Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Mittelgewichts-Ehe

Eine Mittelgewichts-Ehe

Titel: Eine Mittelgewichts-Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
Vom Netzwerk:
Miesmuscheln ohnehin besser seien als Sandmuscheln und daß der Hummer der ungeschlagene George James Bender des Meeres sei.
    »Verdirb mir nicht den Appetit«, sagte Edith. »Mäßige dich etwas bei deinen Vergleichen.«
    »Die Mäßigung hat gerade Urlaub«, sagte Severin. »Ich sehe niemand sonst, der sich mäßigt.« Er warf mir eine Hummerschere in den Schoß; ich warf sie zurück; er lachte.
    »Das ist kein Urlaub«, sagte ich. »Das ist ein Anfang.« Es war ein Trinkspruch. Edith stand auf und stürzte ihren Wein so hinunter, wie ich es von Utsch zu sehen gewohnt war.
    Aber Severin sagte: »Nein, es ist bloß ein freier Tag. Es ist, wie wenn man eine Auszeit nimmt.«
    Utsch sagte überhaupt nichts; ich merkte, daß sie ein bißchen betrunken war. Edith verkündete, daß sie ihre Zigarettenmarke wechseln wolle. »Ich will filterlose«, sagte sie und zerknüllte ein volles Päckchen von mir; ihre waren ihr schon vor Stunden ausgegangen. »Wenn das bloß eine Auszeit ist«, sagte sie, »dann amüsier ich mich auch.«
    Severin sagte, er würde ihr Zigaretten besorgen gehen. »Was ist die schlechteste Zigarette? Was ist die stärkste, scheußlichste, halszerreißendste, lungenverschleimendste Zigarette, die man kaufen kann? Davon besorge ich dir nämlich eine Stange«, sagte er zu Edith, »und damit werden wir dich das ganze Wochenende zwangsernähren. Du kannst Kette rauchen, bis sie alle weg sind. Vielleicht kuriert dich das.«
    »Geh mit ihm«, sagte Edith zu mir. »Er kauft mir wahrscheinlich eine Kiste Zigarren.«
    »Du solltest nicht rauchen«, sagte Utsch zu Edith. »Du weißt doch, daß es ihn aufregt.« Sie hatte ein starres Lächeln im Gesicht, und ich wußte, daß sie sich morgen an nichts, was sie sagte, erinnern würde. Ihre linke Hand lag im Salat, als habe sie es da bequem. Edith lächelte ihr zu und nahm ihre Hand aus dem Salat. Utsch zwinkerte sie an und warf ihr eine Kußhand zu.
    Im Auto sagte Severin: »Lieber Himmel, wir beeilen uns besser, sonst gehen diese Frauen noch ohne uns ins Bett.«
    »Stört dich das?« fragte ich. »Mir kommt es natürlich vor, daß sie diese Gefühle füreinander haben. Ich weiß nicht warum, aber mich stört's nicht.«
    »Ich weiß nicht, was natürlich ist«, sagte Severin, »aber mich stört's eigentlich auch nicht. Ich will bloß nicht zurückkommen und vor verschlossenen Schlafzimmern stehen. Ich meine, ich bin nicht den ganzen Weg hergekommen, um das Wochenende mit dir zu verbringen.« Aber es war nur ein Scherz; er war nicht eigentlich ärgerlich.
    Wir stritten uns darüber, ob wir Edith Lucky Strike, Camel oder Pall Mall kaufen sollten. Severin bestand auf den Pall Mall, weil sie länger waren und er meinte, sie würden ihr stärkeres Halsbrennen machen. Auf der Rückfahrt wollte ich ihm sagen, wie gut es mir ging - wie ich es kaum glauben könne, daß er sich hier plötzlich entspannt hatte, und wie optimistisch ich in bezug auf uns alle sei. Ich wollte sagen, daß ich fände, unsere Zukunft sehe prima aus, aber er sagte plötzlich: »Wir sollten achtgeben, daß keiner sich zu sehr erregt.« Es war wie seine Äußerung, daß wir alle einen freien Tag hatten, und ich wußte nicht, was ich damit anfangen sollte. »Warum trinkt Utsch so viel?« fragte er mich. »Warum läßt du zu, daß sie sich so besäuft?«
    Ich sagte: »Du weißt doch, eine Erregung führt zur nächsten.«
    »Bei Vierjährigen schon«, sagte er.
    »Hör schon auf«, sagte ich. »Ich meine, es erregt mich wirklich, wenn ich weiß, daß Utsch mit dir zusammen gewesen ist. Und mit Edith zusammen zu sein - na ja, das macht auch Utsch sehr erregend für mich.«
    »Polymorph pervers«, sagte Severin. »So was Ähnliches. Es ist normalerweise eine Phase der kindlichen Sexualität.«
    »Hör schon auf«, sagte ich. »Erregt es dich nicht? Findest du nicht, daß du im allgemeinen sexuell stärker erregt bist?«
    »Es hat schon immer bestimmte Momente am Tag gegeben, wo ich glaubte, daß ich eine Ziege ficken könnte«, sagte Severin.
    Ich war wütend auf ihn. »Ich hoffe, du meinst nicht Utsch.«
    »Ich hoffe, ich habe nicht Edith gemeint«, sagte er.
    »Weißt du, Severin, ich versuche bloß, dich kennenzulernen.«
    »Das ist ein bißchen schwierig«, sagte er. »Es ist ein bißchen spät. Ich meine, es ist ja nicht so, als wären wir zuerst Freunde geworden und alles hätte sich ganz natürlich daraus ergeben. Alles hat damit angefangen, und jetzt bist du vor allen Dingen Ediths Freund.«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher