Eine Hochzeit zum verlieben
gegenüber nicht anzusprechen. Doch immerhin hatte er sie beleidigt und völlig zu Unrecht beschuldigt. Ganz bestimmt hatte sie keine Schulden von hunderttausend Pfund gemacht! Gabriella schüttelte den Kopf. „Nicht alle Frauen sind wie Angela.“
„Ach nein? Willst du etwa leugnen, dass du das ganze letzte Jahr versucht hast, dich mir an den Hals zu werfen?“
Angesichts seiner unverhohlenen Verachtung, die sie sich einfach nicht erklären konnte, schon gar nicht nach den körperlichen Intimitäten, die sie gerade getauscht hatten, brannten ihre Wangen. Es stimmte, sie hatte ihm schamlos nachgestellt, aber nicht um ihn auszunehmen, sondern weil sie sich auf den ersten Blick in ihn verliebt hatte.
„Und bestreitest du, dass du heute ganz allein hiergeblieben bist – mit dem festen Vorsatz, mich zu verführen?“
Auch das konnte sie nicht guten Gewissens leugnen. Aber sie verhielt sich doch nur so, weil er völlig immun gegen alle anderen Versuche war, ihm ihre Liebe zu zeigen.
Und nun kannte sie den Grund für sein abweisendes Verhalten. Er glaubte im Ernst, dass sie ihn nur wegen seines Geldes begehrte und dass ihre Mutter seinen Vater nur aus materieller Gier geheiratet hatte!
Entschieden schüttelte sie den Kopf. „Ich glaube kein Wort von dem, was du über meine Mutter gesagt hast.“
„Dann frag sie doch selbst“, konterte er herausfordernd. „Ich habe keine Ahnung, warum mein Vater sich überhaupt die Mühe gemacht hat, Heather zu heiraten, obwohl er sowieso schon dafür bezahlt …“ Als Gabriella ihm eine schallende Ohrfeige verpasste, verstummte er abrupt.
Rufus packte ihr Handgelenk und umklammerte es mit hartem Griff. In seinen Augen glitzerte eisige Wut. Sein Gesicht, auf dem sich rote Striemen abzeichneten, kam ihrem gefährlich nahe. „Mach das noch ein Mal, und du wirst es bitter bereuen. Das schwöre ich“, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
Mit blitzenden Augen hielt Gabriella seinem Blick unverwandt stand. Vor Aufregung ging ihr Atem rasch und flach. „Ich hasse dich!“
„Gut“, erwiderte er mit einem zufriedenen Unterton. „Vielleicht lehrt dich das, mich in Zukunft bei deiner Suche nach einem reichen Ehemann auszuklammern.“
„Ich würde mich dir nicht einmal mehr nähern, wenn du der letzte Mann auf Erden wärst!“
„Wie originell“, höhnte Rufus.
„Du bist ein Schuft, und ich hasse dich!“, erklärte Gabriella nachdrücklich, und dann machte sie auf dem Absatz kehrt und lief in die Villa.
Einige Minuten blieb Rufus aufgebracht am Rand des Swimmingpools stehen. Dann wirbelte er herum, tauchte mit einem Kopfsprung in das tiefe Wasser und genoss die erfrischende Kühle.
Gabriella hasst mich also.
Das ist gut so, dachte er. Aber warum verschaffte es ihm nicht die erhoffte Befriedigung?
1. KAPITEL
Fünf Jahre später begegneten sich Gabriella und Rufus gezwungenermaßen in einer Kanzlei. Nachdenklich musterte sie sein Gesicht und erkannte, wie sehr sie ihn noch immer hasste.
Sobald sie Platz genommen hatten, drängte der Anwalt David Brewster: „Wenn ich gleich zu den Konditionen von Mr. Greshams Letztem Willen kommen dürfte?“
„Ich bitte darum“, erwiderte Rufus in etwas angespanntem Ton.
Gabriella wusste, dass er ihr die Anwesenheit bei der Testamentsverlesung zutiefst verübelte. Ebenso wenig behagte ihm offensichtlich die Gegenwart seines jüngeren Cousins Toby – zumindest der Feindseligkeit nach zu urteilen, mit der die beiden Männer sich begrüßt hatten. Nach allem, was Toby ihr angetan hatte, konnte sie Rufus in diesem Punkt nur beipflichten.
Sie selbst litt mindestens ebenso darunter, hier zu sein, auch wenn Rufus das nicht geglaubt hätte.
Denn sie wünschte sehnlichst, James würde noch leben. Schon jetzt vermisste sie seine väterliche Zuneigung und die Ratschläge, die ihr unschätzbar lieb und teuer geworden waren, seit ihre Mutter vor einem Jahr gestorben war.
Dass Heather bei einem Autounfall starb, erschütterte James zutiefst. Von diesem Schicksalsschlag hatte er sich nie wirklich erholt. Sechs Monate später erlitt er einen Herz anfall und vor einem Monat einen weiteren, der zu seinem Tod führte.
Gabriella hätte viel dafür gegeben, wenn sie nicht zur Verlesung von James’ Testament in die Kanzlei zitiert worden wäre.
Seit sie und Rufus vor einigen Minuten getrennt eingetroffen waren, hatten sie kein Wort miteinander gewechselt. Wie sie auch in den letzten fünf Jahren nicht miteinander gesprochen
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