Eine Krone für Alexander (German Edition)
mich los!“, schrie Alexander. Er wand sich und zerrte
an den Armen seiner Freunde, bis alle zusammen zu Boden gingen und durcheinanderrollten.
Dabei gelang es ihm, einen Arm frei zu bekommen, und er verpasste Leonnatos
einen Schlag auf die Nase, während Hektor sich einen Tritt in den Magen
einhandelte. Dann gelang es Hephaistion, sich auf Alexanders Bauch zu setzen
und seine Schultern zu Boden zu drücken.
„Beruhige dich!“, keuchte er zwischen den Zähnen hervor.
Alexander zappelte und versuchte, ihn abzuwerfen. „Bei allen Göttern, beruhige
dich endlich!“
Laomedon und Hektor setzten sich auf seine Beine, Leonnatos
und Erigyios hielten seine Arme fest. Allmählich ließ sein Widerstand nach. Er
merkte, dass es keinen Sinn hatte, sich weiter zu wehren, zumal Amyntas längst
außer Reichweite war. „In Ordnung“, stieß er keuchend hervor. „Ihr könnt mich
loslassen.“
„Sicher?“, fragte Hephaistion.
„Sicher.“
Hephaistion stieg von ihm herunter, und die anderen ließen
ihn los. Alexander setzte sich auf und vergrub sein Gesicht in den Händen,
während seine Freunde schwer atmend um ihn herum auf dem Boden hockten. Leonnatos
wischte sich die blutende Nase. Dann beugte sich Hektor vor und übergab sich
geräuschvoll auf den Boden.
Alexander starrte ihn bestürzt an. „Es tut mir leid“,
flüsterte er, und er meinte damit nicht nur Hektor.
„Schon gut“, näselte Leonnatos. „Jeder kann verstehen, dass
du auf den Dreckskerl losgegangen bist.“
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Philotas von der Tür her.
Besorgt betrachtete er die Szenerie. Sein Blick fiel auf seinen Bruder, der auf
allen Vieren auf dem Boden kauerte, sein Erbrochenes vor sich. „Alles in Ordnung“,
bestätigte Hektor mit aschfahlem Gesicht.
„Hör nicht auf Amyntas!“, sagte Philotas zu Alexander. „Er
konnte dich noch nie leiden. Kein Mensch nimmt sein Gefasel ernst.“
Alexander stand auf, ging auf Philotas zu und packte ihn an
den Schultern. „Was hat er gemeint, als ihr ihn zur Tür rausgezerrt habt?“,
fragte er mit gefährlich leiser Stimme. Philotas wandte den Blick ab, doch
Alexander ließ nicht locker. „Ich werde nicht wieder ausrasten, aber ich will
es wissen. Was hat er gemeint?“
Widerstrebend sagte Philotas: „Er verbreitet überall, dass
Olympias dich für den Sohn des Zeus hält. Und auch, dass du selbst daran
glaubst. Er sagt, du bist verrückt geworden, genau wie deine Mutter.“
„Sagen das auch andere?“
Philotas nickte stumm.
Alexander ließ ihn los und sah seine Freunde an. „Habt ihr
davon gewusst?“
Hephaistion schüttelte den Kopf, doch zumindest die Gesichter
von Leonnatos und Hektor wirkten verlegen. Schließlich sagte Letzterer: „Vor
einiger Zeit sind Gerüchte aufgetaucht. Genauer gesagt, seit Attalos seine
Nichte nach Pella geholt hat.“
„Ich habe niemandem etwas gesagt.“
„Wie sollten die Leute sonst auf solche Ideen kommen?“
Olympias warf einen prüfenden Blick auf ihr Gesicht auf der
polierten Silberscheibe und befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge. Der Spiegel
war ein Familienerbstück, das sie bei ihrer Hochzeit aus Dodona mitgebracht
hatte. „Das ist nur das übliche Gerede. Es ist doch nichts Neues, dass die Frau
eines Königs verleumdet wird, um das Erbrecht ihrer Söhne infrage zu stellen.“
„Nein, das ist nichts Neues. Dummes Geschwätz muss ich mir
anhören, seit ich denken kann.“ Alexander dachte an den Tag zurück, an dem er
Kassandros verprügelt hatte, und an das Gespräch mit Lanika danach. „Aber das
hier ist etwas anderes. Wie sollte jemand auf so etwas Abwegiges kommen?“
„Vielleicht, weil es durchaus nicht so abwegig ist?“, fragte
Olympias mit selbstgefälligem Lächeln. „Für jeden ist offensichtlich, dass du
nicht der Sohn eines Sterblichen sein kannst.“ Sie drehte und wendete den Kopf,
um den Sitz ihrer Frisur zu begutachten.
„Mutter, du weißt, dass ich das nicht hören will“, presste
er durch die Zähne. „Du willst, dass ich König werde. Wieso verstehst du dann
nicht, dass dein Gerede mir schadet?“
Olympias zupfte an ein paar gekräuselten Strähnen, die aus ihrer
Frisur fielen. „Ich kann nur wiederholen, was ich gesagt habe: Von mir hat
dieser Amyntas seine Weisheit nicht. Ich habe niemandem etwas erzählt. Warum
sollte ich auch? Es ist eine Sache zwischen mir und dem Gott.“
„Was ist mit Gorgo und Pyrrha?“
„Sie sind meine Vertrauten.“
„Lanika?“
Olympias schnaubte verächtlich.
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