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Eine italienische Kindheit

Eine italienische Kindheit

Titel: Eine italienische Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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meisterliche Art die Verzweiflung der Dorfbewohner angesichts des «finsteren Vulkans», der «hinter einem großen Vorhang von Asche mit unterirdischem Grollen fünfhundert Meter hohe Feuerflammen in die Luft schleuderte».
    Das Haus, in dem ich geboren wurde und meine Kindheit verbrachte, lag mit der Schmalseite an einer breiten Allee, auf deren gegenüberliegenden Seite sich das größte Krankenhaus der Stadt befand. Es war ein dreistöckiges Haus, das in der soliden Art vergangener Zeiten gebaut war. Zu unserer Wohnung im ersten Stock gelangte man durch ein großes Tor am Ende des Gebäudes von einer Seitenstraße der Allee aus, an der die Längsseite des Hauses lag. Die Wohnung hatte fünf geräumige Zimmer, vor denen große Balkone lagen, und die hohen Fenstertüren, die auf diese Balkone führten, waren nach der typischen Art dieses Teils von Sizilien von weißem Sandstein eingerahmt. Das Schlafzimmer meiner Eltern lag am Ende eines langen Korridors. Es war das Eckzimmer und hatte deshalb zwei Balkone, von denen einer zur Seitengasse, der andere zur Allee hinausging. An einem der milden Winternachmittage, wie sie in Sizilien üblich sind, als ich gerade auf dem Hauptbalkon des elterlichen Schlafzimmers herumlümmelte und die Passanten auf der Allee beobachtete, geschah etwas sehr Merkwürdiges. Vom Trottoir aus befestigte plötzlich jemand einen langen, mit einem metallenen Haken versehenen Stab am eisernen Balkongeländer und schwang sich daran mit athletischen, geradezu akrobatischen Bewegungen, allein mit der Kraft seiner Hände hinauf, setzte über das Geländer hinweg und sprang auf den Balkon. Aus der Uniform, die er trug, schloss ich, dass es sich um einen deutschen Soldaten handeln musste.
    Es muss Ende des Jahres 1940 gewesen sein, fünf oder sechs Monate nachdem das mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündete faschistische Italien Frankreich und Großbritannien den Krieg erklärt hatte. Vor kurzemwaren einige deutsche Militäreinheiten in Sizilien eingetroffen, um die Italiener, die mit geringem Erfolg von der Kolonie Libyen aus in Nordafrika gegen die Briten kämpften, zu unterstützen. Zwischen Sizilien und Nordafrika besaßen die Engländer, die Ägypten besetzt hatten, mit der Insel Malta einen schwerbefestigten Luft- und Flottenstützpunkt, von dem aus sie den Kanal von Sizilien kontrollierten, die sizilianischen Städte bombardierten und die Seeverbindung nach Afrika immer schwieriger machten. Da es den Italienern nicht gelang, diesen bedrohlichen englischen Stützpunkt zu neutralisieren, beschlossen die deutschen Verbündeten, ihnen zur Hilfe zu kommen. Zunächst schickten sie nur ein paar Luftgeschwader, die Malta bombardieren sollten. Als sie dann seit Februar 1941 mit dem von General Erwin Rommel befehligten Afrikakorps auch in den nordafrikanischen Krieg eingriffen, um die Italiener aus ihrer bedrängten Lage zu befreien und zu versuchen, die Engländer aus Libyen zu vertreiben, kamen dazu auch Landtruppen nach Sizilien. Eine kleine Gruppe dieser Soldaten, die auf dem Durchmarsch waren, sieht man auf dem Foto unter den Palmen des Giardino Pubblico von Catania.
    Wenige Meter links von unserm Haus lag auf der anderen Seite der Allee eine große burgartige Villa mit einem zinnenbesetzten Turm. Sie war kurz vor meinem Erlebnis mit dem Eindringling beschlagnahmt worden, um dem deutschen Kommando als Sitz zu dienen. Auf dem Schulweg kam ich zweimal am Tag an dieser Villa vorbei, aber durch die eisernen Gitterstäbe des Tors konnte ich hinter den hohen Mauern, die den Park mit den großen schattigen Bäumen umgaben, nur zwei Wachtposten erspähen. Manchmal sah ich ein Auto hinein- oder herausfahren, aber die zweifelloswichtige Person darin konnte ich nie erkennen. Das Geheimnis von Villa und Auto wurde also jeden Tag interessanter. Der deutsche Soldat, der auf unseren Balkon gestiegen war, offenbar ein Pionier, sollte eine Telefonleitung am Geländer befestigen, um den Sitz des Kommandos mit dem nur wenige Kilometer von der Stadt entfernten Flughafen zu verbinden. Als er mit seiner Arbeit fertig war, bat er mich mit Gesten und ein paar Brocken Italienisch, ihm den Weg zum Ausgang zu zeigen. Ich führte ihn durch den langen Flur an den anderen Zimmern vorbei bis zur Eingangstür, durch die er die Wohnung verließ, die Treppe hinunterging, aus dem Tor schritt und über die Seitengasse zur Allee zurückkehrte. Hier nahm er den Stab mit dem Haken wieder an sich, an dem er hinaufgeklettert

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