Eine Marcelli geht aufs Ganze
mich ansonsten von ihr fernhalte.« Er trank einen Schluck und stellte das Glas zurück auf den Tisch. »Sie wird bestimmt genervt reagieren, wenn sie erfährt, dass ich eine Nanny engagiert habe.«
»Du hast jemanden gefunden?«
Er nickte. »Die Agentur war nicht sonderlich begeistert, Fahrdienste und Babysitting für eine Zwölfjährige leisten zu müssen, aber für das richtige Honorar tun sie es. Sie fängt am Montag an.« Über den Tisch hinweg griff er nach ihrer Hand. »Es war toll, dass du mir geholfen hast, aber ich kann nicht deine ganze Zeit beanspruchen.«
»Och, das hat mir nichts ausgemacht. Ich hab sogar noch etwas über Ballett dazugelernt.« Sie zögerte. »Ich denke schon eine Weile darüber nach – ich würde Kelly gerne nach dem Unterricht mit zu meiner Familie nehmen. Meine ältere Schwester steckt mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, und wir haben einen Mädchenabend geplant, an dem wir alles besprechen wollen.«
Sam drückte ihre Finger und ließ ihre Hand dann los. »Sie wird euch im Weg sein. Ich nehme mir den Tag frei und fahre sie selber zum Training und zurück.«
»Das musst du nicht«, wehrte sie ab. »Mir macht es wirklich nichts aus, Kelly mit zu dem Treffen zu nehmen. Ich denke, meine Familie wird sie mit Aufmerksamkeit überschütten, was für sie vielleicht ganz schön ist.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Warum hast du dann gesagt, dass du schon eine Weile darüber nachdenkst?«
Sie verzog das Gesicht. »Wegen meiner Familie. Sie werden zu viel in die Situation hineininterpretieren und anfangen, eine Doppelhochzeit zu planen.«
Er verstand, wieso ihr dieser Gedanke Unbehagen bereitete. »Dann nimm sie nicht mit. Einen Tag kann ich mal blaumachen.«
»So einfach ist das nicht. Ich verstehe ziemlich gut, was Kelly im Moment fühlt. Oder ich glaube zumindest, es zu tun. Als Teenager gab es oft Zeiten, in denen ich mich als Außenseiterin gefühlt habe. Aber das Gefühl hat nie lange angehalten, weil meine Familie mich immer angebetet hat.«
Sam rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. Er betete Kelly definitiv nicht an. »Es ist nicht so, dass ich sie nicht mag«, verteidigte er sich.
»Ich weiß.« Sie berührte seinen Arm. »Ich wollte dir kein schlechtes Gewissen machen. Ich wollte nur erklären, wieso ich glaube, dass meine Familie gut für sie sein könnte.«
Er verstand mehr, als sie sagte. Obwohl sie in ihrer Familie falsche Erwartungen wecken würde, was ihre Beziehung zu Sam anging, war sie gewillt, Kelly mitzunehmen, weil es für das Mädchen das Richtige war.
»Du bist eine unglaubliche Frau.«
Sie lächelte. »Bin ich zwar nicht, aber schön, dass du das denkst.«
»Danke. Für alles.«
»Dank mir noch nicht. Ich habe keine Ahnung, was meine Familie zu Kelly sagen wird. Das nur als kleine Vorwarnung.«
»Und ich habe keine Ahnung, was Kelly zu deiner Familie sagen wird, also sind wir quitt.«
»Gut. Sie werden Kelly in die Wangen kneifen und sie umarmen und sie zum Essen nötigen, bis jede Pore ihres Körpers von guten Gefühlen durchdrungen ist.«
»Das wäre mal was Neues.«
Francescas Lächeln schwand. »Sam, hast du noch mal darüber nachgedacht, was ich gesagt habe? Darüber, dass Kelly sich so benimmt, weil sie sich unsicher fühlt?«
»Ja, das habe ich. Vermutlich hast du recht, aber das macht es nicht einfacher, mit ihr umzugehen.«
»Sie muss sich einfach nur geliebt fühlen.«
»Es ist aber nicht so einfach, sie ins Herz zu schließen.«
»Das ändert nichts daran.«
Er wusste, dass sie recht hatte. Lustig, er hätte gedacht, die Liebe zum eigenen Kind müsste einen auf der Stelle überwältigen. Doch so wie die Dinge im Moment standen, hatte er sogar Probleme, Kelly auch nur zu mögen.
»Also wirst du mir eine Rechnung stellen?«, fragte er.
Sie grinste, beugte sich vor und senkte die Stimme zu einem heiseren Flüstern. »Ich hatte mehr daran gedacht, einen Tauschhandel einzugehen.«
Francesca flüsterte etwas, das Kelly nicht verstand. Doch das war auch egal. Sie war so wütend, dass sie zitterte. Sie hasste ihren Vater. Hasste ihn aus vollem Herzen.
Der Geruch von Essen hatte sie vor ein paar Minuten aus ihrem Zimmer gelockt. Sie war nach unten gegangen und hatte Francesca und Sam in der Küche gehört. Gerade hatte sie sich durchgerungen, sich zu den beiden zu gesellen, als sie Sam sagen hörte, dass sie nicht leicht ins Herz zu schließen sei.
Sie wirbelte auf dem Absatz herum und rannte die Treppe hinauf in ihr
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