Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
dachte sie spöttisch, was ist schon zu Hause?
Dann hatte sie eine Eingebung. Sie hatte Zeit, nichts drängte sie, sie hatte unvermutet die Gelegenheit bekommen – warum nutzte sie sie nicht, setzte sich in aller Ruhe hin und schrieb ihm alles auf, was sie ihm hatte sagen wollen und was ihr nicht gelungen war?
Erstaunlicherweise schien an diesem Abend niemand das Kaminzimmer betreten zu wollen, also hatte sie hoffentlich auch weiterhin ihre Ruhe. Sie sah sich um. Wie sie vermutet hatte, lagen ganz klassisch Schreibutensilien auf einem kleinen Sekretär bereit – natürlich vom Feinsten und Edelsten, was man sich nur wünschen konnte. Vornehmes, neutrales Briefpapier, von dem nur das Wasserzeichen seine Herkunft aus diesem Hotel verriet, Füller der teuersten Marken, nichts fehlte.
Wenn sie nun auch noch die richtigen Inspirationen hatte und es schaffte, ihm das zu schreiben, was sie ihm offensichtlich nicht sagen konnte, dann käme ja vielleicht doch alles wieder ins Lot.
Sie überlegte lange und sorgfältig, wie sie anfangen sollte, doch als sie ihren Gedanken erst einmal freien Lauf ließ, flog die Feder nur so über das Papier.
„Amore“, begann sie, bewusst das Kosewort wählend, das er selber so oft für sie gebraucht hatte, „dieser Abend heute ist leider ziemlich schief gegangen, dabei wollte ich Dir unbedingt ein paar sehr wichtige Dinge erklären.
Zuerst einmal lass mich Dir gestehen, dass mir dieses Hotel nicht gefällt und dass ich hier auf keinen Fall arbeiten möchte! Und ich wünsche mir sehr, dass auch Du nicht hier bleibst. Ich finde sicher etwas anderes und Du könntest doch zu Deinen Muscheln zurückkehren. Hier in dieser Umgebung bist Du mir fremd und fern, bist Du nicht mehr der, den ich liebe.
Ich habe so lange gezögert, Dir zu antworten, weil ich feige war und Angst vor Deiner Reaktion hatte. Ich habe Dir etwas verschwiegen und wir wissen ja beide, wie Du dazu stehst, wichtige Details nicht von mir zu wissen. Ich habe es Dir nicht gesagt, weil ich nicht wusste, wie sehr Dir der Gedanke missfallen könnte, eine Frau zu heiraten, die vielleicht etwas mehr Geld besitzt als Du!
Alessandro, ich bin nicht reich, aber ich bin finanziell unabhängig und ich bräuchte nicht zu arbeiten. Ich hatte die ganze Zeit über nur nicht den Mut, Dir das zu sagen, ich wusste einfach nicht, wie Du dazu stehen und wie Du reagieren würdest!
Nun weißt Du es also. Wenn Du mich jetzt immer noch haben willst und Dir auch vorstellen kannst, mit mir ein ganz normales, ruhiges Leben ohne dieses komische Hotel zu führen, dann will ich mit großer Freude Deine Frau werden, weil ich Dich liebe!
Lara.“
Sie überflog ihre Zeilen noch einmal kurz. Es klang holprig und ungeübt. Schreiben auf Italienisch war eindeutig nicht ihre große Stärke, aber das Wesentlich war gesagt und vielleicht würden sie irgendwann später einmal über dieses Gestolpere gemeinsam lachen.
Aufatmend faltete sie den Bogen und steckte ihn in ein Kuvert, das sie sorgfältig zuklebte. Auf die Vorderseite schrieb sie groß seinen Namen. Und stutzte dann. Sie hatte einen Heiratsantrag von einem Mann bekommen, an dessen Familiennamen sie sich nicht einmal erinnern konnte! Dann lachte sie leise. Das passte zu all den anderen Absurditäten, die ihr in den letzten Monaten passiert waren.
Entschlossen verließ sie das Zimmer und ihr wurde schlagartig bewusst, dass sie dort drinnen den ganzen Abend verbracht und vom Rest des Hotels rein gar nichts gesehen hatte. Als sie einen kurzen Blick zurück warf, wurde ihr auch klar, warum sie den ganzen Abend niemand gestört hatte: jemand hatte draußen ein Schild angebracht, das auf eine Besprechung im Kaminzimmer hinwies und darum bat, nicht zu stören.
Sie wandte sich zur Rezeption, wo sie wie erwartet Lorena antraf. Wenn der jungen Frau der Auftritt von Alessandro vorhin unangenehm gewesen war, dann ließ sie sich jedenfalls nicht das Geringste anmerken. Sie war verbindlich und von ausgesuchter Freundlichkeit, so wie bei ihrer Begrüßung.
„Sie möchten jetzt bestimmt ihr Zimmer sehen, Signora?“, fragte sie mit strahlendem Lächeln.
„Nein, danke“, wehrte Lara verlegen ab, „ich werde nicht bleiben.“
„Nein? Da wird Alessandro aber enttäuscht sein, wenn er das erfährt!“
„Hoffentlich nicht“, versuchte sie einzulenken, „aber wenn Sie so freundlich sein könnten, ihm das zu geben, wenn er zurück kommt, dann wäre das sehr schön.“
Sie legte den Brief auf den marmornen
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