Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
prallte das Kaninchen mit einem Betonblock zusammen und fuhr benommen zurück. Zittrig kroch es ein paar Schritte weiter, dann erschien einer der Kellerhunde und packte es.
    »Argh!« machte Charlotte angeekelt. Sie schauderte und streckte den Arm aus, um die Wagenheizung hochzudrehen. Sie war ein attraktives kleines Persönchen mit schlanken Beinen, einem blaßroten Pullover und einem bestickten Rock. »Ich bin froh, wenn wir wieder in meiner Siedlung sind. Hier draußen ist es wirklich nicht hübsch ...«
    Fergesson pochte auf die Stahlbox, die auf dem Sitz zwischen ihnen lag. Sie fühlte sich gut an. »Sie werden froh sein, das hier zu bekommen«, erklärte er, »wenn die Dinge tatsächlich so schlecht stehen, wie du sagst.«
    »Oh, ja«, bestätigte Charlotte. »Die Lage ist schrecklich. Ich weiß nicht, ob dies etwas nutzen wird – es ist fast sinnlos.« Ihr schmales, glattes Gesicht verzerrte sich vor Besorgnis.
    »Wir werden deine Siedlung in Ordnung bringen«, beruhigte Fergesson sie leichthin. Wichtig war, daß sich das Mädchen entspannte. Panik dieser Art konnte außer Kontrolle geraten – und war schon mehr als einmal außer Kontrolle geraten. »Aber es wird eine Weile dauern«, fügte er hinzu und blickte sie an. »Du hättest es uns früher sagen sollen.«
    »Wir hielten es zuerst für eine normale Faulheit. Aber es hat wirklich begonnen, Allen.« Furcht flackerte in ihren blauen Augen. »Wir können aus ihm nichts Vernünftiges mehr herausholen. Er sitzt einfach da wie ein großer Klumpen, als ob er krank oder tot wäre.«
    »Er ist alt«, erinnerte Fergesson mild. »Soweit ich mich entsinne, ist euer Biltong schon hundertfünfzig Jahre alt.«
    »Aber sie sollen doch Jahrhunderte lang weitermachen!«
    »Auf ihnen lastet ein schrecklicher Druck«, gab der Mann auf dem Rücksitz zu bedenken. Er befeuchtete seine trockenen Lippen, beugte sich aufgeregt nach vorn, die schmutzverschmierten Hände gefaltet. »Sie vergessen, daß dies hier für sie nicht normal ist. Auf Proxima haben sie zusammengearbeitet. Nun sind sie in separate Einheiten aufgesplittert – und die Schwerkraft ist hier höher.«
    Charlotte nickte, aber sie war nicht überzeugt. »Jesus!« sagte sie klagend. »Es ist einfach furchtbar – schauen Sie sich das an.« Sie fummelte in ihrer Tasche und holte ein kleines, glänzendes Objekt von der Größe einer Münze hervor. »Alles, was er kopiert, sieht aus wie das hier – oder schlimmer.«
    Fergesson griff nach der Uhr und untersuchte sie, während er mit einem Auge die Straße betrachtete. Das Band zerbröckelte wie ein vertrocknetes Blatt zwischen seinen Fingern und wurde zu kleinen bröseligen Teilen aus dunklen Fasern. Das Zifferblatt der Uhr wirkte normal – aber die Zeiger bewegten sich nicht.
    »Sie läuft nicht«, erklärte Charlotte. Sie nahm sie wieder an sich und öffnete sie. »Siehst du?« Sie hielt sie ihm vor die Augen, und ihre karmesinroten Lippen waren unglücklich zusammengepreßt. »Ich habe mich dafür eine halbe Stunde angestellt, und es ist nur ein Flop!«
    Das Uhrwerk der kleinen Schweizer Uhr war eine klumpige, formlose Masse aus schimmerndem Stahl. Keine einzelnen Rädchen oder Steine oder Federn, nur ein glitzernder Mischmasch.
    »Was hatte er als Vorlage?« fragte der Mann auf dem Rücksitz. »Ein Original?«
    »Eine Kopie – aber eine gute Kopie. Eine, die er vor fünfunddreißig Jahren angefertigt hat – die meiner Mutter. Wie, glauben Sie, habe ich mich gefühlt, als ich das hier sah? Ich kann sie nicht gebrauchen.« Charlotte steckte die unbrauchbare Uhr wieder fort und schloß ihre Tasche. »Ich war so durcheinander, daß ich ...« Sie verstummte und straffte sich. »Oh, wir sind da. Seht ihr die rote Neonreklame? Dort beginnt unsere Siedlung.«
    STANDARD STATIONS INC. stand an dem Haus. Es war blau, rot und weiß – ein makellos sauberes Gebäude am Rande der Straße. Makellos? Fergesson verlangsamte die Geschwindigkeit des Wagens, als er sich auf gleicher Höhe mit der Station befand. Alle drei blickten forschend nach draußen und bereiteten sich auf den Schock vor, von dem sie wußten, daß er sie erwartete.
    »Versteht ihr nun?« fragte Charlotte mit dünner, heiserer Stimme.
    Die Tankstelle war verwittert. Das kleine weiße Gebäude war alt – alt und abgenutzt, ein korrodiertes, wackeliges Ding, das wie ein uraltes Relikt bucklig und zusammengesackt dastand. Die helle rote Neonreklame flackerte unregelmäßig. Die Zapfsäulen waren rostig und

Weitere Kostenlose Bücher