Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
London sehen.
Heute kann man schon fast alles lesen. Nicht nur, was an den Wänden
steht, sondern auch, was in den Büchern steht. Dabei sind die Zeichen in den Büchern
lange nicht so deutlich. Die alten Ägypter haben wirklich schon Bücher gehabt.
Zwar nicht aus Papier, aber aus einer Art Nilschilf, das auf Griechisch Papyros
heißt. Daher kommt unser Wort Papier.
Man hat auf lange Streifen geschrieben und diese Streifen dann
gerollt. Eine Menge solcher Bücherrollen sind erhalten, und in ihnen liest man
jetzt vieles und sieht immer mehr, was für weise und kluge Leute die alten
Ägypter waren. Willst du einen Spruch hören, den einer vor 5000 Jahren
aufgeschrieben hat? Aber du musst ein bisschen aufpassen und gut darüber
nachdenken: »Weise Worte sind seltener als der grüne Edelstein, und doch hört
man sie von den armen Mägden, die die Mühlsteine drehen.«
Weil die Ägypter so weise und so mächtig waren, hat ihr Reich lange
bestanden. Länger als bisher irgendein anderes Reich. Fast 3000 Jahre lang. Und
wie sie die Leichen sorgfältig aufbewahrt haben, damit sie nicht zerfallen, so
haben sie auch die alten Sitten und Bräuche streng bewahrt durch die
Jahrtausende. Ihre Priester achteten genau darauf, dass die Söhne nichts taten,
was nicht die Väter schon getan hatten. Alles Alte war ihnen heilig.
Nur zweimal im Lauf der ganzen langen Zeit haben sich Leute gegen
dieses strenge Einerlei gewendet. Einmal, kurz nach König Cheops, um 2100 vor
Christus, haben die Untertanen selbst versucht, alles zu ändern. Sie haben sich
gegen den Pharao erhoben, seine Aufseher umgebracht und die Mumien aus den
Gräbern gezerrt. »Die früher nicht einmal Sandalen hatten, besitzen jetzt
Schätze, und die früher schöne Gewänder besaßen, gehen jetzt in Lumpen«,
erzählt eine alte Papyrusrolle. »Das Land dreht sich um wie eine
Töpferscheibe.« Aber das dauerte nicht sehr lange, bald war wieder alles beim
Alten. Vielleicht ging es noch strenger zu als vorher.
Ein zweites Mal hat ein Pharao selbst versucht, alles zu ändern. Er
war ein merkwürdiger Mann, dieser Pharao Echnaton, der um 1370 vor Christi
Geburt gelebt hat. Der ägyptische Glaube mit seinen vielen Göttern und
geheimnisvollen Bräuchen kam ihm unwahrscheinlich vor. »Es gibt nur einen
Gott«, hat er sein Volk gelehrt, »das ist die Sonne, deren Strahlen alles
schaffen und alles erhalten. Zu ihr nur dürft ihr beten.«
Die alten Tempel wurden geschlossen, und König Echnaton zog mit
seiner Frau in einen neuen Palast. Weil er überhaupt gegen das Alte war und für
neue schöne Ideen, hat er auch die Bilder in seinem Palast in ganz neuer Art
malen lassen. Nicht mehr so streng und steif und feierlich wie früher, sondern
ganz natürlich und ungezwungen. Das alles war den Leuten aber gar nicht recht.
Sie wollten es so sehen, wie sie es jahrtausendelang gesehen hatten. Und so
kehrten sie auch sehr bald nach dem Tod des Echnaton wieder zu den alten Sitten
und zu der alten Kunst zurück, und so blieb alles beim Alten, solange das
ägyptische Reich überhaupt bestanden hat. Wie zur Zeit des Königs Menes begrub
man noch fast dreieinhalb Jahrtausende lang die Menschen als Mumien, schrieb in
Hieroglyphen, betete zu den gleichen Göttern. Auch die Katzen verehrte man
weiter als heilige Tiere. Und wenn du mich fragst,
finde ich, dass die alten Ägypter darin wenigstens
recht gehabt haben.
Sonntag, Montag …
Die Woche hat sieben Tage. Die heißen … das weißt
du ja! Aber wahrscheinlich weißt du nicht, seit wann die Tage nicht mehr wie
für die Urmenschen einer hinter dem anderen herlaufen, ohne Namen und ohne
Reihenfolge. Wer sie in Wochen zusammenfasste und jedem einen Namen gab. Das
geschah nicht in Ägypten. Das geschah in einem anderen Land. Heiß war es dort
auch. Und statt eines Stromes, dem Nil, gab es dort sogar zwei: Euphrat und
Tigris. Man nennt das Land darum Zweistromland. Und weil das wichtige Land zwischen den zwei
Strömen liegt, sagt man auch Zwischenstromland, oder mit dem griechischen Wort:
Mesopotamien. Dieses Mesopotamien liegt nicht in Afrika, sondern in Asien, aber
nicht allzu weit von unseren Gegenden. Es liegt in Vorderasien. Die beiden
Flüsse Euphrat und Tigris münden in den Persischen Golf.
Du musst dir eine weite, weite Ebene vorstellen, durch die diese Flüsse
strömen. Es ist heiß und sumpfig, und manchmal überschwemmen die Wasser auch
das Land. In dieser Ebene sieht man heute hier und da große Hügel, aber es sind
keine
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