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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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überließen es Claude zu versuchen, alles zu vertuschen.
    Olivia wartete auf dem Podium. Es gab ein großes Geflüster, als sich Hamilton nach den Erwartungen des Publikums an die falsche Seite des Tischs setzte, dorthin, wo ein Prince nicht sitzen sollte, und die Scheinwerfer der Kameras richteten sich auf uns. Larry, der Jurastudent, blickte von seiner Aktentasche auf und runzelte die Stirn. Irgendein Amtsträger – der Bürgermeister oder sonst ein Großmotz von Denmark – gebot Schweigen und versprach, dass sie alle Antworten bekämen. Ich hoffte dasselbe. Dem rechtmäßigen Anwalt von Elsinore Paper International wurde das Wort erteilt und das Duell nahm seinen Lauf.
    »Lassen Sie mich aus den jüngsten Untersuchungsberichten der Umweltbehörde zitieren«, sagte Larry und hielt ein paar offiziell wirkende Papiere hoch, »die feststellen, dass Elsinore die Umweltbestimmungen einhält und sogar überbietet.« Aus dem Publikum kam ungläubiges Gemurmel.
    »W o sind diese Untersuchungen durchgeführt worden«, unterbrach Hamilton, »flussaufwärts oder weiter unten?«
    »An unterschiedlichen Standorten, gemäß den Vorschriften der Regierung«, erklärte Larry. »Der genaue Standort der einzelnen Untersuchung tut nichts zur Sache. Wenn alle zusammengenommen werden …«
    Hamilton hielt einen Styroporbecher mit Kaffee und ein Glas mit Wasser hoch.
    »Tut nichts zur Sache? Das hier ist sauber.« Er hob das Glas mit Wasser noch höher. »Und dieser Kaffee ist schmutzig. Du prüfst das Wasser und bestehst. Du prüfst den Kaffee und fällst durch. Du ermittelst den Durchschnitt …« Hamilton goss Kaffee in das Glas mit Wasser, das eine weniger klare hellbraune Farbe annahm. »Du ermittelst den Durchschnitt und erhältst etwas, mit dem du gerade noch bestehst. Aber was ist mit diesem Teil?«, fragte er, hielt den Becher schräg und zeigte ihm so dem Publikum. »Sieht das für Sie sauber aus?« Die Menge brach in Beifall aus und plötzlich wurde Hamilton vom Bösewicht zum Champion.
    Larry rückte seinen Schlips gerade. »Elsinore hat die Umweltbestimmungen der Regierung eingehalten und sogar überboten«, wiederholte er und erntete Buhrufe aus dem Publikum.
    »W as meinst du mit überboten?«, fragte Hamilton.
    »Ich meine damit, dass Elsinore tatsächlich mehr Untersuchungen durchgeführt hat, als vom Gesetz verlangt wird. Die Umweltbehörde fordert, dass sie zweimal jährlich durchzuführen sind. Claude Prince hat allein in den letzten sechs Monaten mehr als ein Dutzend Mal Proben entnommen.«
    Ich bemühte mich, Claude im Publikum zu entdecken. Er saß gleich vorne und sah aus, als hätte er mehrere Liter aus dem Copenhagen River getrunken. Unsere Blicke trafen sich und ich zeigte ihm meine beste Imitation seines verlogenen Lächelns und albernen Winkens.
    »Mein Onkel hat Dutzende von Proben genommen? Er war der verantwortliche Chemiker bei Elsinore zur Überprüfung der Umweltverschmutzung?«
    »Ja«, sagte Larry, froh darüber, sein Argument auch belegen zu können. »Seine Unterschrift befindet sich auf jedem dieser Dokumente.«
    Claude blickte sich um. Ohne Zweifel plante er schon insgeheim seine Fluchtroute. Ich hoffte, dass eines der Kamerateams seine Reaktionen festhielt. Von diesem Band würde ich gerne eine Kopie kaufen, damit ich es mir ansehen könnte, wenn ich einmal so richtig herzlich lachen wollte.
    »Also, Claude Prince hatte die Möglichkeiten zur Verfügung, Dioxin zu untersuchen – und diese chemische Verbindung im Labor der Fabrik zu separieren.«
    »Also … ja. Aber ich verstehe nicht, worauf du damit hinauswillst.«
    Das war mein Stichwort. Ich trat auf das Podium und fächerte die Krankenberichte von Hamiltons Vater vor mir auf.
    »Jeder von uns hat ungefähr fünf bis zehn Teile pro Billion an Dioxin im Körper«, erklärte ich. »Eine Woche, bevor Rex Prince starb, hat sein Arzt die zweitausendfache Menge davon in seinem Körper gefunden.« Ich wandte mich an Larry. »Also wer, hast du gesagt, hat all das Dioxin getestet?«
    Die Veranstaltung in der Stadthalle über Umweltverschmutzung war plötzlich zu einem spontanen Mordprozess geworden und das Publikum ging wunderbar mit. Empörte Schreie stiegen aus der Menge auf, als die Schlaueren es denen erklärten, die nicht so schnell von Begriff waren: Claude Prince hatte seinen Bruder mit den Dioxinproben vergiftet, die er aus dem Fluss entnommen hatte. Trudy Prince stand auf. In bestimmter Hinsicht musste auch sie sich vergiftet vorkommen.

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