Eine Leiche im Badehaus
auch weiter mit denselben Drecksäcken zusammenarbeiten müssen.
»Subunternehmer und Zulieferer?«
»Total zugeknöpft.« Auch die halten zusammen.
»Die Kerle wollten uns nicht mal sagen, wer vermisst wird«, meinte Aelianus finster.
»Hm.« Ich schenkte ihm ein ernstes Halblächeln. »Versuch’s mal damit: Der Tote ist ein Fliesenleger namens Stephanus.« Aelianus warf Justinus einen Blick zu, bis ihm einfiel, dass sie ja über Kreuz waren. Ich hielt inne, um zu zeigen, dass ich die Reaktion bemerkt hatte. »Er war vierunddreißig, hatte einen Bart, kein besonders auffälliges Aussehen. Er hatte einen zweijährigen Sohn von einer Kellnerin und war bekannt dafür, leicht in Wut zu geraten. Gloccus hielt er für einen Scheißkerl, der ihn um seinen Lohn der vergangenen Woche betrogen hatte. Am Tag seines Verschwindens war Stephanus in abgetragenen, aber immer noch anständigen Arbeitsstiefeln mit schwarzen Riemen zur Arbeit gegangen, einer davon gerade erst repariert.«
Einen Moment lang schwiegen sie. Justinus kapierte es als Erster. »Die Kellnerin fand heraus, dass du an dem Mordfall arbeitest, und kam, um sich bei dir nach dem vermissten Vater ihres Sohnes zu erkundigen?«
»Kluger Junge. Und zur Feier des Tages bist du dran, uns was zu trinken zu spendieren.«
»Vergiss es!«, rief Justinus lachend. »Ich habe eine junge Ehefrau, die der Meinung ist, es sei Zeit, bei meinen Eltern auszuziehen, und ich habe keine Ersparnisse.«
Das Haus des Senators an der Porta Capena war ziemlich weiträumig, aber je mehr Räume, desto mehr Möglichkeiten für einen Streit. Ich wusste, auch Aelianus hielt es für an der Zeit, dass sein Bruder und Claudia auszogen. Was ja auch kein Wunder war. »Wir werden an dieser Sache nicht viel verdienen, Falco, nicht wahr?« Er wollte Justinus leiden lassen.
»Nein.«
»Ich betrachte es als eine Orientierungserfahrung«, philosophierte Aelianus.
»Aulus«, knurrte sein Bruder, »du bist so aufgeblasen, dass du wirklich im Senat sein solltest.«
Ich trat rasch dazwischen. »Bei Ermittlungen geht es darum, sich tagelang mit lästigen Arbeiten abzuplagen, während man sich nach dem großen Fall sehnt. Verzweifelt nicht«, hänselte ich sie fröhlich. » Einen großen Fall hab ich mal gehabt.«
Ich gab ihnen ein paar Anhaltspunkte, wie sie weiter vorgehen sollten, doch sie verloren bereits den Mut. Genau wie ich. Am besten wäre es, die Sache fallen zu lassen, aber unsere Notizen in Reichweite unter dem Bett zu verstauen. Eines Tages würden Gloccus und Cotta nach Rom zurückkehren. Das machen diese Typen immer.
Während meine Laufburschen unseren wenig anregenden Hinweisen nachgingen, widmete ich mich Familienangelegenheiten. Eine freudlose Aufgabe betraf meine Schwester Maia; ich kündigte das Mietverhältnis für das Haus, das Anacrites verwüstet hatte. Nachdem ich dem Vermieter die Schlüssel zurückgegeben hatte, ging ich auch weiterhin dort vorbei und hielt Wache. Wenn ich Anacrites in der Gegend hätte herumlungern sehen, hätte ich ihn aufgespießt, über dem Feuer geröstet und den streunenden Hunden zum Fraß vorgeworfen.
Aber es passierte sogar etwas Schlimmeres. Eines Abends entdeckte ich eine Frau, die mir bekannt war, im Gespräch mit einer von Maias Nachbarinnen. Ich hatte ein paar vertrauenswürdigen Leuten erzählt, dass meine Schwester an einen sicheren Ort gezogen sei, ohne dabei zu sagen, wohin. Ihre Freunde verstanden die Situation. Niemand würde einem unbekannten Fragesteller weiterhelfen. Maias Nachbarin schüttelte jetzt wenig hilfsbereit den Kopf.
Aber ich kannte diese Person. Sie besaß gefährliche Fähigkeiten. Ihre bezahlte Aufgabe bestand darin, Menschen zu finden, die im Verborgenen zu bleiben versuchen. Falls sie die Menschen fand – das heißt, wenn sie sie fand –, war das für diejenigen immer bedauernswert.
Die Frau hieß Perella. Ihr Auftauchen bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen – Anacrites ließ das Haus beobachten. Und er hatte eine seiner besten Kräfte dafür eingesetzt. Perella mochte zwar wie ein plumpes, harmloses Bündel aussehen, das nur hinter weiblichem Klatsch her war, und sie hatte ihre besten Jahre hinter sich, daran gab es nichts zu rütteln, aber unter dem dunklen, formlosen Gewand befand sich der Körper einer professionellen Tänzerin, athletisch und zäh wie geteerter Zwirn. Ihre Intelligenz würde die meisten Männer in den Schatten stellen, ihre Beharrlichkeit und ihr Mut jagten sogar mir Angst
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