Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
carità, halt dich fest!!“, doch er erreichte ihre Hand nicht mehr.
An ihrem Bauch fühlte sie die
Ufermauer unter sich, die ihren voll Wasser gesogenen Pulli zerriss und deren
raue Steine ihr die Haut aufschürften.
Die Brücke, schoss es ihr durch
den Kopf, die Brücke kommt irgendwann. Ich muss mich vorher festhalten, aber
wo?
Vor ihrem inneren Auge spulte
sich wie in Zeitlupe der Verlauf der Uferböschung ab, so wie sie ihn von ihren
langen Spaziergängen her in Erinnerung hatte. Ihre Treppe! Irgendwo da vorne
kam noch ihre Treppe. Sie erinnerte sich vage an den schmalen steinernen Rand,
der die Stufen einfasste und hoffte, ihn so rechtzeitig zu spüren, dass sie sich
vielleicht daran festklammern konnte. Verzweifelt wehrte sie sich dagegen, von
der wirbelnden Strömung auf den Rücken gedreht zu werden, damit sie wenigstens
mit beiden Händen zugreifen konnte, wenn sie die Stelle erreichte.
Als sie mit ihrem linken Beckenknochen
hart gegen etwas stieß, krallte sie sich mit den Händen daran, so fest sie
konnte. Keuchend schnappte sie nach Luft und spuckte angewidert Wasser aus, das
ihr in Mund und Nase gedrungen war. Durch die Kälte verlor sie das Gefühl in
Armen und Händen und konnte nicht mehr so recht unterscheiden, ob sie sich noch
festhielt oder ob sie nur noch ihre leeren Finger verkrampfte. Nur das stetige
kalte Zerren um sie herum sagte ihr dumpf irgendwo im Hinterkopf, dass sie
langsamer sein musste, als das strömende Wasser. Äste wurden an ihr
vorbeigerissen und kratzten ihr Hals und Gesicht auf, immer wieder schluckte
sie Wasser. Ihre strampelnden Füße ertasteten schließlich eine Stufe, dann noch
eine, mühsam schob sie sich hoch. Ihr war kalt und sie war müde.
Endlich – wie ihr schien, nach
einer Ewigkeit - griffen Hände nach ihr, die sie festhielten und aus dem Wasser
zogen. Überall an ihrem Körper wurde gezerrt, die Stimmen um sie herum
überschlugen sich hektisch und dann lag sie endlich wieder auf festem Boden.
„Lara!“
Sie spürte, dass jemand sie auf
den Rücken drehte und unsanft auf die Wangen klopfte.
„Lara, du musst wach bleiben!
Nicht einschlafen, Lara! Bist du verletzt?“
Die Stimme gehörte Michele.
Dann eine zweite Stimme, die ihr
bekannt vorkam.
„Lara, du starrsinniger Dickkopf,
hörst du mich?“
Sie lächelte ein wenig. Das
musste Alessandro sein.
Sie blinzelte vorsichtig mit
einem Auge, dann öffnete sie das zweite. Er kniete vor ihr und schüttelte sie
heftig.
„Mir ist so kalt“, flüsterte sie
und schloss die Augen wieder.
„Komm, mach die Augen auf, Lara,
bitte!“
Seine Stimme klang so
eindringlich, dass sie noch einen Blick riskierte. Er hielt ihr Gesicht in
seinen Händen und sie sah mit Befremden eine Menge Leute um sich herumstehen.
Warum starrten die sie alle so an?
„Ja, so ist’s gut. Schau mich an,
hörst du? Du musst aufstehen, Lara, kannst du dich bewegen?“
Da er einfach nicht nachgeben
wollte, seufzte sie ergeben und drehte langsam den Kopf. Ja, das funktionierte.
Die Arme, die Beine, alles gehorchte ihr. Mit dem Aufstehen wollte es nicht
ganz so klappen, aber Alessandro fasste sie entschlossen unter die Achseln und
zog sie hoch. Mühsam versuchte sie, auf den zittrigen Beinen zu bleiben und
hilfsbereite Hände hielten sie aufrecht. Langsam und von beiden Seiten gestützt
taumelte sie die Straße entlang, die zum Kastell hinunter führte. Bei jedem
Schritt bekam sie ihre Glieder mehr unter Kontrolle und als das Gefühl der Lähmung
aus ihrem Kopf wich, schüttelte sie ungehalten die vielen Hände ab, die sich an
ihr zu schaffen machten.
„Es geht schon wieder, macht euch
um mich keine Sorgen! Ich kann selber gehen, kein Problem!“
Ein unkontrolliertes Stolpern
belehrte sie schnell eines Besseren und Alessandros erleichtertes Lachen drang
an ihr Ohr.
„Ja, das ist Lara, wie ich sie
kenne. Kaum auf den Beinen und schon wieder kratzbürstig. Komm, du musst jetzt
erst einmal etwas Heißes trinken!“
Im Pub wurde sie mit großer
Anspannung erwartet. Gaia saß mit Elena auf dem Schoß an einem der Tische, der
Schock stand den beiden noch in die Gesichter geschrieben. Lara hockte sich vor
die beiden auf den Boden und nahm Gaias Hand, während das Wasser aus ihren
Kleidern tropfte und die Pfütze zu ihren Füßen immer größer wurde.
„Tut mir so leid“, ihre Stimme
war tränenerstickt, sie fühlte sich absolut scheußlich, „das war meine Schuld,
ihr hattet mich schließlich gebeten, auf sie
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