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Eine Mittelgewichts-Ehe

Eine Mittelgewichts-Ehe

Titel: Eine Mittelgewichts-Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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eine Seidenschnur gebunden, ein Schraubenschlüssel für Notreparaturen.
    Durch ihre Wahl des pfefferminzgrünen Handtuchs hatte Edith zu verstehen gegeben, daß das Große grüne Schrauborgasmus-Zimmer für uns sein würde. »Lieber?« sagte sie und berührte Severin sanft. »Ihr nehmt das Komm-wenn-du-kannst, okay? Ich meine, wenn Mutter nicht da ist, verdient das Zimmer seinen Namen nicht, oder?«
    Aber später erzählte mir Edith, daß Severin, als ich pinkeln ging, mit einer abfälligen Kopfbewegung zu der schnarchenden Utsch hin gesagt habe: »Du meinst wohl Komm-wenn -sie -kann? Was ist der übliche Preis fürs Babysitten? Warum soll er's umsonst kriegen?«
    Ich merkte, daß da etwas war zwischen ihnen, als ich zurückkam, deshalb erbot ich mich, Utsch zu Bett zu bringen; Severin scheuchte mich weg. »Sie schläft es normalerweise aus«, sagte ich ihm.
    »Irgendwelche besonderen Instruktionen?« fragte er. Ich dachte, er mache Witze; da war sein Zahn. Aber Edith verließ uns und ging zu Bett. Wessen Bett, fragte ich mich. »Sie ist im Grünen Zimmer«, sagte mir Severin. »Ich kümmere mich um Utsch; mach dir bloß keine Sorgen.«
    Ich ging hinauf in das Große grüne Schrauborgasmus-Zimmer, wo Edith noch auf war, im Bett rauchte und sich über Severin aufregte. »Der wird mir dieses Wochenende nicht verderben«, sagte sie. »Oder sonst einem von uns, obwohl er's zweifellos versucht.« Ich erinnerte sie daran, was am Nachmittag zwischen uns allen geschehen war; wir hatten uns schließlich amüsiert, und das war erstaunlich gewesen. Sie lächelte; ich argwöhnte, daß sie mit ihm schmollte, wenn er sie aufregte, aber mit mir hatte sie das nie gemacht.
    »Sprich weiter«, sagte sie müde, »red einfach mit mir.« Aber dann wollte sie auf Zehenspitzen den Flur hinuntergehen und Severin gute Nacht sagen. Ich wußte nicht, was ihr Beweggrund war, aber ich ließ sie gehen. Ich betrachtete die grünen Wände, die grünen Vorhänge, das berüchtigte Messingbett, den am Fußteil baumelnden Schraubenschlüssel. Ich lauschte auf Edith im Flur, wie sie an die Tür des Komm-wenn-du-kannst-Zimmers klopfte. »Schlaf schön!« rief sie Severin heiter zu. »Komm, wenn du kannst!«
    Als sie zurückkam, wurde ich wütend auf sie; ich sagte ihr, daß die schnellste Art, unsere Beziehung zu beenden, darin bestehe, unser Zusammensein als eine Art Provokation von Severin zu mißbrauchen. Da schmollte sie mit mir. Ich wollte in diesem Augenblick sehr gern mit Edith schlafen, weil ich wußte, daß Utsch und Severin nicht konnten, aber ich erkannte, daß ihre Wut auf ihn sie wütend auf alles gemacht hatte und daß es unwahrscheinlich war, heute mit ihr zu schlafen.
    Als ich dachte, sie schlafe, flüsterte sie: »Es hat manchmal nichts mit dir zu tun. Es ist bloß zwischen uns. Mach dir keine Sorgen. Weißt du, er weiß nicht, was er will; die meiste Zeit ärgert er sich über sich selber.« Ein paar Minuten später murmelte sie: »Er denkt nur an sich.«
    Wir schliefen beide, als Severin klopfte und uns dadurch weckte. »Gute Nacht!« rief er. »Paßt auf, wofür ihr den Schraubenschlüssel benutzt! Er ist nur dazu da, das Bett zu reparieren! Gute Nacht, gute Nacht ...«
    Aber Edith fing an zu schnauben, zu stöhnen, zu keuchen und sich hin und her zu werfen, packte die Stangen am Kopfteil des alten Messingbettes und wuchtete auf und ab - hörte sich an, wie sie sich nie anhörte, wenn sie tatsächlich tat, was sie nun seinetwegen zu tun vorgab. »Ooooh!« schrie sie auf; das Bett wogte. »Uuuuh!« ächzte sie, und die Laufrollen trugen uns durch das grüne Zimmer wie ein Boot auf bewegter See. »Gott!« schrie sie auf, die langen dünnen Arme so starr wie die Messingstangen. Als das Bett unter uns zusammenbrach, war Severin wahrscheinlich schon wieder auf dem Weg zu Utsch, aber er hörte es. Edith saß lachend auf dem Fußboden; zumindest glaube ich, daß sie lachte - es war ein seltsames Lachen. Das Bett, das sich vollständig vom Kopfende gelöst hatte und noch am rechten Pfosten des Fußendes festhing, hatte die Matratze und uns auf den Vorleger gekippt und das Nachtschränkchen auf die Chaiselongue geschleudert.
    »Alles in Ordnung?« fragte Severin an der Tür. Edith lachte.
    »Ja. Danke«, sagte ich. Dann überlegte ich, wie ich es reparieren konnte. Ich hatte keine Ahnung, was man mit diesem verdammten Schraubenschlüssel tun sollte.
    Mit einem irren Blick auf mich rollte sich Edith auf der Chaiselongue zusammen und sagte:

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