Eine Luege macht noch keine Liebe!
hätte mir in deinem Alter und noch dazu in deiner Situation eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen. Selbstbestätigung ist doch genau das, was du jetzt brauchst, das Gefühl, dass ein Mann sich für dich interessiert, dich begehrt, sich um dich bemüht – das tut gut und das weißt du auch!“
„Ja, ich weiß. Aber jetzt hör mal wieder auf, mich zu verkuppeln! Warten wir ab, was passiert, vielleicht will er ja wirklich nicht mehr, als mit mir befreundet zu sein.“
Valerie lachte schallend.
„Schmink dir das mal lieber gleich ab, dein Alessandro ist nicht der Typ, der mit Frauen nur befreundet sein will, der hat Feuer im Hintern und will es wissen! Aber wie du meinst, lass es darauf ankommen und entscheide dich dann. Und vergiss all den Quatsch, den du gelernt hast! Ich meine das, was sich gehört und was nicht und dass Urlaubsflirts unglücklich machen. Du bist eine attraktive, junge Frau, du bist frei und du kannst tun und lassen, was immer du willst. Den Rest kennst du und dein Alltag holt dich früh genug wieder ein.“
Lara gab ihr im Stillen Recht. Trotzdem erschien ihr das Ganze nicht so einfach, wie Valerie annahm. Es war ihr nicht gelungen, in ihren Schilderungen die Atmosphäre deutlich genug einzufangen, die sie bei ihren Begegnungen mit Alessandro gespürt hatte und vielleicht wäre es ein Fehler zu glauben, eine Affäre mit ihm würde keine Spuren bei ihr hinterlassen. Dieser Mann griff viel zu schnell und viel zu tief in ihr Innerstes ein, was sie faszinierte und zugleich in höchste Alarmbereitschaft versetzte. Ein paar Sätze von ihm hatten ja schon gereicht, sie in Verwirrung zu stürzen und dabei hatte sie bisher geglaubt, Erfahrung mit Männern zu haben.
„Ich überleg’s mir“, resümierte sie laut. „Aber vorerst und vor allen Dingen will ich kein Durcheinander mehr haben, sondern einfach nur meine Ruhe.“
„Das kann ich gut verstehen. Die letzte Zeit hat dich ganz schön mitgenommen, was?“
„Ja. Und das sonderbare an der ganzen Sache ist, dass mir jetzt, wenn ich zurück blicke, die Zeit davor noch viel schlimmer vorkommt. Ich frage mich, wie ich die ganzen letzten Jahre überstanden habe. Wenn ich nur daran denke, habe ich schon das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr.“
Lara schüttelte sich. Ihr wurde bewusst, dass sie fröstelte. Es war kalt geworden, die Sonne sank und der nahende November kündigte sich mit einem unfreundlichen Windstoß an.
„Lass uns gehen, Valerie, sonst erkälten wir uns noch.“
Sie standen auf und räumten ihre Sachen zusammen.
„Was mich betrifft, ich möchte jetzt nach Goro in deine Hafenbar und eine Tasse heißen Tee trinken, einverstanden?“
Lara schüttelte missbilligend den Kopf. „Und du hoffst, Alessandro dort zu treffen, damit du deine Fäden spinnen kannst, hab ich Recht?“
„Und ob du recht hast“, lachte Valerie. „Los, machen wir uns auf die Socken.“
„Hübsch ist es hier“, lobte sie, als sie sich bei Loris an einen Fenstertisch gesetzt hatten. „Und hier hast du gejobbt?“
„Ja. Hat mir richtig Spaß gemacht.“
Ein paar junge Männer lehnten an der Bar, andere saßen an den Nachbartischen. Die meisten kannten Lara und sie grüßten sich freundschaftlich.
„Es ist wie überall hier im Süden", konstatierte Valerie, „die Jungs gehen sich amüsieren und die Mädchen bügeln zuhause die Hemden. Sei bloß froh, dass du das hinter dir hast. Diese Belastung mit deinem Beruf und dann noch der Haushalt und einen Mann wie Andreas, dem du eigentlich nie etwas recht machen konntest, hat dich gewaltig Kraft gekostet.“
Lara sah sie forschend an.
„Siehst du das so?“
„Was meinst du?“
„Dass ich Andreas nie etwas recht machen konnte. War das aus deiner Sicht tatsächlich so?“
„Natürlich. Ist dir das denn nie aufgefallen? Genau das ist doch dein Muster die letzten Jahre gewesen. Zuerst wolltest du es deinem Vater recht machen und hast etwas studiert, was dir nie richtig gefallen hat", fing Valerie an, aufzuzählen. „Dann wolltest du es deiner Mutter recht machen und hast einen ehrgeizigen Architekten geheiratet, der aufstrebende Pläne hatte und ein vorzeigbarer Schwiegersohn war. Dann wolltest du es deinem Mann recht machen, der nichts anderes im Kopf hatte, als versnobte Parties und schnelle Autos. Wann um alles in der Welt willst du es eigentlich mal dir selber recht machen?“
Lara sah ihre Freundin fassungslos an. Wusste inzwischen jeder besser über sie und ihr Leben Bescheid als
Weitere Kostenlose Bücher