Eine Leiche im Badehaus
wackeligen Cherub hielt. Sein praller Popo und der anzügliche Blick waren an dieses abgebrühte Mädchen verschwendet. »Er hat ihn uns als Teil der Innendekoration für die neuen Räume oben hingestellt.«
»Wie passend.« Ich gebe zu, dass ich spöttisch klang. Obere Räume in Kaschemmen dienen nur einem einzigen Zweck, wie jeder weiß. Ich schaute das Mädchen an. »Wirst du da auch arbeiten?«
Sie war zu jung, um sich derart gemein beleidigen zu lassen, aber vielleicht brachte es sie zum Nachdenken. Der Wirt hatte bestimmt schon eine Beförderung für sie im Sinn. Britannien wurde kultiviert; Krankheit und Moralverfall würden folgen.
»Ganz sicher nicht!« Ihre Entrüstung klang echt. Der Wirt hatte ihr noch nichts von seinem Vorhaben gesagt.
»Oh, du wirst es schwer finden, kreischend deine Unschuld zu beteuern, sobald die Treppe gebaut ist. Treppen in Weinschenken führen in Privaträume – und Gäste glauben, Räume über einer Schenke dienen nur einem einzigen Zweck.« In Rom werden Kellnerinnen offiziell als Prostituierte bezeichnet. Ihr Beruf gehört zu den berüchtigten.
»Das ist Verleumdung!«, fauchte Virginia. Die Rechtstutoren waren also auch schon eingetroffen. Seltsam, wie rasch Barbaren lernen, Basilicagerichte als Drohung zu benutzen. »Ich bin eine anständige Frau.«
Ich schaute zu Larius und lachte. »Nein. Du hast mit meinem Neffen geschlafen, Schätzchen. Er ist verheiratet. Tja, ich bin auch verheiratet. Wir sind alle verheiratet, bis auf den Hochnäsigen.«
Der Cupido fiel wieder um.
»Schieb was drunter«, murmelte Aelianus. Larius brach einen Holzsplitter von einem Tischrand ab und folgte Aelianus’ Anweisung. »Das Ding spinnt schon wieder. Es muss absolut gerade stehen, sonst kippt es dauernd um.«
»Nicht die beste Erfindung Herons von Alexandria?«, spottete ich. Der Cupido war zu kopflastig.
»Nein, von Sextius persönlich«, knurrte Aelianus und gab der Statue einen scharfen Hieb in den Bauch. Sie reagierte mit einem verärgerten Klirren.
Unser kurzer Ausflug in die Kunstkritik war nicht folgenlos geblieben. Ein Mann erschien aus einem Nebenraum, um seinen Becher nachfüllen zu lassen. Er sah, wie Larius versuchte die Statue aufzurichten, und wollte sie ihm sofort andrehen.
»Eine hübsche Bronzearbeit, fühlen Sie mal; absolut echt. Schauen Sie sich die wunderbare Patina an. Dauert Jahre, die hinzubekommen, wissen Sie.«
Larius trat alarmiert zurück. Er hatte genug Hausierer erlebt, um zu wissen, dass seine Geldbörse in Gefahr war. Aelianus rammte mit finsterem Blick den Tisch des Cupido in eine Ecke, wo er das Bronzeungetüm aufrecht gegen die Wand lehnte. Justinus hielt immer noch ungeduldig die Eingangstür auf. Er wartete, dass wir anderen endlich kamen. »Im Namen der Götter, Marcus, wir müssen los!«
Aber ich betrachtete den Neuankömmling.
Das musste der Bauunternehmer sein. Er war irgendwas zwischen vierzig und fünfzig und hatte das meiste Haar verloren. Sein Benehmen war städtisch genug, dass er von außerhalb Britanniens stammen musste. Wie alle Bauunternehmer trug er eine schmuddelige übergroße Tunika, zerknittert über dem Bauch, mit losen Ärmeln und einem weiten Halsausschnitt. Sie kleiden sich gern in alte Sachen, denen Staub und schwere Arbeit nichts anhaben können – trotz der Tatsache, dass sie auf einer Baustelle nie den Finger rühren. Die Tunika bauschte sich unordentlich über einem zerkratzten Gürtel. Nur die Stiefel waren einiges wert und sogar repariert worden.
Er brauchte dringend einen Haarschnitt und eine Rasur. Er war einer der Männer, die aussehen, als würden sie nie sesshaft werden, aber einen dicken Ehering tragen. Vermutlich hatte ihm den eine Frau über den Finger gestreift, aber ob sie danach noch bei ihm geblieben war, das war eine andere Frage. Gut gebaut, zumindest um die Mitte herum, konnte er durchaus wohlhabend sein. Er hatte eine direkte, freundliche Art.
Mein Starren war ihm aufgefallen. »Kenne ich Sie, Legat?«
»Wir sind uns nie begegnet.« Allerdings wusste ich eine Menge über ihn. Ich ging auf ihn zu und streckte die Hand aus. Er ergriff sie und schenkte mir ein sympathisches Lächeln. Sein Handschlag war fest. Nicht so fest wie meiner.
»Falco!«, drängte Justinus von der Tür her. Als er meinen Namen hörte, spürte ich, wie der Griff des Bauunternehmers schlaff wurde. Er wollte sich zurückziehen. Ich hielt seine Hand grimmig fest.
»Das bin ich«, bestätigte ich mit einem Lächeln. »Falco.
Weitere Kostenlose Bücher