Eine Krone für Alexander (German Edition)
er im Palastgarten, während Lysippos im
strahlenden Licht des Sommertages seine Skizzen anfertigte. Der berühmte Bildhauer
hatte den Auftrag erhalten, eine repräsentative Bronzestatue des Königs zu
schaffen.
„Ich habe dich rufen lassen, damit du es von mir selbst erfährst
und nicht durch irgendwelche Gerüchte“, sagte Philipp.
„Dafür ist es ein bisschen spät“, erwiderte Alexander bitter.
„Inzwischen pfeifen es schon die Spatzen von den Dächern.“
„Tatsächlich?“ Philipp tat erstaunt. „Da wissen die Viecher
mehr als ich, denn ich habe erst gestern eine Entscheidung gefällt. Morgen
werden die Herolde es offiziell verkünden. Die Hochzeit wird Ende des Monats
stattfinden.“
„So schnell? Du hast es wirklich eilig!“ Alexander warf
einen Blick auf den Bildhauer, der eifrig vor sich hin zeichnete. „Können wir
die Sache nicht unter vier Augen besprechen?“
„Wozu?“, wehrte Philipp ab, doch Lysippos ließ sofort die
Hand mit dem Zeichenstift sinken. „Wenn es recht ist, komme ich später wieder“,
sagte er. Der König nickte, und der Künstler packte seine Utensilien zusammen
und ging.
Philipp stieg umständlich von dem Podest herunter, wobei er
sein Himation zusammenraffte, um nicht auf den Saum zu treten. Unbeholfen
hinkte er zu der Kline, die für die Pausen des künstlerischen Schaffens im
Schatten bereitstand. Vorsichtig, um den sorgfältig gefalteten Stoff nicht zu
zerdrücken, ließ er sich darauf nieder und genehmigte sich einen Schluck Wein
aus dem Becher, der auf einem Tischchen bereitstand.
„Das tut gut! Das lange Modellstehen in der Sonne macht
durstig. Soll ich einen Becher für dich bringen lassen?“
„Nein.“
„Vielleicht solltest du doch lieber etwas trinken. Du siehst
mitgenommen aus.“ Philipp gab einem der Königsjungen, die sich unauffällig in
Sichtweite hielten, mit der Hand ein Zeichen. „Ich hoffe, du hast nicht vor,
mir wieder eine Szene zu machen wie damals, als ich Meda geheiratet habe.“
„Was erwartest du denn?“, fragte Alexander hitzig. „Wie soll
ich denn reagieren, wenn mein Vater meine Mutter beleidigt und sich selbst zum
Gespött macht, indem er in seinem Alter noch einmal heiratet?“
„Zuerst einmal: Niemand beleidigt deine Mutter! Du tust
geradezu so, als ob sie mit Schimpf und Schande vor die Tür gesetzt werden
soll. Ich versichere dir, das ist nicht der Fall. Olympias ist meine Gemahlin
und sie bleibt es. Es sei denn“, fügte Philipp mit süffisantem Grinsen hinzu,
„sie zieht es vor, mich zu verlassen, wo ich doch so unerträglich bin. Und zweitens:
Darf ich fragen, inwiefern ich mich deiner Ansicht nach zum Gespött mache?“
„Indem du aller Welt zeigst, dass du deine Leidenschaften
nicht unter Kontrolle hast. Indem du dich in deinem Alter noch in ein junges
Mädchen verliebst und es Hals über Kopf heiratest. Dabei gibt es in deinem
Palast jetzt schon fast so viele Frauen wie im Harem des Großkönigs.“
„Das dürfte stark übertrieben sein. Als ich das letzte Mal
nachgezählt habe, waren es nur vier“, erklärte Philipp mit einem gewissen
Stolz.
„Und Kleopatra wäre die fünfte. Das sind vier Ehefrauen mehr
als üblich.“
Philipp grinste anzüglich. „Als König hat man seine Privilegien.“
„Die Griechen betrachten die Polygamie als barbarische Sitte“,
erklärte Alexander in belehrendem Tonfall und zitierte zur Verdeutlichung ein
paar Verse aus der Andromache des Euripides.
„Ich bewundere deine Literaturkenntnisse, aber was die
Griechen denken, ist mir egal.“
„Seit wann denn das? Du lässt doch sonst keine Gelegenheit
aus, dich bei ihnen beliebt zu machen.“
„Mein Privatleben geht sie nichts an.“
„Sie werden trotzdem tratschen.“
„Sollen sie doch.“
„Wozu brauchst du überhaupt noch eine weitere Frau? In
deinem Alter?“
„Was heißt hier eigentlich immer: in meinem Alter?“, fragte
Philipp beleidigt. „Darf ich dich daran erinnern, dass ich erst fünfundvierzig
bin? Ja, ich habe mich ein bisschen in Kleopatra verguckt – warum regst du dich
auf? Das Ganze ist meine Privatsache und betrifft dich nicht.“
Der Königsjunge brachte einen Becher, und ein zweiter trug
einen Klappstuhl, den er umständlich aufstellte. Zähneknirschend wartete
Alexander, bis der Junge damit fertig und mit seinem Kameraden wieder verschwunden
war. „Es betrifft mich sehr wohl“, sagte er und setzte sich. „Es tangiert meine
Rechte als Thronfolger.“
Philipp, der sich entspannt auf
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