Eine Luege macht noch keine Liebe!
ein sehr komischer Vogel zu sein.“
„Ja, nicht wahr? Ich werde aus ihm nicht schlau.“
„Das musst du vorerst ja auch nicht. Wenn er dir den Hof machen will, soll er das ruhig tun. Und wenn dir danach ist, kannst du dir ja überlegen, ob du dir ein paar heiße Nächte mit ihm machen möchtest.“
Valeries herzhafte, direkte Art hatte Lara schon immer zum Lachen gebracht. Sie war klein und eher mollig, hatte ein fein geschnittenes hübsches Gesicht und kurze, dunkle Locken. Am auffallendsten an ihr aber war ihre unwiderstehliche positive Ausstrahlung, die vor allen Dingen durch ihren funkelnden Blick und ihr herzliches Lachen zum Ausdruck kam. Lara konnte sich nicht erinnern, sie jemals übellaunig oder deprimiert erlebt zu haben, egal was sie für Probleme haben mochte. Sie und Bert hatten sich erst relativ spät kennen gelernt und Hals über Kopf geheiratet und sie neckten sich noch immer wie am ersten Tag.
„Aber Valerie!“, Lara tat entrüstet, „heiße Nächte sind momentan das letzte, was ich mir vorstellen kann.“
„Schon möglich, aber die Zeit heilt alle Wunden und du wirst wohl kaum als Nonne enden. Und wer weiß, vielleicht täte es dir ja ganz gut, mal wieder ein paar horizontale Trainingseinheiten zu nehmen.“
„Valerie! Aus dir wird nie eine feine Dame bei deiner Ausdrucksweise!“
Sie lachten beide aus vollem Hals.
„Gott sei Dank nicht, ich stelle mir das ganz schön anstrengend vor. Da bin ich lieber unfein.“
Nach dem Essen bestellten sie Kaffee und Grappa und als das scharfe Gebräu seine Wirkung zu zeigen begann, machten sie sich langsam auf den Heimweg.
Nachdem sie sich am nächsten Tag gründlich ausgeschlafen hatten, machten sie sich daran, die Unterlagen durchzusehen, die Valerie für Lara mitgebracht hatte.
„Das Unangenehme zuerst, dann haben wir frei", entschied Valerie.
Lara unterschrieb alles, was Valerie ihr vorlegte. Als das erledigt war, beschlossen sie, eine kleine Spazierfahrt zu machen. Das Wetter hatte aufgeklart, es war relativ warm und windstill.
„Lass uns zur Torre Abate fahren“, schlug Valerie vor, „ich gehe so gern dort spazieren. Wir könnten ja ein kleines Picknick machen.“
Sie packten Matten und zwei Decken ein, kauften ein wenig Obst, Brot und Käse und den unvermeidlichen Prosecco und fuhren los.
Sie stellten das Auto an der Straße ab und gingen zu Fuß durch das halbhohe Gras, bis sie einen sonnigen, windgeschützten Fleck fanden, an dem sie sich niederließen. Von dort aus hatten sie einen herrlichen Blick auf das ziegelrote Gebäude, das sich scharf vom strahlend blauen Herbsthimmel abhob. Das Laub hatte längst begonnen sich zu verfärben, die Blätter der großen Silberweiden neben der Schleuse taumelten langsam und in schwankenden Kreisen auf die stille Wasseroberfläche, die sie hellbraun sprenkelten. Sie pflückten ein paar reife Feigen und machten es sich gemütlich. Am anderen Ende des Sees saß ein einsamer Angler am Ufer, und beobachtete müßig seine Angelruten, die übers Wasser ragten.
„Es ist so still hier, so idyllisch“, Lara sprach unwillkürlich mit gedämpfter Stimme, so als wolle sie die Ruhe nicht unnötig durch laute Worte stören.
„Das ist es gerade, was ich hier so besonders liebe. Es ist wie ein Stück aus einer anderen Welt. Hier bist du ganz für dich, außer es ist gerade Ostersonntag, du hörst fast keine Geräusche, die von Menschen gemacht sind, nur die Natur, den Wind, die Vögel und die Frösche.“
Eine Weile saßen sie einfach nur so da, betrachteten die Umgebung und ließen die Ruhe auf sich wirken.
„Weißt du, Valerie, ich habe mich vor kurzem zum ersten Mal bei dem Gedanken ertappt, wie schön es wäre, wenn ich für immer hier bleiben könnte“, gestand Lara. „Wenn ich überhaupt nicht mehr zurückkäme, sondern einfach hier leben könnte. Natürlich müsste ich irgend etwas zu tun haben, irgendeine Tätigkeit, die mir Spaß macht und mit der ich genug Geld verdienen könnte, damit ich nicht zu sehr an meine Substanz gehen muss.“
Valerie schien von dieser Eröffnung nicht wirklich überrascht.
„Wenn du das ernsthaft willst, dann wirst du es auch schaffen, davon bin ich überzeugt. Du musst dir nur unbedingt ganz sicher sein, dass das nicht nur eine kurzzeitige Spinnerei ist, eine emotionale Trotzreaktion, die sich verflüchtigt, wenn du dein inneres Gleichgewicht wieder gefunden hast! Denn dann wirst du hier todunglücklich werden, wenn du diese Ruhe und Einsamkeit nicht
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