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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Bardsley
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seufzte. Warum war sie so dumm? Dankbarkeit war nicht dasselbe wie romantische Liebe. Gray erfüllte seine Pflicht ihr gegenüber, mehr nicht.
    Sie ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Es gab noch viel zu tun. Die Fenster mussten geputzt werden, die Vorhänge abgenommen und die Spinnweben entfernt. Und der Holzfußboden brauchte dringend eine Kur – von den Wänden mal abgesehen. Auch die weiße Deckenleiste war eindeutig pflegebedürftig, die geblümten Tapeten waren allerdings nicht mehr zu retten. Sie brauchte also neue Tapeten – oder musste sie überstreichen. Mal sehen – wie wäre es mit einem hellen Beige mit schmalen roten Längsstreifen?
    Es ist nicht dein Haus.
    Lucinda riss sich los von ihrem Tagtraum. Ihre gemeinsame Wohnung sauber zu machen war eines – Grays Haus ihren eigenen Stempel aufzudrücken etwas ganz anderes. Sie würde nichts streichen und auch nichts renovieren. Sie konnte es nicht riskieren, Gray oder sein Haus zu sehr lieb zu gewinnen. Dazu blieb sie nicht lange genug hier. Wenn Gray es wirklich schaffte, sie von Bernards Fluch zu befreien, würden sich ihre Wege trennen.
    Klopf, klopf, klopf.
    Lucinda starrte zur Haustür und sprang auf. Ihr Herz hämmerte. Sie sah auf die Uhr, die auf dem Kaminsims stand. Sie funktionierte noch, obwohl ihr wahrscheinlich schon lange kein Blick mehr gegolten hatte. Es war kurz nach sechzehn Uhr.
    Sie sah furchtbar aus. Die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, die Kleider schmutzig und voller Putzmittelflecken. Sie trug nicht einmal Schuhe.
    Klopf klopf klopf
    Aber nur weil sie nicht aussah wie die perfekte Gastgeberin, konnte sie sich doch so benehmen. Sie fuhr sich rasch mit den Händen über T-Shirt und Jeans, straffte die Schultern und ging zur Tür.
    Sie öffnete, und vor ihr auf der Veranda stand eine Frau, die ihr vage bekannt vorkam. Lucinda fiel ein, dass sie ihr auf dem Leichenmahl begegnet war. Aber ihren Namen hatte sie vergessen.
    »Hallo.«
    »Schön, dass Sie da sind. Ich bin Maureen Archer.« Sie drückte Lucinda eine in Plastikfolie verpackte Pastete in die Hand. »Willkommen in Nevermore, Mrs Calhoun.«
    Ungläubig und wortlos nahm Lucinda die Pastete an. Vor lauter Rührung wusste sie gar nicht, was sie sagen sollte. Die Stille wurde immer länger. Maureen räusperte sich.
    »Oh, tut mir leid. Ich habe nur so gar nicht damit gerechnet, dass …« Lucinda lächelte die Besucherin an, immer noch gerührt über die Willkommensgeste. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Vielen Dank.«
    Maureen nickte und wandte dann den Blick ab. Dennoch bemerkte Lucinda, dass sie mit den Tränen kämpfte. Offensichtlich war sie nicht nur gekommen, um der neuen Frau des Hüters ihre Aufwartung zu machen.
    »Bitte kommen Sie doch herein«, bat Lucinda sie und gab die Tür frei. »Sie müssen die Unordnung entschuldigen, aber ich bin gerade dabei, die Folgen des Junggesellenlebens zu beseitigen.«
    Lucinda führte Maureen ins Wohnzimmer und beobachtete, wie ihre Blicke über die Kisten, die Spinnweben und den Kaminsims schweiften. »Ich war seit Jahren nicht mehr hier. Grit und Dove haben immer so wunderbare Feste veranstaltet.«
    »Dove?«
    »Grits Frau. Sie starb, als Gray vielleicht fünf Jahre alt war. Danach hat Grit nie wieder geheiratet.«
    »Es ist schrecklich, aber ich weiß so gut wie gar nichts über Grays Familie. Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen wollen.« Lucinda brachte die Pastete in die Küche. Sie wusste ja noch nicht einmal, wo Kaffee oder Tee standen – oder ob Gray überhaupt welchen dahatte. Nur Embers Tee stand immer noch auf dem Herd, und ein paar Tassen hatte sie ja schon gespült. Sie goss den Tee ein und stellte die Tassen in die Mikrowelle. Dann brachte sie sie ins Wohnzimmer.
    Maureen stand neben dem Kamin und betrachtete die Fotos. Sie drehte sich um, als Lucinda den Raum betrat. Verwirrung und Schmerz standen ihr ins Gesicht geschrieben.
    »In Nevermore ging es schon glücklicher zu«, stellte Maureen fest. Sie deutete auf eines der Bilder. »Dieses Foto wurde vor über zwanzig Jahren beim Winterfest aufgenommen. Damals wurde immer der Marktplatz geschmückt, und nach dem Gottesdienst wurde bis in die frühen Morgenstunden gegessen und getanzt und gefeiert.«
    »Das klingt toll.«
    »Das war es auch. Das sind Henry und ich, auf diesem Bild. Und das da ist Grays Mutter. Und Sarah und Edward Mooreland, bevor er die Stadt wegen … na ja, wegen einer anderen Frau verließ.« Sie lächelte. »Lara und Harley.

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