Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
Elena nur mal eben schnell aufs Klo gegangen, aber da
war sie auch nicht!
Gaia wurde bleich und schoss
hinter der Theke hervor.
„Ich hab sie nicht rausgehen
sehen, sie muss noch hier drin sein – Elena!“, schrie sie, nun ebenfalls einer
Panik nahe, da im ganzen Lokal, das nicht sonderlich groß war, keine Spur von
Elena zu finden war. Nun wurden langsam auch die Umstehenden aufmerksam, doch
keiner von ihnen hatte gesehen, ob und wann das Kind den Raum verlassen hatte.
„Sie muss draußen sein, verdammt,
wie hat sie das nur gemacht, dass keiner sie gesehen hat!“ Gaia griff nach
ihrer Regenjacke und wollte losstürmen, doch ihr Mann hielt sie fest.
„Bleib du hier und sag den
Carabinieri und den Leuten vom Zivilschutz Bescheid. Ich werd sie in der
Zwischenzeit schon finden!“, versuchte er hastig, ihr ein wenig Mut zu machen.
„Ich komme mit!“
Lara war außer sich. Es war ihre
Schuld, es war unverzeihlich, sie hatte nicht aufgepasst! Sie zitterte am
ganzen Körper und ihre Finger waren mit einem Mal eiskalt, so viel Adrenalin
raste durch ihre Adern. Michele widersprach ihr nicht, als sie hinter ihm her
nach draußen schoss.
Inzwischen war es dunkel
geworden, es goss in Strömen und der Wind peitschte durch die Bogengänge des
Schlosshofes.
Lara lief hinter Michele her. Auf
dieser Seite der Piazza war nichts zu sehen. Er lief um die geparkten Autos
herum, Lara nahm sich die andere Seite vor. Nichts. Die beiden sahen sich an.
Dann rannten sie wie auf Kommando durch die Durchfahrt, die zwischen den
Geschäften hinaus zu dem kleinen Park und zur Dammstraße führte. Hinter der
Passage begann die von hohem Gras bewachsene Böschung anzusteigen und Lara
kämpfte sich hinter ihm hastig nach oben, rutschte immer wieder auf dem nassen
Gras aus, fiel hin, rappelte sich wieder auf und kam schließlich keuchend und
hustend oben neben Michele an.
Michele hatte inne gehalten und
starrte angespannt in die Dunkelheit. Der Wind zerrte erbarmungslos an ihren
Kleidern und Lara hielt sich schützend die Hand vor die Augen, um durch den
dichten Regen etwas zu erkennen.
„Elena“, schrie sie mehrmals
gegen den Wind an. „Elena, wo bist du?“
Sie bekam keine Antwort, nur
Michele neben ihr atmete heftig.
„Sieh mal, da vorne! Ist sie das?“
Angestrengt versuchten sie, die
Dunkelheit und den Regen zu durchdringen, während dicht neben ihren Füßen das
Wasser an ihnen vorbei rauschte. Beide spurteten los, doch Lara konnte mit
Michele nicht Schritt halten. Als sie sich dem kleinen Schatten näherten,
erkannte sie tatsächlich Elena, die übermütig von einer Pfütze zur nächsten
sprang. Das Wasser war nur wenige Zentimeter von ihren Füßen entfernt und der
Sturm zerrte gefährlich heftig an der kleinen Gestalt. Michele rief noch einmal
ihren Namen und die Kleine drehte sich um. In diesem Moment war er bei ihr und riss
sie in seine Arme.
An die folgenden Minuten sollte
Lara sich später nur noch schemenhaft erinnern.
Zwischen der Straße und der
schräg zum Ufer hin abfallenden Mauer des Dammes wuchs ein Streifen Gras, der
an manchen Stellen etwa einen Meter, ansonsten nur fußbreit war. Das Gras war
nass und glitschig vom Regen. Lara, die direkt hinter Michele abrupt abbremste,
fand sich plötzlich seitlich auf dem Allerwertesten sitzend an der Kante der
Böschung wieder. Es hatte ihr einfach die Füße weggezogen, die nun bis über die
Knie ins Wasser baumelten.
Sie spürte, wie die Strömung an
ihren Beinen zerrte und sie langsam, wie in Zeitlupe, immer weiter die schräge
Mauer hinunterrutschte. Das eiskalte Wasser drang durch ihre Kleider und sie stieß
einen Schreckensschrei aus. Verbissen versuchte sie, sich mit klamm werdenden
Fingern im kurzen Gras festzuhalten.
Mittlerweile war eine Handvoll
Männer bei ihnen angekommen, die den Vorfall mitbekommen hatten, und kümmerten
sich um die schluchzende Elena und ihren zwischen Wut und Erleichterung
schwankenden Vater.
Michele, der inzwischen realisiert
hatte, was ihr passiert war, überließ die Kleine der Obhut eines Carabiniere
und rannte zu der Stelle, an der sie im Wasser strampelte.
Lara mühte sich, die Beine aus
dem Sog des Wassers zu bekommen. Hände zogen und zerrten an ihren Kleidern, die
Kälte ging ihr durch und durch, sie spürte bereits die Kontrolle über ihre
Muskeln nachlassen. Dann bekam sie unerwartet einen harten Stoß in die rechte
Seite und schrie auf, als sie den Halt verlor.“
„Lara“, hörte sie Michele rufen,
„per
Weitere Kostenlose Bücher