Eine Krone für Alexander (German Edition)
von dem Wein. Er ist
wirklich gut, es wäre schade, ihn umkommen zu lassen. Und dann versuchen wir,
das Problem einmal sachlich zu betrachten.“
Alexander setzte sich, nahm seinen Becher und nippte daran.
Philipp hatte recht, der Wein war hervorragend.
„Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen machst“, begann Philipp,
„aber sie sind unbegründet. Du bist mein anerkannter Erbe, daran habe ich nie
einen Zweifel gelassen. Doch was ist, wenn mir etwas zustoßen sollte – und dir
ebenfalls? Nächstes Jahr beginnt der Feldzug in Asien – wir könnten beide dabei
umkommen. Wer könnte dann die von dir so gefürchteten Thronwirren verhindern? Arrhidaios
bestimmt nicht. Amyntas vielleicht, aber die Verträge mit den Griechen
schließen nur meine Nachkommen ein, und bis jetzt hat Amyntas nur eine
Tochter.“
„Du widersprichst dir selbst. Vorhin hast du gesagt, die
Hochzeit habe keine politische Bedeutung, und jetzt tust du so, als ob du damit
nur das Staatswohl im Auge hast.“
„Ich war vorhin nicht ganz ehrlich“, gab Philipp zu. „Es ist
nicht leicht, darüber zu sprechen, was sein wird, wenn man erst tot ist. Aber
ich möchte nicht, dass du glaubst, ich könne vor lauter Geilheit nicht mehr
klar denken. Ich versichere dir, das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Und
deshalb sage ich es dir noch einmal: Der hier“, Philipp hob seine rechte Hand
und präsentierte den Ring daran, „wird eines Tages dir gehören. Du bist mein
designierter Erbe! Sollte Kleopatra mir einen Sohn schenken, wäre er nur der zweite
in der Reihe. Wenn nicht, bleibt Amyntas der Ersatzerbe wie bisher. Alles nur
für den Fall eines Falles, den wir beide uns nicht wünschen, den wir als
verantwortungsbewusste Fürsten aber in unsere Überlegungen mit einbeziehen.“
Alexander überlegte. „Ich glaube nicht, dass Attalos die
Sache so sieht. Der Mann hat ehrgeizige Pläne.“
„Attalos wird begreifen, wo sein Platz ist. Überlass es mir,
ihm das klarzumachen. Was dich selbst betrifft, so solltest du dich nicht gegen
mich aufhetzen lassen, nicht von Eurydika und nicht von deiner Mutter. Olympias
befürchtet, dass sie nicht mehr an erster Stelle unter meinen Frauen kommt,
wenn ich Kleopatra heirate. Doch das ist ihr Problem,
lass dich nicht hineinziehen. Und vor allem: Hindere sie daran, diese wilden
Gerüchte über deine Herkunft zu verbreiten. Wie gesagt, ich betrachte dich nach
wie vor als meinen Erben, aber ich werde nicht zulassen, dass Olympias mich zum
Gespött macht. Wenn sie nicht damit aufhört, bleibt mir irgendwann nichts
anderes mehr übrig, als die Konsequenzen zu ziehen, wie ungern auch immer.“
15
Die Unterkünfte der jungen Offiziere beim Palast erinnerten
Alexander stark an die der Königsjungen: die gleichen Baracken, die gleichen
Pritschen, ebenso schmal und vermutlich genauso hart wie in Mieza, eine
abgeschabte Holztruhe pro Mann für die Habseligkeiten und etwas Platz für die
Waffen. Der einzige Unterschied war, dass die Offiziere nicht in einem
Schlafsaal mit zwanzig Betten hausten, sondern ihren winzigen Verschlag mit nur
zwei Kameraden zu teilen brauchten.
Polemon war am Morgen aufgetaucht, atemlos, blass und verstört.
Er brauche dringend Hilfe, erklärte er, verlegen von einem Fuß auf den anderen
tretend. Da sein Bruder Attalos einer von Alexanders ältesten Freunden war,
hatte er sofort nach seiner Chlamys gegriffen und sich zu den
Soldatenunterkünften schleppen lassen. Polemon war inzwischen als Offizier zur
Phalanx versetzt worden. Offenbar hatte er sich damit nicht nennenswert
verbessert, dachte Alexander, als er sich in der schäbigen Unterkunft umsah.
Auf dem Boden neben der mittleren Pritsche kniete Polemons
Freund Alketas und beugte sich besorgt über die Gestalt, die auf ihr lag, auf
dem Bauch, das Gesicht vom Eingang abgewandt. Als er Alexander und Polemon hereinkommen
hörte, blickte Alketas auf. Er sagte nichts, aber sein Gesichtsausdruck war
ebenso besorgt wie der seines Freundes.
Alexander trat auf die andere Seite der Pritsche, beugte
sich herab und berührte die Schulter des Liegenden, der aufstöhnte und kurz
sein Gesicht hob, ehe er es schnell wieder abwendete. Dennoch hatte Alexander
erkannt, wer er war. Und auch, in welchem Zustand er sich befand.
Pausanias’ Gesicht war zerschlagen und großflächig verfärbt,
in einem schillernden Purpur, das sich, wie Alexander aus unguter Erfahrung
wusste, in kurzer Zeit in ein sattes Blauschwarz verwandeln würde. Die Augen
waren
Weitere Kostenlose Bücher