und seine Freunde nahmen Christians Zeit vollkommen in Anspruch. Doch in der Nacht, wenn es um ihn herum ruhig wurde und er mit seinen Gedanken allein war, dachte er allzu oft an die Frau, die ihm das Herz gestohlen hatte, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Er träumte von ihr. Manchmal waren die Träume sehr lebhaft. Ihr nackter, schlanker Leib unter seinem, ihre Lippen flüsterten sinnliche Worte der Ermutigung in sein Ohr. Dann wieder blieb sie gänzlich unerreichbar für ihn, schritt von dannen, während er wie festgewachsen dastand, oder trat neben ihn, just nachdem er sich in eine Steinstatue verwandelt hatte. Er mühte sich und schrie in seinem marmornen Gefängnis, doch sie bemerkte es gar nicht, genauso gefühlskalt wie schön.
    Jemand betrat die mit dunklem Holz getäfelte Bibliothek. Christian erkannte den Mann sofort: Anthony Townsend. Ihr Gatte.
    Nach seiner Begegnung mit Mrs Townsend waren ihm die Jahre wie eine lange Lehrstunde über die bedrückenderen Aspekte des menschlichen Daseins erschienen. Zuvor hatte er weder Eifersucht noch Kummer oder Verzweiflung gekannt. Auch keine Schuld, die beim Anblick Townsends nun durch seine Adern pulste.
    Er hatte dem Mann nie etwas Böses gewünscht – und in seinen Gedanken war er kaum jemals mehr gewesen als ein unbewegliches Hindernis auf seinem Weg. Doch er hatte in seiner Fantasie unzählige Male mit seiner Frau geschlafen. Und wenn Townsend etwas zustoßen würde, wäre er der Erste in der Schlange derer, die die Bekanntschaft seiner Witwe suchten.
    Dies waren genug Gründe für Christian, dass er seinen Brandy hastig leerte und die Zeitung raschelnd beiseitelegte.
    Er erhob sich zum Gehen.
    „Ich habe Sie schon einmal gesehen“, bemerkte Townsend.
    Nachdem er einen Moment lang wie gelähmt war, erwiderte Christian kühl: „Ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind.“
    Er bildete sich weniger auf die Geschichte seiner Familie ein als seine Vorfahren, doch er war so unnahbar wie jeder de Montfort.
    Townsend blieb jedoch unbeirrt: „Ich sagte nicht, dass wir einander begegnet sind, aber ich kenne Ihr Gesicht von irgendwoher. Ja, jetzt erinnere ich mich. Lord’s Cricket Ground, vor zwei Jahren. Sie

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