Eine Luege ist nicht genug
Mir fiel auf, dass Claude ihr diesmal nicht zur Seite eilte. Er stürmte irgendwo anders hin.
Die Scheinwerfer der Kameras fingen Claude ein, der schon aufgesprungen war und zum Ausgang hastete. Dort schnappte Miranda ihn sich; meine Schwester von der Polizei in Knoxville. Ihr hatte einer meiner Anrufe gestern gegolten, und dann war sie die ganze Nacht gefahren, um heute hier zu sein. Sie war so cool wie nur was. Es freute mich zu sehen, dass sie ein paar Männer von der Staatspolizei bei sich hatte.
»Trudy«, flehte Claude. »Das stimmt nicht. Du musst mir glauben. Das ist nur so eine verrückte Geschichte!«
»Dann hilft das vielleicht«, sagte ich und machte Olivia ein Zeichen. Sie gab mir die blecherne Kaffeedose aus ihrem Rucksack und ich holte das Videoband aus der Werksschutzkamera heraus. »Das ist ein Video von Hamiltons Vater, auf dem er erzählt, dass er vergiftet wird. Und das hier«, sagte ich und nahm eine Flasche heraus, die in einem riesigen Plastikumschlag versiegelt war, »ist die Flasche Johnnie Walker Black Label, von der Rex Hamilton an dem Freitagabend getrunken hat, bevor er gestorben ist. Ich vermute, dass sie mit Dioxin angereichert ist, genau wie die anderen, die er in den letzten Monaten seines Lebens getrunken hat.«
Motiv, Mittel, Gelegenheit. Ich hatte alles zusammen.
»Das stimmt nicht!«, protestierte Claude. »Ich werde verleumdet!«
»Etwa, weil Sie denken, Sie wären die richtige Flasche losgeworden?«, fragte ich ihn. »Die Flasche, die Sie am Samstagnachmittag aus dem Schrank genommen haben, war ganz neu. Ich hab nur die Hälfte ausgekippt, damit sie so aussieht wie diese hier. Die richtige hatte ich mir schon geschnappt – und darauf geachtet, nicht irgendwelche Fingerabdrücke zu verwischen.«
Die Veranstaltung in der Stadthalle verwandelte sich nun in das totale Chaos. Die Kamerateams trennten sich. Das eine kümmerte sich um Claudes Verhaftung, und das andere interviewte mich, Hamilton und Olivia.
»Ich bin einfach froh, dass der Mörder meines Vaters nun seine gerechte Strafe bekommt«, erzählte Hamilton einem Reporter. »Und jetzt, wo ans Licht gekommen ist, wie Elsinore mit der Umwelt Schindluder getrieben hat, verspreche ich als zukünftiger Besitzer, alles zu tun, was nötig ist, um den Copenhagen River zu säubern und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Natürlich zusammen mit der engagierten Unterstützung der örtlichen Aktivisten wie Olivia Mendelsohn.«
Olivia griff ihn sich und küsste ihn, lieb und unerbittlich, und die Kamera filmte alles. Sie waren wieder zusammen – vielleicht für immer –, und um dieses Band würde ich die Fernsehgesellschaft nicht bitten. Ich machte mich zu meiner Schwester auf. Dabei stieß ich auf Ford N. Branff und Candy, den Cowboy, die gerade zusammen den Saal verlassen wollten.
»Es hat den Anschein, als hätte Hamilton es sich anders überlegt«, bemerkte Branff.
»Ja, ich denke mal, dass er letzten Endes die Sache doch halten will. Tut mir leid.«
Er seufzte. »Na, es gibt immer noch andere Firmen zu erobern.«
Candy nickte mir kurz zu, als sie gingen. »Ciao, pescado.«
Miranda beendete gerade ihr Gespräch mit einem der Staatspolizisten, als ich auftauchte und ihr die Flasche und das Videoband gab.
»V erdammt, Horatio, also wenn du mal nicht gerne Bewegung in die Dinge bringst.«
»Meinst du, das reicht?«, fragte ich.
Miranda zuckte mit den Schultern. »Für versuchten Mord vielleicht. Aber es dürfte sehr schwer sein, ihn auf ›Mord durch Krebs‹ festzunageln.«
»V ersuchter Mord ist nicht genug, aber das geht auch.«
»Gut, dann sage ich dem Richter, dass du damit einverstanden wärst«, sagte sie spöttisch. »Ach, und dann willst du vielleicht noch wissen, dass die beiden Opfer in dem brennenden Auto durch einen behelfsmäßigen Regler umgebracht worden sind, der so eingestellt war, dass er explodierte, wenn der Wagen eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht hat. Ein ähnliches Ding wird bei Lastern eingebaut, wenn sie sich an eine Höchstgeschwindigkeit halten sollen.«
Ich nickte. »Claude war auch mal Mechaniker bei Elsinore Paper. Er wusste, wie das geht.«
Miranda schüttelte den Kopf. »Erinner mich daran, dich anzurufen, wenn ich in der nächsten Zeit eine Leiche finde.«
»Ich nehme hundert Dollar den Tag plus Spesen«, informierte ich sie. Auf der anderen Seite des Raums sah ich Hamilton und Olivia Arm in Arm noch immer in die Kameras sprechen. »Es sei denn, du bist ein
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