Eine Krone für Alexander (German Edition)
und
brachte einen Trinkspruch auf ihn aus, der von allen Anwesenden begeistert
aufgegriffen wurde. Kallisthenes strahlte vor Selbstzufriedenheit wie ein Hund,
der einen großen Knochen apportiert und nun die Erlaubnis erhalten hatte, ihn
sich in aller Ruhe einzuverleiben.
„Eine eindrucksvolle Rede“, lobte Antipatros, als
Kallisthenes sich am Tisch des Königs niederließ. „Ich bin sicher, wenn einen
Redner deines Kalibers unsere Sache in Athen vertreten würde, müssten wir uns
nicht ständig mit Demosthenes und seiner Bande herumärgern.“
Mit hörbarem Stolz sagte Aristoteles: „Mein Großneffe ist
nicht nur ein begnadeter Redner, sondern auch ein kompetenter Historiker. Er
hat bereits eine fundierte Darstellung der griechischen Geschichte verfasst,
vom Jahr des Königsfriedens bis zum Ausbruch des Heiligen Krieges gegen die Phoker.“
Er wandte sich an Alexander. „Kallisthenes ist eine hervorragende Wahl.“
Alexander lächelte. „Das hat er gerade bewiesen.“
Kallisthenes würde ihn als Hofhistoriograf nach Asien begleiten.
Nach seiner offiziellen Ernennung waren Theopompos und Anaximenes vor Neid fast
zerplatzt. Die beiden saßen in seltener Eintracht ein paar Klinen weiter und
verfolgten die Szene voller Eifersucht, fühlten sie sich doch mindestens ebenso
für den prestigeträchtigen Posten qualifiziert wie ihr gemeinsamer Konkurrent.
„Übrigens“, wechselte Aristoteles das Thema, „hast du schon
einen Blick in meine Schrift Über das Königtum werfen können?“
„Eine Schrift Über das Königtum?“, schaltete
Antipatros sich wieder ein. „Davon weiß ich ja gar nichts.“
„Es sollte eine Überraschung sein“, erklärte Aristoteles.
„Ich habe das Buch eigens für Alexander geschrieben und es ihm vor einigen
Tagen überreicht, sozusagen als mein Abschiedsgeschenk. Ich werde demnächst
nach Athen zurückkehren und dort eine eigene Schule gründen.“
Sie unterhielten sich noch eine Zeit lang über Aristoteles’
Zukunftspläne. Neben Antipatros lag sein Schwiegersohn, der inzwischen aus
Thrakien eingetroffen war. Am nächsten Morgen würde er zusammen mit der Armee
nach Asien aufbrechen, um während des Feldzugs mit verantwortungsvollen
Aufgaben betraut zu werden. Weder er noch Antipatros würden jemals erfahren,
dass einmal etwas anderes geplant gewesen war. Auch Amyntas, der Neffe des
Lynkesten, befand sich irgendwo im Saal. Er war nicht geflohen, sondern hatte
seinen Dienst als Offizier in der Armee wieder angetreten.
„Du wirst es nicht bereuen“, hatte er Alexander versichert.
„Stelle mich auf den gefährlichsten Posten in der Schlacht, und ich werde den
Fehler meines Bruders wiedergutmachen.“
Nach einiger Zeit stand Alexander auf und machte mit Hephaistion
die Runde durch die überfüllten Bankettsäle. Wohin immer er kam, wurde er von
Hochrufen und Trinksprüchen begrüßt. Er ging von einem Tisch zum andern,
unterhielt sich mit den Gästen, nahm ihre Glückwünsche entgegen. Er genoss den
Abend. Die Stimmung war gespannt und erwartungsvoll.
In einigen Sälen ging es deutlich lautstärker zu als dort,
wo Antipatros, Aristoteles und andere kultivierte Größen des Hofes für eine
halbwegs gepflegte Atmosphäre sorgten. Bei einem Trupp jüngerer Offiziere
machte Alexander halt.
„Auf unseren König“, brüllte Ptolemaios und schwenkte seinen
Becher, dass der Wein fast überschwappte.
„Auf die großartige Zukunft, die uns unter seiner Führung
bevorsteht“, nahm Perdikkas den Spruch auf.
Alexander hob den ihm angebotenen Becher und trank. Dann
ließ er sich auf einer der Klinen nieder. „Was macht die Schulter?“
Die Wunde, die Perdikkas sich beim Sturm auf Theben zugezogen
hatte, hatte lange nicht richtig heilen wollen. „Ist so gut wie neu“, beteuerte
er nichtsdestotrotz.
„Warum trägst du dann immer noch den Arm in der Schlinge?“,
stichelte Ptolemaios.
Perdikkas wurde rot. „Ärztliche Anweisung“, murmelte er.
„Ihr wisst ja, wie die Quacksalber sind.“
„Unsinn“, brüllte Philotas. „Er hat nur gemerkt, dass er in
seiner Rolle als versehrter Kriegsheld ungeahnten Erfolg bei den Frauen hat.“
„Was heißt hier ungeahnt? Als ob ich den nicht schon immer
hatte!“ Perdikkas tat beleidigt, dann grinste er. „Allerdings gebe ich zu, dass
so eine Armschlinge nicht schlecht ist. Solltest du auch mal versuchen,
vielleicht kommst du dann endlich mal zum Zug.“
„Die faulen Tricks überlasse ich lieber dir, ich habe so was
nicht
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