Eine französische Affäre
werdet.«
Canéda stockte der Atem. »Ich hoffe, du hast recht, Großvater«, sagte sie leise.
»Ich weiß, daß ich recht habe«, bestand der Graf auf seiner Meinung. »Du wirst so glücklich werden wie nur wenige. Und vergiß nicht, nenne deinen ersten Sohn nach mir. Es würde mich freuen.«
»Das will ich tun, Großvater.«
Canéda gab dem Grafen einen Kuß zum Abschied, und als sie an der Tür stand, hörte sie ihn vor sich hin murmeln: »Du bist ein gutes Mädchen, Clémentine, und du wirst so glücklich sein, wie wir es dir immer gewünscht haben.«
Vor der Tür mußte sie einen Augenblick stehenbleiben, um die Fassung wiederzugewinnen, ehe sie in den Salon zurückkehrte. Wenn es doch nur wahr würde, was ihr Großvater gesagt hatte! Dann sagte sie sich, daß sie tapfer sein müsse, daß das Leben weitergehe und daß auch noch so viele gute Wünsche nichts an der Tatsache änderten, daß sie den Herzog auf keinen Fall heiraten konnte, denn selbst wenn er frei wäre, würde er sie nicht haben wollen.
Als sie an die Tür ihrer Großmutter klopfte, dachte sie, wie anders ihre Gefühle jetzt waren als bei ihrer Abreise aus England. Sie hatte versucht, sich an dem Herzog zu rächen, aber wer verletzt war, war nicht er, sondern sie selbst. Sie war voller Haß auf ihre Verwandten mütterlicherseits hierhergekommen und mit dem Wunsch, sie zu demütigen, statt dessen liebte sie sie jetzt.
»Herein!« hörte sie die Gräfin sagen, und sie traf sie in einem Negligé am Fenster sitzend beim Frühstück an, bevor sie sich anzog, um nach unten zu gehen.
Die alte Dame streckte Canéda beide Hände entgegen und sagte: »Ich wünschte, du müßtest uns nicht schon wieder verlassen, liebes Kind. Es war eine Freude, dich hier zu haben. Ich werde dich vermissen, wenn du abgereist bist.«
»Ich werde dich auch vermissen, Großmutter«, erwiderte Canéda und wußte, daß es die Wahrheit war.
»Ich muß dir noch etwas mitteilen«, sagte die Gräfin, »und du mußt mir verzeihen, daß ich es erst jetzt erwähne.«
»Was ist es?« wollte Canéda wissen.
»Deine Mutter hat etwas eigenes Geld geerbt, aber als sie fortging, hat dein Großvater, meiner Meinung nach nicht ganz Rechtens, dafür gesorgt, daß es in Frankreich bleibt.«
»Ich weiß«, sagte Canéda.
»Dann fällt es mir leichter, dir zu sagen«, fuhr die Gräfin fort, »daß es jetzt dein Geld ist. Daraus ist inzwischen eine beträchtliche Summe geworden, weil es sich über die Jahre hinweg vermehrt hat und dein Großvater es nicht in den Weingärten, sondern in Eisenbahnen angelegt hat.« Sie nahm einen Umschlag von dem Tisch, der neben ihr stand, und reichte ihn Canéda. »Das ist ein Brief von unseren Anwälten, in dem steht, wie das Geld angelegt worden ist. Vielleicht nimmst du ihn mit zu Harry; er wird schon wissen, was man damit macht.«
Canéda nahm den Umschlag nicht entgegen. Statt dessen sagte sie: »Hör zu, Großmutter, ich weiß, daß Mama, wenn sie noch am Leben wäre, mehr als alles andere wünschen würde, sie könnte euch über die schwierige Situation im Weinbau hinweghelfen.« Sie sah ein Licht in den Augen ihrer Großmutter aufleuchten und fuhr fort: »Ich spreche für Harry und mich, wenn ich sage, daß wir sehr viel Glück gehabt haben und daß dieses Geld für euch viel wichtiger ist als für uns. Verwendet es für die Erhaltung eurer Güter und des Schlosses.«
»Meinst du das im Ernst?« fragte die Gräfin mit tränenerstickter Stimme.
»Ja«, sagte Canéda.
Tränen liefen der Gräfin über die faltigen Wangen, aber ihre Augen leuchteten, als sie ausrief: »Danke, mein liebes Kind, danke, danke! Du kannst dir gar nicht vorstellen, welche Last mir dadurch von der Seele genommen wird. Ich könnte es nicht ertragen, das Schloß aufzugeben und so viele alte Diener zu entlassen, die woanders keine Arbeit mehr finden würden.«
Canéda küßte die alte Dame. Dann sagte sie: »Lebe wohl, Großmutter, und schicke Hélène und Armand zu uns nach London. Ich kann Harry bestimmt dazu überreden, für sie in Langstone House einen Ball zu geben, und daraufhin werden sie zu unzähligen Bällen eingeladen, und ich weiß jetzt schon, daß Hélène viel Erfolg haben wird.«
»Wie bringst du es nur fertig, so versöhnlich zu sein?« fragte die Gräfin mit gebrochener Stimme.
Canéda antwortete nichts. Sie gab der Großmutter nur noch einen Kuß und merkte dabei, wie schwer es ihr fiel, ihre eigenen Tränen zurückzuhalten. Dann ging sie nach unten,
Weitere Kostenlose Bücher